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Pogacar gewinnt erste Bergankunft - Vingegaard verliert Zeit und trägt trotzdem Gelb

6. Etappe: Tarbes - Cauterets-Camabasque (145 km)

Pogacar gewinnt erste Bergankunft - Vingegaard verliert Zeit und trägt trotzdem Gelb

Tadej Pogacar fährt als erster über die Ziellinie. 

Tadej Pogacar fährt als erster über die Ziellinie.  IMAGO/Belga

Der euphorisierte Tadej Pogacar verneigte sich nach seinem spektakulären Comeback im Giganten-Duell vor Edelfan Emmanuel Macron, Titelverteidiger Jonas Vingegaard kämpfte sich schwankend über den Zielstrich. In einem epischen Schlagabtausch in den Pyrenäen hat sich Pogacar im Kampf um den Sieg bei der 110. Tour de France eindrucksvoll zurückgemeldet und dem neuen Gesamtführenden Vingegaard einen unerwarteten Wirkungstreffer versetzt.

"Ich würde nicht sagen, dass es Revanche war. Ich fühle mich einfach erleichtert. Als Jonas am Tourmalet schon attackierte, dachte ich, ich kann meine Sachen packen und nach Hause fahren. Aber ich hatte zum Glück gute Beine", sagte Pogacar nach seinem Triumph am Donnerstag in Cauterets-Cambasque. "Der Abstand zu Jonas ist jetzt fast perfekt. Es wird eine große, große Schlacht bis zum Ende."

Nur noch 25 Sekunden trennen Vingegaard und Pogacar in der Gesamtwertung. Das sah 24 Stunden noch ganz anders aus, als der Slowene auf der ersten Bergetappe eine ungewohnte Schwäche gezeigt und über eine Minute eingebüßt hatte. Dritter ist der als Führender in die sechste Etappe gegangene Bora-Kapitän Jai Hindley mit 1:34 Minuten Rückstand - sein gelber Traum platzte schon nach einem Tag

Hindley verliert das Gelbe Trikot

"Was soll ich sagen? Es war ein epischer Tag im Gelben Trikot auf mystischen Anstiegen. Ich habe das genossen und wollte mein eigenes Rennen fahren. Ich bin um mein Leben gefahren", sagte Hindley. Sein Teamchef Ralph Denk war absolut happy: "Wir haben einen starken Jain Hindley gesehen, der sicher unterstrichen hat, dass er ein Anwärter für das Podium ist. Wir sind jetzt Dritter. Wenn es in Paris so wäre, würden wir das nehmen."

Emanuel Buchmann zeigte als Hindleys Helfer erneut eine starke Leistung, fiel fünf Kilometer vor dem Gipfel zurück und im Gesamtklassement aus den Top 10. "Er hat wertvolle Arbeit geleistet. Es war stark von ihm, wie er sich in den Dienst der Mannschaft gestellt hat. Wir sind froh, dass wir ihn in unseren Reihen haben", sagte Denk.

Bora-Sportchef Rolf Aldag hatte bereits geahnt, dass die Verteidigung des Gelben Trikots eine echte Herausforderung wird. Im Gegensatz zu den Teams der Top-Stars Vingegaard und Pogacar hat Bora kein reines Berg-Team dabei. Dennoch bemühte sich die deutsche Top-Équipe um die Kontrolle des Rennens, ließ eine ungefährliche Gruppe auf maximal fünf Minuten ziehen.

110. Tour de France

Bob Jungels und Buchmann unterstützten Hindley nach Kräften, um das begehrte Trikot zu behaupten. "Ich habe viele Nachrichten aus der Heimat bekommen, die Leute sind extra aufgestanden, um die Etappe zu sehen. Ich möchte das Trikot unbedingt behalten", sagte der Australier vor dem Start der Etappe. In den Anstiegen übernahm dann stets das Jumbo-Team von Vingegaard das Kommando und dezimierte das Peloton nach und nach.

Attacke am Tourmalet läuft ins Leere

Hauptanliegen war da eine weitere Schwächung des zweimaligen Tour-Siegers Pogacar. Der Slowene hatte am Vortag schon auf der ersten Bergetappe ungewohnte Schwächen gezeigt und über eine Minute auf Vingegaard verloren. "Es waren viele kleine Sachen, die da zusammenkamen. Meine Form ist gut und ich hoffe, dass ich das noch zeigen kann", sagte Pogacar und gab sich kämpferisch. Der 24-Jährige hatte sich Ende April das Kahnbein gebrochen und war mit Trainingsrückstand und ohne große Rennpraxis zur Tour gekommen. Sein Kahnbein ist noch immer bandagiert.

Bereits am legendären Tourmalet, dem vorletzten Anstieg des Tages, ging es zur Sache. Jumbo verschärfte in der steileren zweiten Hälfte das Tempo, Vingegaard attackierte umgehend. Der Attacke folgte nur Pogacar, der keine Schwäche zeigte. Hindley hatte bereits am Gipfel des Tourmalet zwei Minuten auf das Favoriten-Duo verloren, auch Buchmann litt in der Verfolgergruppe.

Vingegaard attackiert - doch Pogacar kontert

Vingegaards nächster Vorstoß folgte dann am 16 Kilometer langen Anstieg nach Cauterets-Cambasque, der trotz seiner Länge nicht zu den größten Schwierigkeiten im Hochgebirge zählt. Erst auf den letzten fünf Kilometern wuchs die Steigung auf zweistellige Prozentzahlen, was Vingegaard zu einer Attacke nutzte. Doch er wurde Pogacar nicht los und wurde von dessen Konter offenbar komplett überrascht und verlor letztlich wertvolle Zeit.

Sprinter bei Zielankunft in Bordeaux gefordert

Nach den zwei Pyrenäen-Etappen sind am Freitag wieder die Sprinter am Zug. Von Mont-de-Marsan geht es überwiegend flach über 169,9 Kilometer nach Bordeaux. In der Metropole am Atlantik dürfte Phil Bauhaus auf ein weiteres Top-Ergebnis hoffen, sollte er gut durch die Berge gekommen sein.

6. Etappe Tarbes - Cauterets-Cambasque (144,90 km):

1. Tadej Pogacar (Slowenien) - UAE Team Emirates 3:54:27 Std.; 2. Jonas Vingegaard Rasmussen (Dänemark) - Jumbo-Visma + 24 Sek.; 3. Tobias Halland Johannessen (Norwegen) - Uno-X Pro Cycling Team + 1:22 Min.; 4. Ruben Guerreiro (Portugal) - Movistar Team + 2:06; 5. James Shaw (Großbritannien) - EF Education-EasyPost + 2:15; 6. Jai Hindley (Australien) - Bora-hansgrohe + 2:39; 7. Carlos Rodriguez Cano (Spanien) - Ineos Grenadiers; 8. Simon Yates (Großbritannien) - Team Jayco AlUla; 9. Adam Yates (Großbritannien) - UAE Team Emirates + 3:11; 10. Romain Bardet (Frankreich) - Team DSM - firmenich

Gesamtwertung Einzel, Stand nach der 6. Etappe:

1. Jonas Vingegaard Rasmussen (Dänemark) - Jumbo-Visma 26:10:44 Std.; 2. Tadej Pogacar (Slowenien) - UAE Team Emirates + 25 Sek.; 3. Jai Hindley (Australien) - Bora-hansgrohe + 1:34 Min.; 4. Simon Yates (Großbritannien) - Team Jayco AlUla + 3:14; 5. Carlos Rodriguez Cano (Spanien) - Ineos Grenadiers + 3:30; 6. Adam Yates (Großbritannien) - UAE Team Emirates + 3:40; 7. David Gaudu (Frankreich) - Groupama-FDJ + 4:03; 8. Romain Bardet (Frankreich) - Team DSM - firmenich + 4:43; 9. Thomas Pidcock (Großbritannien) - Ineos Grenadiers; 10. Sepp Kuss (USA) - Jumbo-Visma + 5:28

Bergwertung, Stand nach der 6. Etappe:

1. Neilson Powless (USA) - EF Education-EasyPost 36 Pkt.; 2. Felix Gall (Österreich) - AG2R Citroën Team 28; 3. Tobias Halland Johannessen (Norwegen) - Uno-X Pro Cycling Team 26; 4. Ruben Guerreiro (Portugal) - Movistar Team 22; 5. Tadej Pogacar (Slowenien) - UAE Team Emirates 19; 6. Jai Hindley (Australien) - Bora-hansgrohe 19; 7. Giulio Ciccone (Italien) - Lidl-Trek 19; 8. Jonas Vingegaard Rasmussen (Dänemark) - Jumbo-Visma 18; 9. Wout van Aert (Belgien) - Jumbo-Visma 15; 10. Daniel Felipe Martinez Poveda (Kolumbien) - Ineos Grenadiers 15; 11. Emanuel Buchmann (Lochau/Österreich) - Bora-hansgrohe 14; ... 18. Georg Zimmermann (Neusäß) - Intermarché-Circus-Wanty 3

Sprintwertung, Stand nach der 6. Etappe

1. Jasper Philipsen (Belgien) - Alpecin-Deceuninck 150 Pkt.; 2. Bryan Coquard (Frankreich) - Cofidis 104; 3. Wout van Aert (Belgien) - Jumbo-Visma 92; 4. Victor Lafay (Frankreich) - Cofidis 80; 5. Mads Pedersen (Dänemark) - Lidl-Trek 76; 6. Caleb Ewan (Australien) - Lotto Dstny 73; 7. Tadej Pogacar (Slowenien) - UAE Team Emirates 70; 8. Mark Cavendish (Großbritannien) - Astana Qazaqstan Team 62; 9. Jai Hindley (Australien) - Bora-hansgrohe 51; 10. Neilson Powless (USA) - EF Education-EasyPost 45; ... 25. Emanuel Buchmann (Lochau/Österreich) - Bora-hansgrohe 22; 62. Nikias Arndt (Köln) - Bahrain Victorious 7

Teamwertung, Stand nach der 6. Etappe

1. Jumbo-Visma (Niederlande) 78:43:21 Std.; 2. Ineos Grenadiers (Großbritannien) + 1:50 Min.; 3. Bahrain Victorious (Bahrain) + 10:09; 4. UAE Team Emirates (Vereinigte Arabische Emirate) + 11:02; 5. Groupama-FDJ (Frankreich) + 15:26; 6. AG2R Citroën Team (Frankreich) + 18:52; 7. Bora-hansgrohe (Deutschland) + 26:08; 8. Lidl-Trek (USA) + 36:07; 9. Movistar Team (Spanien) + 45:16; 10. Team Jayco AlUla (Australien) + 1:04:59 Std.; 11. Team DSM - firmenich (Deutschland) + 1:05:57

kon, dpa

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