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Realitätscheck für Kämna, Genuss für Triumphator Roglic

106. Giro d'Italia

Realitätscheck für Kämna, Genuss für Triumphator Roglic

Primoz Roglic und Lennard Kämna (r.)

Primoz Roglic und Lennard Kämna (r.) imago images

Als Primoz Roglic seinen Triumph im Schatten des mächtigen Kolosseums mit seinem Skispringer-Jubel feierte, war Lennard Kämna schon in der Anonymität des beim Giro d'Italia typischen Trubels verschwunden. Dabei hat die Leistung des Bremers bei der zweitwichtigsten Rundfahrt der Welt durchaus Beachtung verdient. Mit Platz neun stand am Ende der erhoffte Rang unter den besten Zehn in der Statistik, was zuvor nur sieben Deutschen gelungen war. Und für Kämna war es eben der erste Versuch, bei einer Grand Tour auf das Gesamtklassement zu fahren.

"Es ist nicht unbedingt einfach, drei Wochen lang Tag für Tag bei einer Grand Tour konzentriert zu bleiben. Ich glaube, dass meine Leistung die harte Arbeit und Vorbereitung, die jeder im Team in dieses Ziel gesteckt hat, widerspiegelt", sagte Kämna nach drei harten Wochen in Italien. Am Ende der etwa 3500 Kilometer fehlten dem 26-Jährigen 7:46 Minuten auf Roglic, der als erster Slowene den Giro gewann. In der viertknappsten Entscheidung der Geschichte des Rennens verwies Roglic den Briten Geraint Thomas mit 14 Sekunden Vorsprung auf Rang zwei.

Zu den Top-Leuten fehlt Kämna noch ein gutes Stück, der Rückstand spiegelt die Realität angemessen wider. Vielleicht hätte der Kapitän des deutschen Teams Bora-hansgrohe in der Gesamtwertung noch ein oder zwei Plätze weiter vorn landen können, doch auf den finalen Bergetappen ging ihm etwas die Kraft aus. Zudem lieferte Kämna im Zeitfahren nicht die erwarteten Leistungen, was womöglich mit einer Gewichtsreduzierung für ein besseres Klettervermögen zu tun hat. Am Anfang sei er zudem wohl nicht hundertprozentig gesund gewesen, was sein Sportlicher Leiter Jens Zemke angedeutet hatte.

Ist es das, was er will und ist es das, was wir wollen?

Bora-hansgrohe-Teamchef Ralph Denk über Lennard Kämna

Den Bora-Plan mit Kämna durchkreuzte zudem das krankheitsbedingte Aus des eigentlichen Anführers Alexander Vlasov. Dadurch seien dem Team "taktische Varianten entgangen" und es habe "der gesamte Druck auf Lennard" gelegen, wie Teamchef Ralph Denk im Deutschlandfunk erklärte. Man wäre mit Kämna offenbar durchaus gern offensiver gefahren. Zwar war Bora weit davon entfernt, den im Vorjahr mit Jai Hindley erreichten Gesamtsieg zu wiederholen, aber das war angesichts der Besetzung auch nicht erwartbar. Mit Kämnas Bilanz und den zwei Etappensiegen durch Nico Denz kann man durchaus zufrieden sein.

Kämnas künftige Rolle will Denk noch hinterfragen. "Ist es das, was er will und ist es das, was wir wollen? Oder wollen wir wieder einen aggressiveren Kämna sehen, was seinem Naturell sogar noch einem Stück weit eher entspricht?", sagte der 49-Jährige. Im vergangenen Jahr hatte Kämna seinen Schwerpunkt auf Ausreißversuche gelegt. Dabei hatte der 26-Jährige die Bergankunft auf dem Ätna gewonnen. Das Experiment Gesamtwertung sah Denk als gelungen an: "Bei einer so großen Rundfahrt in die Top Ten zu fahren, das hat schon einen gewissen Wert und haben nicht so viele Deutsche vor ihm geschafft."

Triumph nach Sieg im Bergzeitfahren: Roglic hat seinen inneren Frieden gefunden 

Die große Party in der Ewigen Stadt feierte am Ende Primoz Roglic - und wie. Ausgerechnet in einem Bergzeitfahren verdrängte der 33-Jährige am vorletzten Tag noch Geraint Thomas von Platz eins. Vor drei Jahren war Roglic bei der Tour de France in einer fast identischen Konstellation noch der traurige Verlierer, als ihn sein junger Landsmann Tadej Pogacar auf der Planche des Belles Filles den sicher geglaubten Triumph entriss.

Nun hat Roglic seinen inneren Frieden gefunden. "Dieser Sieg ist so besonders und ich bin so dankbar, dass ich ihn erreicht habe. Das bleibt mir für den Rest meines Lebens in Erinnerung. Jetzt genieße ich einfach den Moment", sagte Roglic. Mit seinem Sohn Lev feierte er den Sieg auf der großen Bühne und küsste die trofeo senza fine innig.

dpa

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