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Anders elektrisch: Hyundai Nexo mit Brennstoffzelle

Das Wasserstoff-Auto im Fahrbericht

Anders elektrisch: Hyundai Nexo mit Brennstoffzelle

Hyundai Nexo: Der Crossover fährt mit Wasserstoff, und das funktioniert ausgesprochen gut.

Hyundai Nexo: Der Crossover fährt mit Wasserstoff, und das funktioniert ausgesprochen gut. Hersteller

Wie er aussieht: Der Nexo ist nicht der erste Brennstoffzellen-Hyundai, schon vorher haben die Koreaner den ix35 FCEV im Programm geführt. Der Nachfolger aber verkörpert etwas rundum Neues und ist der wohl gelungenste Vertreter seiner Art. So setzt der Nexo auf die angesagte Karosserieform des Crossovers und erlaubt sich dabei einen durchaus spacigen Auftritt, der aber nicht so verstörend futuristisch rüberkommt wie der des Toyota Mirai. Der cw-Wert beschränkt sich auf strömungsgünstige 0,32, wozu auch ein verkleideter Unterboden, spezielle Felgen und die überaus elegante Lösung der versenkten und automatisch ausfahrenden Türgriffe ihr Scherflein beigetragen haben.

Mit 4,67 Metern Länge fällt der Nexo ungefähr so lang aus wie ein VW Tiguan Allspace, die Breite – mit Außenspiegeln 2,11 Meter – ist respekteinflößend und gebietet Vorsicht beim Einfahren in enge Garagen oder schmale Gässchen.

Wie er eingerichtet ist: Große Augen machen die Passagiere, nachdem sie im Wageninneren Platz genommen haben. Eine wuchtige Mittelkonsole trennt Fahrer und Beifahrer, sie lässt das Nexo-Cockpit eher wie den Kommandostand eines Raumschiffs erscheinen. Die vielen Taster erzeugen zunächst ein leises Gefühl der Überforderung, unbegründeterweise, denn – Überraschung - die Bedienung erweist sich letztlich als erstaunlich logisch und intuitiv.

Hyundai Nexo

Kommandostand: Auch innen sieht der Nexo cool aus, ungewöhnlich ist die breite Mittelkonsole mit ihren vielen Tastern. Hersteller

Wie viel Platz er hat: Fünf Personen finden inmitten eines bestens verarbeiteten, allerdings nicht ganz hartplastikfreien Umfelds komfortables Unterkommen. Der Ladeboden des 461 Liter großen Kofferraums fällt erfreulicherweise komplett eben aus, zudem lässt sich das Gepäckabteil auf 1466 Liter erweitern. Eine Anhängevorrichtung gibt es leider nicht, was auch – Stichwort Fahrradträger – den Transport von Bikes verkompliziert.

Was ihn antreibt: Das imageträchtige "E" im Nummernschild verdankt der Nexo seinem Elektroantrieb, dessen Herzstück erwähntermaßen eine Brennstoffzelle ist. In drei platzsparend unter dem Kofferraum verbauten Wasserstofftanks mit einer Kapazität von 156,6 Litern bunkert der Koreaner einen Vorrat von 6,33 kg H2 bei 700 bar. Per umgekehrter Elektrolyse entsteht daraus in der "Fuel Cell" Strom, der wiederum einen 120 kW/163 PS starken Elektromotor versorgt.

Wie er sich fährt: Wie ein typisches E-Auto. Gefühlt erfolgt der Ampelstart zwar nicht ganz so raketengleich wie beim batterieelektrischen Stromer, für ein Schwergewicht von knapp 1,9 Tonnen macht sich der Nexo aber doch erstaunlich zügig vom Hof. Wir lernten das lautlose, nur bei Langsamfahrt melodiös per Soundsystem untermalte Dahingleiten alsbald als eine sehr angenehme, sehr moderne Form der Fortbewegung zu schätzen.

Als Topspeed erreicht der Nexo völlig ausreichende 179 km/h. Überhaupt gibt sich der H2-Crossover eher als entspannter Cruiser denn als Sportler. Eine Charakteristik, zu der auch der freundliche Fahrkomfort passt.

Hyundai Nexo

Kein billiges Vergnügen: Der Nexo kostet mindestens 69.000 Euro, was aber immer noch unterhalb eines Jaguar I-Pace liegt. Hersteller

Wie weit er kommt: Ungute Reichweitenängste, wie sie im batterieelektrischen Fahrzeug schon mal aufkommen, kennt der Nexo-Pilot zunächst nicht. Nach WLTP-Messverfahren gelangt man mit einer Tankfüllung 666 Kilometer weit; wir verbrauchten bei durchaus auch beherzter Fahrt 1,4 kg Wasserstoff pro 100 Kilometer, daraus lässt sich eine Praxis-Reichweite von rund 450 Kilometern ableiten. Wer sanfter mit dem Fahrpedal umgeht, schafft ohne weiteres einen größeren Aktionsradius. Ein Kilo Wasserstoff kostet etwa 9,50 Euro.

Allerdings gilt es erst einmal eine H2-Tankstelle aufzutreiben, deren Anzahl in Deutschland noch 2019 auf 100 steigen soll. Wo und in welcher Entfernung die nächste H2-Station liegt, sagt zuvorkommenderweise das Navi. Langstreckenfahrten sind deshalb problemlos möglich, erfordern aber ein gewisses Maß an Vorausplanung. Das gilt besonders dann, wenn die deutschen Landesgrenzen verlassen werden. Südlich von Bozen sieht es mau aus mit der Wasserstoffversorgung.

Der Tankvorgang selbst nimmt nur wenige Minuten in Anspruch und bleibt völlig unkompliziert – super, so ist man das gewöhnt.

Nexo an Wasserstofftankstelle

Nexo an der Wasserstoff-Tankstelle: Der Tankvorgang funktioniert schnell und unkompliziert. ule

Was er bietet: Ausgestattet ist der Nexo bestens. Klimaautomatik, Querverkehrswarner, Stauassistent und Verkehrszeichenerkennung befinden sich ebenso an Bord wie ein beheizbares Lenkrad und eine Rückfahrkamera.

Zwei Details sind besonders hervorzuheben: Der automatische Einparkassistent (Serie) ermöglicht es, den Nexo via Fernbedienung ein- und auszuparken, ein Spektakel, das viel Beachtung findet. Außerdem ist da der Totwinkelassistent, der mit Weitwinkelkameras an den Fahrzeugseiten kooperiert. Immer dann, wenn der Fahrer den Blinker betätigt, werden die Kameraaugen aktiv und übertragen ihre Bilder auf einen Monitor. Eine sicherheitstechnisch überaus sinnvolle Sache, die nicht nur Radfahrern im Umfeld zugutekommt. Die Technologie ist Bestandteil des Premium-Pakets zu 3500 Euro.

Was er kostet: Der Basispreis beträgt 69.000 Euro. Das ist nicht billig, liegt aber immer noch unter dem, was Jaguar für seinen voll batterieelektrischen I-Pace verlangt.

Was wir meinen: Hyundai kommt das Verdienst zu, eine Technologie auf die Straße zu bringen, von der andere – Mercedes! – seit Jahrzehnten nur reden. Der optisch angemessen spacige, aber nicht abgefahrene Nexo vermittelt ein modernes, cooles Fahrgefühl, das großen Appetit auf Wasserstoffantrieb macht. Wäre das Tankstellennetz endlich dichtmaschiger – H2 könnte sich als die alltagstauglichere Form der Elektromobilität beweisen.

Ulla Ellmer ELEKTROMOTOR

Permanentmagnet-Synchronelektromotor (Wechselstrom)

Leistung: 120 kW/163 PS

max. Drehmoment: 395 Nm

BRENNSTOFFZELLE

Typ: Polymerelektrolyt

Anzahl der Zellen: 440

Brennstoffzellendichte (kW/l Volumen): 3,1

Ausgangsleistung: 95 kW

Wirkungsgrad: 60 %

BATTERIE

Typ: Lithium-Polymer

Kapazität: 1,56 kWh

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Spitze: 179 km/h

Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 9,2 sec

Normverbrauch (WLTP): 0,95 kg H2/100 km

Testverbrauch: 1,4 l kg H2/100 km

CO2-Emission: 0 g/km

Energie-Effizienzklasse: A+

Reichweite (WLTP): 666 km

Länge: 4,67 m

Breite: 1,86 m ohne, 2,11 m mit Außenspiegeln

Höhe: 1,63 m

Kofferraum: 461 bis 1466 l

Tankinhalt: 156,6 l (6,33 kg bei 700 bar)

Leergewicht: 1814 kg

zulässiges Gesamtgewicht: 234 kg

Zuladung: 467 kg

Frontantrieb

Einstufiges Reduktionsgetriebe

Versicherungs-Typklassen: 18 (KH), 25 (TK), 28 (VK)

Preis: ab 69.000 Euro