Bundesliga

Burgstaller im Interview: "Das Fußballgeschäft ist zu schnelllebig geworden"

Turbulenter Saisonstart mit Rapid

Burgstaller im Interview: "Das Fußballgeschäft ist zu schnelllebig geworden"

Kehrte im Sommer zu Rapid zurück: Guido Burgstaller.

Kehrte im Sommer zu Rapid zurück: Guido Burgstaller. GEPA pictures

Herr Burgstaller, wie bilanzieren Sie die ersten Monate seit Ihrer Rückkehr zu Rapid Wien?

Es ist viel passiert. Aus sportlicher Sicht ist mit dem Vaduz-Spiel einiges zu Bruch gegangen. Wir haben unser Ziel nicht erreicht. Ich habe aber schon von Anfang an gesagt, dass man Zeit benötigt, um eine Mannschaft neu aufzubauen. Die haben wir nicht gehabt. Dennoch haben wir bis zu den beiden Spielen gegen Vaduz alle drei bis vier Tage unsere Ergebnisse abgeliefert. Das war positiv. Es steht aber außer Frage, dass spielerisch noch Luft nach oben ist. Das Aus in der Conference League tut immer noch weh, aber wir müssen jetzt schauen, dass wir uns in allen Belangen weiterentwickeln. Es muss ein Schritt kommen, da wir nun auch mehr Möglichkeiten zum Trainieren haben. Das wird nicht von heute auf morgen passieren, aber ich bin davon überzeugt, dass wir das in die richtige Richtung drehen können.

Das Aus gegen Vaduz markierte in der Saison den bisherigen Tiefpunkt. Wie lässt es sich mit ein paar Wochen Abstand erklären, dass man über zwei Spiele gesehen gegen einen Schweizer Zweitligisten verdient ausgeschieden ist?

Wenn wir ehrlich sind, hätte es uns auch schon gegen Danzig oder Baku erwischen können. Wir waren noch nicht konstant genug, um in die Gruppenphase zu kommen. Das klingt blöd, weil Rapid immer den Anspruch haben sollte, gegen einen Zweitligisten weiterzukommen. Dennoch müssen wir ehrlich sagen, dass Vaduz verdient aufgestiegen ist. Man hat gemerkt, wo wir noch Defizite haben. Unser Spielsystem war einfach nicht harmonisch. Das müssen wir verbessern. Die Qualität ist da, aber es braucht einfach ein bisschen Zeit.

Das letzte Mal, als Rapid in einem Pflichtspiel mehr als zwei Tore gelangen, war am 13. März dieses Jahres beim 3:1-Auswärtssieg in Klagenfurt. Warum will es in der Offensive einfach nicht nach Wunsch laufen?

Genau das meine ich, wenn ich von Harmonie spreche. Unser Positionsspiel und die Abläufe funktionieren noch nicht automatisch. Da müssen mehrere Komponenten zusammenspielen. Ab und zu ist es aber auch eine Qualitätsfrage. Wir müssen uns ankreiden lassen, dass wir am Ball oftmals nicht ruhig genug sind. Da nehme ich mich und alle Spieler in die Pflicht. Es steht außer Frage, dass wir mehr Tore schießen müssen.

Natürlich haben wir einen sehr, sehr talentierten Spieler verloren. Er hat gezeigt, dass er den Unterschied ausmachen kann.

Guido Burgstaller über den Wechsel von Yusuf Demir

Mit Yusuf Demir hat den SK Rapid am Donnerstag ein potentieller Unterschiedsspieler verlassen. Wie haben Sie seinen Wechsel aufgenommen?

Es fällt mir immer schwer, so etwas zu beurteilen. Ich kann in keinen Menschen hineinschauen. Jeder muss für sich selbst entscheiden, was für ihn das Beste ist. Heutzutage geht es einfach sehr schnell. Wenn "Yusi" denkt, dass der Wechsel für ihn das Richtige ist, dann ist das auch so. Ich bin der Letzte, der sagt, dass es für seine Entwicklung besser gewesen wäre, bei Rapid zu bleiben. Aber natürlich haben wir einen sehr, sehr talentierten Spieler verloren. Er hat gezeigt, dass er den Unterschied ausmachen kann.

Kommen wir noch einmal zum Spiel gegen Vaduz. Nach diesem gab es mit dem Rücktritt von Geschäftsführer Wirtschaft Christoph Peschek und dem angekündigten Rückzug von Präsident Martin Bruckner viel Unruhe. Inwieweit hat sich das auch auf die Mannschaft ausgewirkt?

Natürlich war das auch bei uns in der Kabine Gesprächsthema. Das geht nicht spurlos an den Spielern vorüber. Mit den Rücktritten wird sich natürlich einiges verändern. Das ist ganz normal. Man spricht darüber, aber als Fußballer sollen wir uns auf das konzentrieren, was am Platz passiert. Alles andere können wir eh nicht beeinflussen. Wir haben da nichts mitzureden. Daher versuchen wir, uns auf das Fußballspielen zu konzentrieren.

Sie kennen das Rapid-Umfeld bereits aus der Vergangenheit. Inwieweit hat sich die Stimmung rund um den Verein verändert?

Das ist schwer zu sagen, da doch acht Jahre vergangen sind. Obwohl das Aus gegen Vaduz auch für die Fans schwierig zu verdauen war, haben sie uns weiterhin unterstützt. Wir spüren, dass sie an unseren Weg glauben. Das tut der Mannschaft in dieser schwierigen Phase auch gut. Es ist wichtig, dass wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen. Nur so kann man erfolgreich sein. Damit meine ich nicht nur die Fans und die Spieler, sondern den gesamten Klub. Ich hoffe, dass das bald wieder der Fall sein wird und wir als Rapid in eine schöne Zukunft gehen.

Die Top-Sommertransfers der österreichischen Bundesliga

Sie haben die Mannschaft in dieser Saison bereits des Öfteren als Kapitän auf das Spielfeld geführt. Nach Ihrer Rückkehr zu Rapid haben Sie gemeint, in der Kabine "kein Lautsprecher" zu sein. Wie haben Sie versucht, Ihren jungen Mitspielern in der schwierigen Phase nach dem Vaduz-Spiel zu helfen?

Viele Spieler waren das erste Mal in der Situation, mit einem größeren Klub ein Ziel verpasst zu haben. Aber das passiert jedem Fußballer einmal und wird es auch in Zukunft immer wieder geben. Die jungen Spieler müssen weiterhin an sich glauben und arbeiten. Das ist das Entscheidende. Man muss weiter Gas geben. Es bringt nichts, liegenzubleiben und zu sagen, dass alles schlecht ist. Natürlich ist das schwierig, aber die älteren Spieler inklusive mir versuchen, diesen Weg aufzuzeigen und auch wieder Spaß ins Training zu bringen. Das haben wir gut hinbekommen. Mit Ausnahme der Niederlage gegen Sturm Graz (1:2, Anm.) haben die Ergebnisse gepasst. Gegen Sturm hat das Spielerische in der ersten Halbzeit auch gestimmt. Da hatten wir mit dem abgefälschten Tor und dem Elfmeter einfach Pech. Das ist manchmal so. Die Pflichtaufgabe im Cup (2:0 bei Allerheiligen, Anm.) haben wir geschafft, in Altach folgte danach ein Arbeitssieg (1:0, Anm.). Wir müssen jetzt schauen, dass wir von Woche zu Woche besser werden und in unserer Entwicklung Schritte nach vorne machen. Dann bin ich positiv gestimmt, dass das Ganze auch in die richtige Richtung geht.

Erfahrung in Ihrer Karriere sammelten Sie unter anderem bei Cardiff, Nürnberg, Schalke und St. Pauli. Welche war für Sie die prägendste Auslandsstation?

Man kann von jeder Station etwas mitnehmen. Cardiff war für meine Entwicklung auch deswegen so wesentlich, weil ich dort sechs Monate nicht gespielt habe. In Nürnberg habe ich dann zu meiner alten Stärke zurückgefunden. Der Verein hat mich aufgenommen, nachdem ich am Boden war. In Nürnberg hatte ich eine sehr schöne Zeit. Und natürlich auch auf Schalke! Wir sind dort Vizemeister geworden und in der Champions League ins Achtelfinale gekommen. Auch da habe ich meinen Teil beigetragen. Das war schon prägend. Bei St. Pauli haben wir eine besondere Entwicklung hingelegt. Das habe ich in meiner Karriere selten erlebt. Wir waren zwischenzeitlich Vorletzter in der Tabelle und haben dann innerhalb eines Jahres den kompletten Turnaround geschafft. Das war schon beeindruckend.

Wie sehr hat es dann geschmerzt, mit St. Pauli den Aufstieg zu verpassen?

Sehr. Vor allem deshalb, weil wir nicht mehr das Level erreicht haben, das wir uns erhofft hatten. Wir haben im Frühjahr einfach zu viele Punkte unnötig hergeschenkt.

Ihr ehemaliger Trainer bei Schalke, Domenico Tedesco, wurde am Mittwoch bei RB Leipzig entlassen. Wie haben Sie diese Nachricht aufgenommen?

Das tut mir natürlich leid. Ich kenne ihn ganz gut und hatte ein sehr gutes Verhältnis zu ihm. Ich habe unter ihm sehr viel gelernt. Wenn man liest, dass dein Ex-Trainer nach einem ziemlich erfolgreichen Jahr mit dem ersten Titel der Vereinsgeschichte (Leipzig gewann den DFB-Pokal, Anm.) rausgeschmissen wird, ist das für einen Außenstehenden wie mich so früh in der Saison schwer nachzuvollziehen. Ich war aber nicht vor Ort und habe auch nicht allzu viele Spiele von Leipzig gesehen.

Wenn man gegen Vaduz eine auf den Deckel bekommt, muss man das erst einmal verkraften. Das passiert nicht von heute auf morgen.

Guido Burgstaller

Auch bei Rapid gab es durchaus schon Forderungen nach einem Trainerwechsel. Ist das Fußballgeschäft mittlerweile zu schnelllebig geworden?

Ja. Ich muss schon sagen, dass das Fußballgeschäft zu schnelllebig geworden ist. Ich erwähne da immer gerne Timo Schultz von St. Pauli. Wir haben unter ihm zunächst keinen guten Fußball gespielt, er war von seiner Idee aber überzeugt und hat sich von dieser nicht abbringen lassen. Das hat die Mannschaft gemerkt. In der Rückrunde und im Herbst waren wir dann von den Punkten her immer Tabellenführer. Das war für mich bemerkenswert. Der Verein hat ihm auch die Zeit gegeben, Dinge zu entwickeln. Es kann also auch in diese Richtung gehen. Wenn man als Verein die Ideen des Trainers unterstützt und von diesen überzeugt ist - das ist für mich das Wichtigste -, kann man nachher die Früchte der Arbeit ernten. Das ist ein entscheidender Faktor im Fußball. Bei manchen Vereinen bekommt man aber mehr Zeit als bei anderen. Bei größeren Klubs hat man oft den Druck, sofort liefern zu müssen. Das ist der Unterschied und muss jeder Verein selbst entscheiden.

Am Wochenende wartet mit dem Spiel gegen den WAC der Ex-Verein Ihres Trainers Ferdinand Feldhofer. Geht man als Mannschaft angesichts dieses Umstandes noch etwas motivierter in die Begegnung?

Ich glaube nicht, dass das für die Mannschaft einen großen Unterschied macht. Der Reiz, Spiele gewinnen zu wollen, sollte ohnehin immer da sein. Wir wollen in der Liga punkten und nach den Erfolgen gegen Allerheiligen - das war natürlich ein Pflichtsieg - und Altach nachlegen. Wir möchten uns sowohl offensiv als auch defensiv verbessern und uns mehr Torchancen erarbeiten. Zudem wollen wir die Konter konsequenter zu Ende spielen und im Gegenpressing besser werden. Das sind allesamt Details, die unter der Woche vom Trainer ausgearbeitet werden und die Spieler dann am Wochenende umsetzen sollen. Natürlich gibt es dann auch noch andere Faktoren, die einen Einfluss auf das Spiel haben. Wir verfolgen aber ganz klar das Ziel, zuhause gegen den WAC zu gewinnen.

Sie haben die zwei jüngsten Siege angesprochen. Befindet sich die Mannschaft nun in dem so lang ersehnten Aufwärtstrend?

Es wäre zu früh, das zu beurteilen. Es waren Schritte in die richtige Richtung. Unserem Selbstvertrauen hat das gutgetan. Wenn man gegen Vaduz eine auf den Deckel bekommt, muss man das erst einmal verkraften. Das passiert nicht von heute auf morgen. Zumal wir uns drei Tage später gegen Sturm Graz zumindest einen Punkt verdient gehabt hätten. Denn da haben wir ein gutes Spiel gemacht. Das sind Nackenschläge, nach denen man wieder aufstehen muss. Unsere Entwicklung ist aber noch nicht fertig. Wir müssen weiterhin Schritte nach vorne machen.

Interview: Nikolaus Fink