"Eine schwere Entscheidung" sei es gewesen im deutschen Sturmzentrum. Am Ende aber hatte sich Bundestrainer Hansi Flick gegen Senkrechtstarter Füllkrug und für den erfahrenen Müller als Startelf-Stürmer entschieden - und zugleich damit überrascht, Kimmich auf die Rechtsverteidigerposition zu beordern. So wurde Platz für die Doppelsechs bestehend aus Goretzka und Gündogan. Auch Sané begann.
Alles in allem sollten diese Maßnahmen für eine druckvolle DFB-Gangart sorgen und Außenseiter Costa Rica ohne den gesperrten Calvo, um den erfahrenen Keeper Navas von Paris Saint-Germain oder auch um WM-Debütant Venegas im Dauermodus hinten einschnüren.
Und von Sekunde eins ging der Plan auf: Mit reichlich Ballbesitz und dem eifrig dribbelnden Musiala kesselten die Deutschen die Zentralamerikaner ein, der erst 19-Jährige prüfte direkt Keeper Navas (2. Minute). Musiala war überhaupt kaum zu bremsen, trickste wenig später ganz fein und auf engstem Raum fünf Gegenspieler aus - nur dass Goretzka dann keinen Schuss zustandebrachte (7.). Es folgte noch ein freistehender Flugkopfball von Müller, dieser ging aber rechts vorbei (8.). Klar war: Das 1:0 wäre früh absolut verdient gewesen.
Gnabry mit Köpfchen
Gruppe E, 3. Spieltag
Und das 1:0 fiel, in Minute 10: Der omnipräsente Musiala baute einmal mehr auf, nahm links Raum mit - und dessen butterweiche Flanke versenkte Gnabry mit einem präzisen Kopfball rechts im Eck zur verdienten DFB-Führung. Weil Spanien wenig später im Parallelspiel außerdem auch das 1:0 gelungen war (Morata), sah zu diesem frühen Zeitpunkt bereits alles nach einer Achtelfinal-Qualifikation aus.
Allerdings kamen Goretzka sowie Gündogan übers Zentrum, die stets sehr hoch agierenden Kimmich sowie Raum auf den Außenbahnen und auch Musiala in der Folge nicht mehr so richtig durch. Die Abwehr der Costa-Ricaner verteidigte besser, ließ weniger anbrennen. Ballbesitz und Spielanteile waren dennoch hoch, nur es dauerte eben bis zur 35. Minute, als mal wieder Torwart Navas beschäftigt wurde. Doch weder der hier gesetzte Kimmich-Schuss noch ein Abschluss von Musiala (36.) fanden ihr Ziel. Genauso wie ein Gnabry-Schlenzer, der knapp rechts am Pfosten vorbeiflog (39.).
Neuer mit der Pranke
Bis dahin hätten sich die Ticos über einen Rückstand von drei oder vier Toren nicht beschweren dürfen, hatten dann aber selbst die Großchance aufs 1:1. Nach einem langen Schlag von Duarte war Fuller auch wegen zweier Abwehrfehler von Raum und Rüdiger durch, scheiterte mit seinem guten Schuss allerdings an einer tollen Tat von Neuer (42.). Venegas verbuchte ebenfalls noch eine Möglichkeit (44.), während Campbell nach einem missglückten Sané-Distanzknaller (45.) einen aussichtsreichen Konter leichtfertig vertrödelte (45.+1). Letztlich ging es mit der knappen und sicherlich nicht zufriedenstellenden 1:0-Führung der Deutschen in die Pause.
Costa Rica mit dem Nackenschlag
Aus dieser kam die DFB-Elf mit Klostermann, der Goretzka ersetzte und damit Kimmich wieder auf die Sechs schicken konnte. Doch spielerisch war irgendwie ein wenig der Wurm drin, letzte Pässe und auch Distanzschüsse wie von Sané (56.) kamen nicht genau genug. Und weil im Parallelspiel plötzlich Japan mit 2:1 gegen Spanien führte, zeichnete sich das schlimmstmögliche Szenario ab. Denn zu diesem Zeitpunkt brauchten die Flick-Schützlinge tatsächlich noch weitere sieben (!) Treffer, um doch noch weiterzukommen.

Nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft 2014 schied Thomas Müller mit Deutschland zum zweiten Mal in Folge in der Gruppenphase aus. Getty Images
Doch statt eigener erfolgreicher Abschlüsse gab es zunächst das demütigende 1:1. Nach einem Ballverlust von Raum ging es schnell in Richtung Neuer, wo Waston per Kopf zwar am Bayern-Keeper zunächst gescheitert war, Tejeda aber hernach humorlos abstaubte (58.). Damit war die Ausgangslage noch schlechter - und besser wurde sie auch in der 61. Minute nicht, als Musiala nur den Pfosten traf. Was sich außerdem wiederholen sollte. Denn nur wenige Augenblicke später zirkelte der junge Techniker den Ball erneut nur ans Aluminium (67.).
Deutschland mit purem Drama
Es wurde turbulent: Einerseits stand es beim Spanien-Spiel weiterhin 2:1 für Japan, andererseits legte sich die DFB-Auswahl ein weiteres Ei. Nach einem Vorstoß der plötzlich gut mithaltenden Zentralamerikaner bugsierte Vargas mithilfe von Neuer die Kugel zum 1:2-Nackenschlag aus deutscher Sicht (70.). Auf diesen konnte immerhin Joker Havertz nach Vorlage des ebenfalls gebrachten Füllkrug schnell antworten - 2:2 (73.). Doch es brauchte mehr - und die Zeit wurde knapp.
Doch die Minuten reichten zumindest für einen klaren DFB-Sieg: Denn erst Havertz mit einem lockeren Abschluss nach Gnabry-Vorlage zum 3:2 (85.) und Füllkrug mit einem lockeren Einschuss nach Sané-Brustablage (89.) sorgten für das 4:2. Dadurch war der Sieg mit einem Zwei-Tore-Vorsprung erreicht, der das Weiterkommen bei einem spanischen Remis im Parallelspiel gesichert hätte (bei einem spanischen Sieg sowieso). Nur leider aus deutscher Sicht führte eben Japan mit 2:1 - und rettete dieses Ergebnis trotz siebenminütiger Nachspielzeit über die Runden. Damit war das Aus der DFB-Auswahl besiegelt, nur ein 9:2 hätte am Ende geholfen. Wie bei der WM 2018 in Russland scheiterte Deutschland, der Titelträger von 2014, in der Gruppe.
Das gleiche Leid ereilte die leidenschaftlich zurückgekommenen und am Ende doch unterlegenen Costa-Ricaner, weiter kamen am Ende nur Japan als Gruppensieger und Spanien auf Rang zwei.