eSport

Darmstadts eFootball-Coach: "Wünsche mir mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung für Trainer"

Ugur Dertli im Interview

Darmstadts eFootball-Coach: "Wünsche mir mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung für Trainer"

Darmstadts eFootball-Coach gibt im Interview Einblicke in seinen Job.

Darmstadts eFootball-Coach gibt im Interview Einblicke in seinen Job. SV Darmstadt 98

Im analogen Fußball stehen Trainer ständig im Rampenlicht. Der Erfolgsdruck ist enorm. Im Durchschnitt blieb ein Übungsleiter in der Bundesliga laut "statista" in den letzten 20 Jahren 679,4 Tage im Amt. Weniger als zwei Jahre also.

Im eFootball wird dagegen eher über die Spieler gesprochen, die Trainer bleiben im Hintergrund. Wie seine tägliche Arbeit aussieht, was ein eFootball-Coach mitbringen muss und warum nicht jeder als Übungsleiter im eFootball geeignet ist, verriet uns Ugur Dertli im Interview.

Der 36-Jährige betreut den eFootball-Kader von Darmstadt 98. Hauptberuflich arbeitet er als Sozialarbeiter. Selbst war Dertli von 2002 bis 2014 Profi-Spieler, wurde im ersten Jahr direkt deutscher Einzelmeister.

Sechs Jahre lang war er zudem türkischer Nationalspieler. Als Highlight seiner Karriere bezeichnete er die Teilnahme an den World Cyber Games im Jahr 2003 in Südkorea. Das Turnier ähnelte dem Format der olympischen Spiele, als Disziplinen gab es diverse eSport-Titel, unter anderem FIFA.

"Ganzheitlicher Coach" als Erfolgsrezept

Konkret schildert er seine Trainer-Tätigkeiten: "Genau wie im analogen Fußball gibt es auch bei mir tagtägliches Üben sowie mehrmalige, wöchentliche Coachings. Die beinhalten, Fehler im eigenen Spielaufbau zu filtern. Zusätzlich analysiere ich das Spiel der bevorstehenden Gegner und entwickle dahingehend eine Strategie für unsere Spieler."

Pausiert auch der virtuelle Ball, wie aktuell in der Virtual Bundesliga der Fall, "gehen wir ins Detail und kümmern uns um den Kern unseres Spielaufbaus, die Chancenkreierung und das Verhalten in der Verteidigung."

Doch mit dem Einstudieren von Spielzügen darf laut Dertli die Arbeit des Coaches nicht aufhören. Er bevorzugt die Ausrichtung als "ganzheitlicher Coach": "Die Spieler müssen durch ihren Coach die Möglichkeit bekommen, nicht nur ihr Spiel sondern auch sich selbst weiterzuentwickeln. Jedes Jahr kommt ein neues FIFA auf den Markt. Wenn der Spieler eine gute Saison spielt, aber sich nicht weiterentwickelt, macht sich meistens in der darauffolgenden Saison der Stillstand aus der vergangenen Saison bemerkbar."

Mentaltrainer als Vorbild

Als Vorbild dienen vor allem Mentaltrainer. Nach deren Konzept spiele es keine Rolle, ob der Spieler Profi in FIFA oder einem anderen Spiel ist. Es gehe darum, dass die Spieler an sich und ihren Ängsten arbeiten, konstruktiv mit Misserfolgen umgehen und daraus gestärkt hervorgehen.

Der Unterschied zu Dertlis Aufgaben: "Bei mir geht es natürlich primär um Leistungssteigerung und um Resultate. Aber: Die Kombination aus Mental- und Headcoach kann wahre Wunder bewirken." Ganz in seine Karten schauen lassen will er sich nicht, aber beispielhaft nannte er Motivationsgespräche, bei denen das Vorher und Nachher visualisiert wird. 

"Die Trainer stehen leider etwas abseits vom Rampenlicht. Da würde ich mir persönlich mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung wünschen."

Ugur Dertli

Ein breites Spektrum an Tätigkeiten, die nach außen eher verborgen bleiben. Ein Umstand, den der ehemalige eSportler schade findet: "Die Trainer stehen leider etwas abseits vom Rampenlicht. Da würde ich mir persönlich mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung wünschen." 

Eigene Profi-Erfahrung notwendig

Welche Anforderungen ein Coach daher mitbringen sollte, bleibt ebenfalls im Dunkeln. Eine wichtige Voraussetzungen laut Dertli: "Man muss selbst auf einem hohen Niveau gespielt haben." Die Gründe dafür liegen auf der Hand, "um das Spiel und die Spieler verstehen zu können." Seiner Auffassung nach gibt es "viele, die sich den Rang 'Coach' einfach selbst vermachen" oder Trainer, "die nicht dafür gemacht sind, aber trotzdem als solche arbeiten." Ausbaden müssten das die Akteure: "Am Ende haben die Spieler das Nachsehen, da sie nicht bekommen, was sie brauchen und dadurch ihre Entwicklung stagniert."

Vielfältig und aktuell noch im Hintergrund - die Aufgaben eines eFootball-Trainers. Ob diese dasselbe Rampenlicht brauchen wie Übungsleiter im analogen Fußball, ist hinsichtlich des Drucks fraglich. Ganz im Verborgenen sollten das Anforderungsprofil und die Leistung jedoch nicht bleiben.

Sven Grunwald

Vbl Top 5 Woche 5 6 Neu

Rabona-Schuss und Dribbelkönige - Die Top 5 Tore der VBL

alle Videos in der Übersicht