Bundesliga (D)

"Das kann nicht wahr sein": Wie Petersen Dankert überreden wollte

Höflers Rote Karte verhindert die Rituale zum Karriereende

"Das kann nicht wahr sein": Wie Petersen Dankert überreden wollte

Ziemlich beste Freunde: Nils Petersen (l.) und Nicolas Höfler.

Ziemlich beste Freunde: Nils Petersen (l.) und Nicolas Höfler. IMAGO/Sportfoto Rudel

3,22 Kilometer spulte Nils Petersen nach seiner Einwechselung in der 70. Minute am Freitagabend auf dem Rasen ab. Da das Tracking der Laufdaten mit dem Schlusspfiff endet, bleibt der Marathon im Anschluss unbelegt. Die Ehrenrunde im Stadion, eine herzzerreißende Abschiedsgala vor der Fankurve, ein Interview nach dem nächsten. Erst um kurz vor Mitternacht, mehr als 90 Minuten nach dem Spiel als die Schlagermusik in der Freiburger Kabine schon auf Hochtouren lief, kam auch Petersen zu seiner persönlichen After-Show-Party.

Kurz zuvor, als Petersen bei den schreibenden Journalisten seine letzte Pflicht des Abends erfüllte, bezeichnete ihn einer der Reporter als einen der Gründe, warum man sich trotz der Kapitalisierung und teils fragwürdigen Entwicklung nicht vom Fußball abwenden könne. Mit Petersens Karriereende geht ein Stück Bundesliga-Romantik verloren. Der 34-Jährige ist das Musterexemplar eines Teamplayers. Selbst rückte er sich nie in den Vordergrund, doch er kann damit umgehen, wenn es andere tun - und es genießen, wie beim perfekten Abschied im Wohnzimmer des SC Freiburg. "Hätte ich ein Drehbuch schreiben müssen, wäre es genauso gewesen", sagte Petersen wohlwissend, dass er für die recht kitschige Version im Vorfeld wohl kaum einen Produzenten gefunden hätte.

Nur Schiedsrichter Bastian Dankert hatte etwas gegen diese Inszenierung. Hätte sich der Freiburger Fußballgott nicht schon fünf Minuten nach seiner Einwechselung über sein Joker-Tor - was auch sonst - freuen dürfen, wäre der via VAR aberkannte Treffer Petersens nur fünf Minuten darauf zum Drama geraten. "Dann wäre ich an Dankerts Stelle nicht aus dem Stadion gegangen", meinte Petersen lachend.

Petersen ist froh, den VAR nicht seine ganze Karriere miterlebt zu haben

Auch wenn zwischen seinem bevorstehenden Karriereende und der Einführung des Videoschiedsrichters kein direkter Zusammenhang besteht, ist er froh, die Technik nicht schon seine ganze Karriere miterlebt zu haben. "Wie viele Tore habe ich gemacht, wo ich wahrscheinlich einen halben Schritt im Abseits war? Wahrscheinlich die Hälfte aller Tore. Ich kam ganz gut weg. Zum Glück bin ich ein bisschen älter."

Wirklich ernsten Gesprächsbedarf hatten der Hauptdarsteller des Abends und der Unparteiische erst in der Nachspielzeit. Die Rote Karte für Nicolas Höfler konnte Petersen nämlich so nicht stehen lassen: "Ich habe in dem Moment gedacht, das kann nicht wahr sein. Chico und ich sind ja bekanntlich gute Freunde. Wir haben so viele Rituale, im Bus, im Hotel, da war ich echt traurig. Das war auch der einzige Grund, warum ich zum Schiedsrichter gegangen bin und gesagt habe, nimm das Ding zurück, das kannst du mir beim letzten Spiel nicht nehmen." Die Argumente reichten Dankert offenbar nicht aus, um nochmal über die Rote Karte zu grübeln.

So wird sich Petersen in seinem letzten Bundesligaspiel wohl oder übel nochmal umstellen müssen. Dafür haben die beiden Freunde das letzte gemeinsame Heimspiel wie immer zelebriert. "Ich bin seit 10.30 Uhr heute hier im Stadion. Chico und ich bleiben immer hier, trinken Kaffee und erzählen über Gott und die Welt - nicht über Fußball. Irgendwann merken wir: Jetzt geht langsam die Schicht los. Das ist schon immer ein Ritual von uns beiden", erzählte Petersen.

Training am Samstag - Petersen: "Das ist erstmal hart"

Gegen Mitternacht war die offizielle Schicht dann zu Ende. Eine kleine Feier sollte aber noch folgen. "Meine Freunde kommen noch zu mir nach Hause. Sonst habe ich nichts geplant. Ich wusste ja nicht, dass es so gut läuft. Ich werde nicht in den nächsten drei Stunden ins Bett gehen", kündigte Petersen an. Eine Sache musste er im Hinterkopf aber bedenken. Als Abschiedsgeschenk des Vereins gab es eine großes Bild und einen guten Wein - keinen trainingsfreien Samstag. "Das ist erstmal hart", dachte Petersen laut beim Gedanken ans Training in weniger als zwölf Stunden.

Moritz Kreilinger

Bilder zur Partie Wolfsburg gegen Freiburg