Tennis

Australian Open: Fünf Erkenntnisse aus Melbourne

Schwere Zeiten für DTB - Rosige US-Aussichten

Der König ist zurück: Fünf Erkenntnisse zu den Australian Open

Gewann zum 22. Mal einen Grand Slam: Novak Djokovic.

Gewann zum 22. Mal einen Grand Slam: Novak Djokovic. IMAGO/USA TODAY Network

Der König ist zurück auf seinem Thron

Schon vor dem Start der Australian Open drehte sich in Down Under sehr viel um Novak Djokovic, den Rekordchampion in Melbourne. Im Vorjahr durfte der Serbe nicht antreten, wurde gar aus dem Land ausgewiesen - nun aber hatte die neue Regierung in Australien den Bann aufgehoben. Der "Djoker" kam und setzte zum Triumphzug an. Zuerst gewann er das Vorbereitungsturnier in Adelaide und glich da mit seinem Dauerrivalen Rafael Nadal nach Turniersiegen insgesamt aus. Das große Ziel waren aber die Australian Open, die der 35-Jährige zum zehnten Mal gewinnen wollte. Mal wieder bot sich ihm die Chance, Geschichte zu schreiben.

Die Losfee meinte es gut ihm, dennoch glich das Turnier einem Husarenritt - voller Widerstand. Zu Beginn machte ihm eine Oberschenkelverletzung zu schaffen, an deren Ernsthaftigkeit so manch einer zweifelte. "Wenn andere verletzt sind, dann sind sie Opfer, wenn ich es bin, dann verstelle ich mich", beklagte sich Djokovic bitter. Das hielt ihn nicht auf, bis ins Finale zu stürmen und dort seinen griechischen Kontrahenten Stefanos Tsitsipas in drei Sätzen (6:3, 7:6, 7:6) zu bezwingen. Welcher Druck von ihm abfiel, zeigte sich nach dem gewonnen Finale, als er sowohl in seiner Box als auch kurz darauf auf der Spielerbank weinte. 

Djokovic wird ab Montag wieder die neue und alte Nummer 1 sein. Viel wichtiger dürfte ihm aber sein, dass er nach Grand-Slam-Titeln wieder mit seinem Dauerrivalen Nadal gleichzog - beide liegen nun bei 22. Die Debatte, wer der beste Tennisspieler der Geschichte ist, hat so auf jeden Fall neues Futter bekommen. Tsitsipas bezeichnete Djokovic jedenfalls als "den besten Spieler, der jemals ein Racket gehalten hat". So manch einer wird das vielleicht anders sehen.

Fakt ist aber: Der bald 36-jährige Djokovic ist im Herren-Tennis noch immer der Mann, den es zu schlagen gilt. 

"Staatenlose" Sabalenka

Aryna Sabalenka

Glücklich mit ihrem Siegerpokal: Aryna Sabalenka. IMAGO/AAP

Während Tsitsipas bei den Herren noch auf den ersehnten Major-Titel warten muss, löste sich bei den Damen bei Aryna Sabalenka der Knoten. Die Belarussin feierte nach einer emotionalen Berg- und Talfahrt einen Dreisatzsieg (4:6, 6:3, 6:4) über Elena Rybakina und sprach am Tag nach ihrem Sieg "vom schönsten Morgen meines Lebens".

Sabalenka, die in der Vergangenheit bei Grand Slams immer wieder gehemmt gewirkt hatte, hat sich also endlich von der Last, endlich ein Major gewinnen zu müssen, befreit. Ob ihr das in Zukunft entscheidend weiterhilft, muss sich aber noch zeigen.

Eine Besonderheit hat ihr Triumph: Auf dem Pokal wurde hinter ihrem Namen nicht ihr Herkunftsland eingraviert, weil Belarus ebenso wie Russland wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine sanktioniert ist - auch im Tennis. Die 24-Jährige geht damit als erste "neutrale" Athletin in die Geschichte ein, die ein Major gewann. Ob das auch im Bewusstsein der Menschen so bleiben wird, wird sich zeigen. Sabalenka selbst verwies darauf, dass "jeder weiß, dass ich Belarussin bin". 

Deutsche Nebenrolle

Australian Open 2023

Aus deutscher Sicht verliefen die Australian Open alles andere als gut. Dass Alexander Zverev nach langer Verletzungspause nicht in Topform sein würde, war erwartet worden - immerhin erreichte die deutsche Nummer 1 bei den Herren die 2. Runde. Jan-Lenard Struff (32), Oscar Otte (29), Yannick Hanfmann (31) und Daniel Altmaier (24) schieden allesamt in der 1. Runde aus.

Bei den Damen sah es nicht besser aus: Lediglich Laura Siegemund (34) kann mit ihrer Drittrundenteilnahme zufrieden sein, während Tatjana Maria (35), Eva Lys (21), Tamara Korpatsch (27) und Hoffnungsträgerin Jule Niemeier (23) das Erstrunden-Aus ereilte. Niemeier schied zumindest gegen die Weltranglistenerste Iga Swiatek aus - und lieferte der Polin dabei sogar großen Widerstand.

Dennoch bleibt festzustellen: Das deutsche Tennis hatte schon bessere Zeiten.

Favoritensterben

Apropos Swiatek: Die 21-Jährige verlor in Melbourne den Nimbus der Unbezwingbaren. Swiatek musste bereits im Achtelfinale ihren Traum vom vierten Grand-Slam-Titel begraben, als sie der späteren Finalistin Elena Rybakina aus Kasachstan unterlag. Die Polin war in Down Under aber nicht die Einzige, die hinter den Erwartungen zurückblieb.

Iga Swiatek

Sie strauchelte überraschend früh: Iga Swiatek. IMAGO/ZUMA Wire

Zahlreiche Favoriten strauchelten früh: Die Weltranglistenzweite Ons Jabeur (Tunesien) verabschiedete sich in Runde zwei, bei den Herren flogen Titelverteidiger Rafael Nadal (Spanien), Vorjahresfinalist Daniil MedvedevFrances Tiafoe, Taylor Fritz (beide USA), Holger Rune (Dänemark), Casper Ruud (Norwegen) und Felix Auger-Aliassime (Kanada) allesamt in der ersten Woche raus. 

Aufschwung der Amerikaner

Das amerikanische Herren-Tennis durchlief in den vergangenen zehn Jahren eine enorme Durststrecke. Andy Roddick war im Grunde der letzte US-Amerikaner, der um die großen Titel mitspielte. Das könnte sich schon bald ändern, denn zahlreiche junge US-Spieler ließen aufhorchen. An erster Stelle wäre da Sebastian Korda zu nennen. Der 22 Jahre alte Sohn des ehemaligen Australian-Open-Champions Petr Korda stand schon beim Vorbereitungsturnier in Adelaide im Finale, kam in Melbourne bis Viertelfinale und musste dort verletzungsbedingt aufgeben.

Neben Korda sorgten auch noch Ben Shelton (20), Jenson Brooksby (22), Jeffrey Wolf (24) und Tommy Paul (25), der sensationell bis ins Halbfinale kam, für Schlagzeilen. Wenn man dann noch Tiafoe (25) und Fritz (25) hinzunimmt, dann können sich Tennis-Fans aus den USA auf rosige Zeiten freuen. Bei den Damen ist Jessica Pegula, zwar schon 28 und im Viertelfinale ausgeschieden, bereits die Nummer drei der Welt. 

drm

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