Bundesliga

Julius Ertlthaler im Interview: "Die Zeit in Mattersburg war sehr turbulent"

Der 24-Jährige kam im Winter zur WSG

Ertlthaler im Interview: "Die Zeit in Mattersburg war sehr turbulent"

Spielt mit der WSG gegen den Abstieg: Julius Ertlthaler.

Spielt mit der WSG gegen den Abstieg: Julius Ertlthaler. GEPA Pictures

Herr Ertlthaler, seit Sie im Winter zur WSG Tirol gewechselt sind, holte die Mannschaft in drei Spielen nur einen Punkt. Worauf führen Sie den schwachen Start in die Frühjahrssaison zurück?

Wir haben in der Winterpause ein paar wichtige Spieler verloren und die neuen Jungs - inklusive mir - müssen sich noch einleben. Das wird noch etwas dauern. In den ersten Runden war aber nicht alles negativ. Die Ergebnisse waren zwar nicht gut, wir haben uns aber meistens durch Eigenfehler selbst in Bedrängnis gebracht. Das hat uns im Endeffekt die Punkte gekostet. Dennoch habe ich auch einige positive Ansätze von uns gesehen.

Ihr Trainer Thomas Silberberger zeigte sich nach dem Spiel gegen Rapid von den Vergleichen mit der Mannschaft aus dem Vorjahr genervt. Inwieweit ist die Bürde der starken Vorsaison auch innerhalb des Teams Thema?

Für uns ist das gar kein Thema. Ich bin davon überzeugt, dass die Spieler, die jetzt da sind, ihre Sache gut machen und das richten werden. Wir haben definitiv genug Qualität, um nicht abzusteigen.

Was konkret stimmt Sie zuversichtlich, die Liga halten zu können?

Die Qualität der einzelnen Spieler ist definitiv da. Wir haben auch einen guten Zusammenhalt innerhalb des Teams. Ich bin seit rund einem Monat hier und habe schon gemerkt, dass die Truppe charakterlich echt top ist. Jeder ist für den anderen da. Das stimmt mich sehr zuversichtlich, dass wir den Klassenerhalt schaffen können.

An manchen Tagen habe ich mich schon gefragt, warum die Situation so schwierig ist.

Julius Ertlthaler

Vor Ihrem Engagement bei der WSG waren Sie ein halbes Jahr vereinslos. Wie schwierig war diese Situation für Sie in mentaler Hinsicht?

Das war keine einfache Situation für mich. Ich war zum ersten Mal in meiner Karriere ohne Verein. Es hat Tage gegeben, an denen es besser funktioniert hat, aber an manchen Tagen habe ich mich schon gefragt, warum die Situation so schwierig ist und kein Verein kommt. Nämlich auch ein Verein, der zu meinen Ansprüchen passt. Mir blieb aber nichts anderes übrig, als positiv zu bleiben und mich körperlich fit zu halten. Nur deswegen konnte ich die Chance in Tirol schnell ergreifen. Ich habe keine Anlaufzeit gebraucht, um meinen Körper auf ein bundesligafähiges Niveau zu bringen. Ich war von Beginn weg matchfit. Das zahlt sich jetzt aus.

Sie trainierten im Herbst bei Wiener Neustadt mit. Wie wichtig war dieses Mannschaftstraining, um körperlich auf der Höhe zu bleiben?

Für mich war schnell klar, dass ich nicht nur mit einem Fitnesstrainer oder einem Physiotherapeuten zusammenarbeiten will. Das Mannschaftstraining ist das Wichtigste, wenn man den Ball ständig am Fuß haben will. Durch meinen Kontakt zum Sportlichen Leiter von Wiener Neustadt (Heinz Griesmayer, Anm.) hat das super funktioniert. Ich kenne ihn noch aus der Zeit in Mattersburg, weil er damals Amateurtrainer war. Da ich auch nicht lange zum Training gefahren bin, hat das für mich optimal gepasst.

Sie sind mit 24 Jahren noch relativ jung. Hatten Sie in dieser Zeit Zweifel, mit dem Fußball auf das falsche Pferd gesetzt zu haben?

Diese Gedanken waren nie da. Profifußballer zu sein, ist die schönste Sache der Welt. Ich könnte mir nichts anderes vorstellen. Das war auch in dieser komplizierten Zeit so. Ich habe immer daran geglaubt, dass ich die notwendige Qualität für die Bundesliga habe und will meine Chance bei der WSG jetzt nutzen. Bis dato passt das für mich ganz gut.

Haben Sie angesichts Ihrer halbjährigen Auszeit ein Vorbild, dessen Karriereweg Sie bewundern?

Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Generell bin ich ein großer Fußballfan und will so offensiven Fußball wie möglich sehen. Es gibt viele tolle Spieler auf der Welt. Man kann sich von einigen etwas abschauen. Grundsätzlich gehe ich aber meinen eigenen Weg und mache die Dinge, die ich für richtig halte.

Die kicker-Elf des 21. Spieltags

Ihre ersten Schritte im Profifußball haben Sie beim SV Mattersburg gemacht, wo Sie auch bis Sommer 2020 geblieben sind. Wie haben Sie die Insolvenz und die darauffolgende Einstellung des Spielbetriebs erlebt?

Das ist ein schwieriges Thema. Die Zeit in Mattersburg war sehr turbulent. Für die ganze Stadt war die Causa ein Schlag ins Gesicht. Alle Mitarbeiter im Verein haben davon aus den Medien erfahren. Das war für keinen von uns absehbar. Das war ein Riesenschock. Mehr kann man dazu eigentlich nicht sagen. Keiner von uns hätte das erwartet.

Dementsprechend hatten Sie beispielsweise auch in puncto Gehalt nie Probleme?

Die Gehälter kamen während meiner Zeit immer pünktlich. In dieser Hinsicht hat es meines Wissens nach nie etwas Auffälliges gegeben.

Nach Ihrer Zeit in Mattersburg haben Sie ein Jahr für Hartberg gespielt. Warum ist es für Sie in der Oststeiermark nach einem soliden Jahr mit 25 Bundesliga-Einsätzen nicht weitergegangen?

Das ist eine gute Frage. Die Bereitschaft war grundsätzlich von beiden Seiten da. Warum wir keine Lösung gefunden haben, kann ich auch heute noch immer nicht ganz genau sagen.

Wie hat der Verein seine Entscheidung Ihnen gegenüber begründet?

Einerseits war nicht klar, ob Markus Schopp Trainer bleibt oder nicht. Das hat die Gespräche verzögert. Wir waren dann zwar in Verhandlungen, aber ich habe nicht die Wertschätzung bekommen, die ich mir eigentlich gewünscht hätte. Schlussendlich haben wir einfach nicht zusammengefunden.

Bei der WSG Tirol hat man in den vergangenen Jahren gesehen, dass jungen Spielern immer wieder der Schritt zu richtig coolen Vereinen gelungen ist.

Julius Ertlthaler

Wie blicken Sie auch angesichts dieser Trennung dem Wiedersehen am kommenden Wochenende entgegen?

Es gibt kein böses Blut. Ich hatte eine schöne Zeit in Hartberg und habe mich dort sehr wohlgefühlt. Ich freue mich auf das Wochenende, weil ich noch viele Spieler kenne. Wir haben gemeinsam viele schöne Momente erlebt. Das schweißt zusammen - auch, wenn es nur ein Jahr war. Daher hat das Duell am Sonntag sicher einen schönen Beigeschmack.

Sie debütierten im März 2018 für die österreichische U-21-Nationalmannschaft, vier Jahre später befinden Sie sich nach einer turbulenten Zeit bei der WSG. Wohin soll Sie Ihre Profilaufbahn noch führen?

Ich will kurzfristig denken, weil ich im vergangenen halben Jahr gesehen habe, wie schnell es gehen kann. Genauso schnell kann es aber auch nach oben gehen. Bei der WSG Tirol hat man in den vergangenen Jahren gesehen, dass jungen Spielern immer wieder der Schritt zu richtig coolen Vereinen gelungen ist. Ich will meinen Teil dazu beitragen, dass wir erfolgreich Fußball spielen. Wenn die Leistung stimmt, kommt der Rest von alleine.

Gibt es einen Verein, den Sie im Visier haben?

Als Kind war ich immer ein Riesenfan von Manchester United. Ich muss aber realistisch sein und weiß, dass das schwierig wird. Träumen darf man aber wohl noch (lacht).

Interview: Nikolaus Fink