2. Bundesliga (D)

Karlsruhe: Ein "steiniger Weg" für Fanprojekte

Nach Pyro-Ermittlung in Karlsruhe

Experte Bott sieht "steinigen Weg" für Fanprojekte

Damit ging alles los - die Pyrotechnik-Show beim Spiel zwischen Karlsruhe und St. Pauli Mitte November.

Damit ging alles los - die Pyrotechnik-Show beim Spiel zwischen Karlsruhe und St. Pauli Mitte November. picture alliance / GES/Helge Prang

Alles begann mit einer Pyro-Show bei dem spektakulären 4:4 zwischen dem Karlsruher SC und dem FC St. Pauli am 17. Spieltag der 2. Liga. Damals ging es um Tore, heute geht es um detaillierte Rechtsfragen und das Vertrauen junger Fans in die Sozialarbeiter bei den Fanprojekten. Weil mehrere Personen durch den Rauch verletzt wurden, leitete die Polizei ein Ermittlungsverfahren ein. Das betraf auch drei Mitarbeiter des Karlsruher Fanprojekts - als Zeugen, wohlgemerkt.

Aus den Kurven folgten Proteste. Hintergrund: Das Vertrauen in der Subkultur der Ultras in die Mitarbeiter der Projekte - Stichwort präventive, sozialpädagogische Arbeit - könne so nicht mehr wirklich reifen. Im Deutschlandfunk sprach Sophia Gerschel, die Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft Fanprojekte, von einer zunehmenden Härte gegenüber Sozialarbeitern im Fußball seitens der Behörden: "Das geht von Personalien-Aufnahmen in polizeilichen Maßnahmen, über vermehrte Zeugenvorladungen von Staatsanwaltschaft oder Polizei. Auch körperliche Angriffe im Rahmen von Spieltagsbegleitung und das sind nur beispielhafte Situationen, die auf Fanprojekt-Mitarbeitende zum Teil zukommen in der Begegnung mit Polizei. Was die Kommunikation mit der Polizei absolut erschwert, oder zum Teil auch unmöglich macht." Die Fanprojekte forderten im Zuge der Karlsruher Vorladung ein Zeugnisverweigerunsgrecht für ihre Mitarbeiter.

Die Debatte, ob und wie Fanprojekt-Mitarbeitende als Berufsgeheimnisträger einzuordnen sein könnten, geht an der Rechtslage vorbei.

Dr. Ingo Bott

Das Problem ist die aktuelle Rechtslage, sagt Dr. Ingo Bott: "Zeugnisverweigerungsrechte kommen nach der Strafprozessordnung außerhalb von Angehörigenverhältnissen nur für besondere Berufsgeheimnisträger in Betracht. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Strafverteidiger, Journalisten oder Geistliche, denen in ihrer jeweiligen beruflichen Eigenschaft etwas anvertraut worden ist." 2012 habe der Bundesgerichtshof BGH bestätigt, dass weitere, beispielsweise ehrenamtlich tätige Personen, nicht unter die Ausnahmeregel fallen.

"Die Debatte, ob und wie Fanprojekt-Mitarbeitende als Berufsgeheimnisträger einzuordnen sein könnten, geht daher an der aktuellen Rechtslage vorbei. Eine Änderung kann hier nur der Gesetzgeber herbeiführen", sagt Bott - doch viel Hoffnung kann der Strafrechtsexperte, der selbst aus Karlsruhe kommt und in Düsseldorf die Kanzlei Plan A führt, den Fans nicht machen: "Wegen der Schnittstelle zum Ehrenamt und der teilweise unterschiedlichen Ausgestaltungen von Fanprojektstrukturen dürfte das allerdings ein steiniger Weg werden."

Die Mitarbeiter sind auf einen "vertraulichen Umgang angewiesen"

Und die Sozialarbeiter? Wurden mittlerweile in dem Ermittlungsverfahren, das sich gegen 24 Beschuldigte richtet, einvernommen, wie die Staatsanwaltschaft Karlsruhe auf Anfrage bestätigt. Es sei der Behörde bewusst, "dass die Mitarbeiter des Fanprojekts im Rahmen ihrer Jugendsozialarbeit grundsätzlich auf einen auch vertraulichen Umgang angewiesen sind", dies sei "im Rahmen der Zeugenvernehmungen berücksichtigt" worden, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft, der in diesem Zuge weitere Vorladungen jedoch nicht ausschließt: "Inwieweit die Notwendigkeit einer ergänzenden Nachvernehmung der Mitarbeiter des Fanprojekts besteht, muss erst noch geprüft werden."

Benni Hofmann