Bundesliga (D)

WM2022: Lange Nachspielzeiten bald auch in der Bundesliga?

FIFA-Schirichef Collina erklärt die Maßnahme

Lange Nachspielzeiten bald auch in der Bundesliga? Fröhlich äußert sich

14 Minuten Nachspielzeit gab es bei der Partie England - Iran - in der ersten Hälfte.

14 Minuten Nachspielzeit gab es bei der Partie England - Iran - in der ersten Hälfte. Getty Images

14 vor der Pause, am Ende nochmal zehn - als diese Zahlen beim Spiel England gegen Iran (6:2) auf der Tafel zwischen den Coachingzonen aufleuchteten, wurden keine Spielerwechsel angezeigt, sondern tatsächlich die jeweilige Nachspielzeit. Sehr ungewohnte Werte, der die offizielle Brutto-Spielzeit dieser normalen Partie von 90 auf 114 Minuten hochschraubte, wobei durch eine am Ende nochmals verlängerte Nachspielzeit der Abpfiff erst nach 117 Minuten erfolgte.

Unterbrechungen werden akkurat notiert

Während es im ersten Durchgang eine längere Verletzungsunterbrechung gab, lief die zweite Hälfte "normal" ab. Jedoch wurden zwischen 46. und 90. Minute vier Tore bejubelt und zehn Spieler ausgetauscht. Ereignisse - wie auch die oft längeren Unterbrechungen bei Rote Karten, Strafstoßausführungen und VAR-Eingriffen -, deren Dauern laut FIFA-Schiedsrichterchef Pierluigi Collina von den Referees akkurat addiert und nachgeholt werden sollen, um die Netto-Spielzeit zu erhöhen.

Saudi-Arabiens Bollwerk, Spaniens Feuerwerk: Die kicker-Elf des 1. Spieltags

"Wir wollen vermeiden, dass es Partien gibt, in denen die aktive Spielzeit nur 42, 43, 44, oder 45 Minuten dauert. Das ist nicht akzeptabel", erklärte Collina unter der Woche in Katar die klare Anweisung an seine drei Schiedsrichterinnen und 33 Schiedsrichter sowie deren Teams. Mit den genannten Angaben zur Netto-Spielzeit untertreibt der Italiener aber wohl, soll doch die durchschnittliche Netto-Spielzeit bei der WM 2018 in Russland bei 57 Minuten gelegen haben.

Torjubel sind Zeitfresser

Mindestens diesen Wert möchten die Verantwortlichen auch bei den laufenden globalen Titelkämpfen erreichen. Den Torjubel hob Collina als wichtigen Bestandteil des Fußballs, aber eben auch als Zeitfresser hervor: "Das ist ein Moment der Freude für ein Team, für das andere zwar nicht, aber der Jubel dauert oft eine oder eineinhalb Minuten. Bei zwei oder drei Toren pro Hälfte verliert man leicht drei, vier Minuten durch Torjubel. Das muss beachtet und am Ende kompensiert werden."

Das führte dazu, dass in den 16 Partien des ersten WM-Spieltags im Schnitt satte 11:19 Minuten nachgespielt wurden. In den ersten acht Begegnungen - inklusive des XXL-Spiels zwischen England und Iran - waren es durchschnittlich sogar 12:45 Minuten Extra-Zeit.

Fröhlich sucht den Austausch

Sind solche Dimension nun schon bald in der Bundesliga zu erwarten? Womöglich schon zum Wiederauftakt im Januar? "Das sind extreme Werte, die wir so zur Kenntnis nehmen", sagt DFB-Schirichef Lutz Michael Fröhlich im Gespräch mit dem kicker. Für eine Prognose, ob die FIFA-Anweisungen so strikt nun auch bald im deutschen Oberhaus umgesetzt werden, sei es noch zu früh. "Zunächst halte ich es für sinnvoll, dass wir uns mit den Fußballakteuren hierzulande austauschen, ob solche Ausdehnungen gewünscht sind", sagt Fröhlich.

Seit 2021, als die Bundesliga-Referees im Sommer dafür mit lockereren Maßstäben sensibilisiert worden sind, ist die Nachspielzeit in der Bundesliga laut Fröhlich bereits moderat auf gut fünf Minuten im Schnitt pro Partie gestiegen. Und liegt damit um die Hälfte niedriger als der aktuelle WM-Wert.

Carsten Schröter-Lorenz