2. Bundesliga (D)

Leitl und Azzouzi als Baumeister des Erfolgs

Kommentierende Analyse zum Fürther Aufstieg

Leitl und Azzouzi als Baumeister des Erfolgs

Rachid Azzouzi (li.) und Stefan Leitl: Die Baumeister des Fürther Erfolgs.

Rachid Azzouzi (li.) und Stefan Leitl: Die Baumeister des Fürther Erfolgs. imago images

Der HSV, Düsseldorf, Bochum, Kiel - all diese Klubs waren vor der an diesem Sonntag abgelaufenen Zweitligaspielzeit als Aufstiegskandidaten oder zumindest als Geheimfavoriten gehandelt worden. Dass aber die SpVgg Greuther Fürth den Sprung in die Bundesliga schaffen könnte, damit haben vor Saisonbeginn weder die kühnsten Optimisten noch die Verantwortlichen beim Kleeblatt selbst gerechnet. Zu groß schien der personelle Aderlass, den die Weiß-Grünen mit dem Verlust der drei Eckpfeiler Marco Caligiuri, Daniel Keita-Ruel und Maximilian Wittek im vergangenen Sommer zu verzeichnen hatten. Manch einer prognostizierte dem Kleeblatt ohne seinen langjährigen Kapitän, ohne seinen Torjäger der Vorjahre und ohne seinen etatmäßigen Linksverteidiger gar eine Saison im Abstiegskampf - und sah sich nach nur drei Punkten aus den ersten vier Spielen und Rang 16 auch bestätigt.

Sportliches Führungsduo trotzte den Bedenkenträgern

Trainer Stefan Leitl (43) und Sportgeschäftsführer Rachid Azzouzi (50) aber ließen sich von solchen Bedenkenträgern weder im Sommer noch zu diesem frühen Saisonzeitpunkt aus der Ruhe bringen und ernten mit dem Aufstieg nun die verdienten Früchte ihrer Arbeit. So sehr die Mannschaft um Linksverteidiger David Raum (23), Fürths bester Vorlagengeber, Kapitän Branimir Hrgota (28), Top-Torjäger der SpVgg, Sturmpartner Havard Nielsen (27) und das aus Paul Seguin (26), Julian Green (25) und Sebastian Ernst (26) bestehende torgefährliche offensive Mittelfeld auf dem Platz letztlich entscheidend war, so sehr trägt der Erfolg vor allem auch die Handschrift der beiden sportlich Verantwortlichen.

Spielersteckbrief Raum
Raum

Raum David

Spielersteckbrief Hrgota
Hrgota

Hrgota Branimir

Spielersteckbrief Nielsen
Nielsen

Nielsen Havard

Spielersteckbrief Seguin
Seguin

Seguin Paul

Spielersteckbrief Green
Green

Green Julian

Spielersteckbrief S. Ernst
S. Ernst

Ernst Sebastian

Spielersteckbrief Abiama
Abiama

Abiama Dickson

Spielersteckbrief Stach
Stach

Stach Anton

Spielersteckbrief Burchert
Burchert

Burchert Sascha

Spielersteckbrief Mavraj
Mavraj

Mavraj Mergim

Rückkehr zum Fürther Weg als Erfolgsmodell

Seit Azzouzis Rückkehr zum Kleeblatt im November 2017 stehen die Mittelfranken wieder mehr denn je für die ureigenen Werte ihres Fürther Wegs. Der 50-Jährige hat die Spielvereinigung wieder zu einer attraktiven Adresse gemacht - vor allem für Talente, die dort ihre ersten oder nächsten Schritte im Profifußball machen möchten. Siehe Stürmer Dickson Abiama (22), im Sommer vom Fünftligisten SC Eltersdorf gekommen, oder Sechser Anton Stach (22), vor der Saison vom Viertligisten VfL Wolfsburg II verpflichtet - zwei Entdeckungen dieser Spielzeit, die die in sie gesetzten Erwartungen übererfüllt haben. Siehe aber auch Raum, Fürths Senkrecht- und Durchstarter dieser Saison, der wie Stach und Innenverteidiger Paul Jaeckel (22) in dieser Spielzeit in der deutschen U-21-Nationalmannschaft debütierte und dort inzwischen eine feste Größe ist.

Zusammen mit Leitl, seit Februar 2019 Chefcoach beim Kleeblatt, hat Azzouzi trotz eines schmalen Geldbeutels mit viel Fantasie und Akribie so eine Mannschaft geformt, die neben erfahrenen Säulen wie Torwart Sascha Burchert (31), Innenverteidiger Mergim Mavraj (34) und den Angreifern Hrgota und Nielsen überwiegend aus jungen Spielern mit reichlich Potenzial besteht.

Beeindruckender Teamgeist, unerschütterlicher Glauben, unersättlicher Erfolgshunger

Dass die Mannschaft dieses abgerufen und sich so famos entwickelt hat, ist das Verdienst von Leitl und seinem Assistenten Andre Mijatovic. Mit ruhiger Hand und kühlem Kopf hat das Trainergespann die in dieser Saison jüngste Zweitligatruppe zu einem der spiel- und offensivstärksten Teams im Unterhaus geformt. Und, neben aller fußballerischen Weiterentwicklung mindestens genauso wichtig: Die beiden haben es geschafft, einen beeindruckenden Teamgeist, unerschütterlichen Glauben an die eigenen Stärken und schier unersättlichen Erfolgshunger innerhalb des bewusst klein gehaltenen Kaders entstehen zu lassen. Mit der Folge, dass Fürth in vielen Partien imponierende Nehmer- und Comeback-Qualitäten zeigte, oftmals spät und vor allem konstant wie keine andere Mannschaft in der 2. Liga punktete (nur sechs Niederlagen).

Weg der Kontinuität ist gesichert

Azzouzi und Leitl haben das verwelkte Kleeblatt aus den Vorjahren, als der Klassenerhalt erst am letzten Spieltag (2017/18) und im Saisonendspurt (2018/19) geschafft worden war, also schrittweise aufgepäppelt (Rang 9 im Vorjahr) und wieder zum Blühen gebracht. Leitls Vertrag gilt bis Juni 2023, die Arbeitspapiere von Azzouzi und seines Kollegen Holger Schwiewagner, seit 2012 Geschäftsführer für den kaufmännischen Bereich, sind erst in dieser Woche "sehr langfristig", so der offizielle Sprachgebrauch der Spielvereinigung, verlängert worden. Der eingeschlagene Erfolgsweg der Kontinuität ist also weiter gesichert.

Der zweite Bundesligaaufstieg der Vereinsgeschichte - die Saison 2012/13 blieb Fürths bisher einzige im Oberhaus - verschafft dem Kleeblatt allein schon aufgrund der deutlich höheren TV-Gelder mehr finanziellen Spielraum, gerade im Hinblick auf die in diesem Sommer auslaufenden Verträge von etwa Hrgota und Nielsen mit Sicherheit kein Nachteil... Ins finanzielle Risiko gehen die Franken deswegen aber nicht, vielmehr soll das Erfolgsmodell des Fürther Wegs auch in der Beletage fortgesetzt werden.

Wieder sind kluge und fantasievolle Lösungen gefragt

Spannend zu beobachten wird sein, ob Leitl auch eine Etage höher an seiner Idee von einem dominanten, kombinationsfreudigen Ballbesitzfußball festhalten wird. Fest steht indes schon jetzt: Für das Kleeblatt wird es als Aufsteiger (erst einmal) einzig und allein um den Kampf gegen den Abstieg gehen. Und das erneut mindestens ohne drei Leistungsträger: Raum (TSG Hoffenheim), Jaeckel (Union Berlin) und Ernst (Hannover 96) verlassen die SpVgg im Sommer ablösefrei. Wieder wird es für Azzouzi und Leitl also darauf ankommen, kluge und fantasievolle Lösungen zu finden. Gelingt dem Duo das, ist der Klassenerhalt nicht ausgeschlossen. Wie man die gesamte Liga positiv überrascht, hat Fürth ja schließlich erst in dieser Spielzeit eindrucksvoll bewiesen.

Zum Spielbericht: In Unterzahl - Green und Abiama schießen Fürth in die Bundesliga

Fabian Istel

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