Bayer 04 Leverkusen wusste selbst nicht genau, wie ihnen geschah. 45 Minuten lang hatte der SC Freiburg offensiv quasi nicht stattgefunden, sich keine einzige Chance herausgespielt. Leverkusen schien alles im Griff zu haben - und lag kurz nach Wiederanpfiff doch hinten.
Für die gesperrten Bakker und Hincapie, die beim 3:0-Sieg über Mainz jeweils Gelb-Rot gesehen hatten, brachte Bayer-Coach Gerardo Seoane Sinkgraven und Kossounou - und der setzte sich früh in Szene. Von der rechten Innenverteidigerposition aus startete der Ivorer ein energisches Solo über den halben Platz und suchte schließlich Schick. Der konnte den Ball ebenso wenig kontrollieren wie danach Gulde, der schließlich unfreiwillig für Demirbay vorlegte - 1:0 für Leverkusen (16.).
Sallai früh ausgewechselt
Es war der erste temporeiche Angriff in einem zuvor gemächlich startenden Spiel. Freiburgs Trainer Christian Streich hatte im Vergleich zum 1:0 über den VfL Bochum defensiveres Personal gewählt, Gulde anstelle von Doan gebracht und auf Dreierkette umgestellt - war aber früh im Spiel schon wieder zum Wechseln gezwungen: Sallai wurde von Tah unglücklich mit dem Fuß im Gesicht getroffen und musste auf einer Trage vom Feld gebracht werden, für ihn kam Jeong (9.).
Bundesliga, 5. Spieltag
Ohne den Ungar trat die Freiburger Offensive im ersten Durchgang praktisch nicht in Erscheinung. Leverkusen wirkte in einem kampfbetonten Spiel mit vielen Unterbrechungen deutlich gefährlicher, verdiente sich die Führung quasi im Nachhinein und erspielte sich gegen Ende der ersten Hälfte noch eine Reihe guter Möglichkeiten: Flekken parierte stark gegen Schick (35.) und Diaby (41.), Andrichs abgefälschte Direktabnahme sauste knapp vorbei (43.).
Doppelschlag nach der Pause: Freiburg plötzlich vorne
Streich reagierte zur Pause auf die maue offensive Leistung seines Teams, wechselte doppelt und stellte um auf 4-2-3-1. Seine Mannschaft kam wie verwandelt aus den Kabinen - und lag plötzlich vorne: Zunächst köpfte Ginter eine Grifo-Ecke wuchtig zum Ausgleich ein (48.), dann nutzte Jeong einen haarsträubenden Patzer von Tapsoba zu einem Querpass auf Gregoritsch, der Freiburg aus kurzer Distanz in Führung brachte (51.).
Freiburg eiskalt: Doan kontert Schick
Seoane agierte mit einem Dreifachwechsel auf den unvermittelten Rückstand, stellte ebenfalls auf Viererkette um und brachte unter anderem Hudson-Odoi zu seinem Bundesliga-Debüt (60.). Der brauchte nur fünf Minuten, um seinen ersten Scorerpunkt beizusteuern: Eine schöne Halbfeldflanke des Jokers landete auf dem Kopf von Schick, der sich gegen Grifo und Ginter durchsetzte und sein erstes Saisontor erzielte (65.).
Leverkusen rannte nun weiter an und war drauf und dran, die Partie erneut zu drehen - doch das Tor machte Freiburg. Eine Günter-Ecke verlängerte Höfler am ersten Pfosten mustergültig zum eingewechselten Doan - dritte Chance, drittes Tor für eiskalte Freiburger (72.).
Leverkusen bleibt glück- und ideenlos
Ganz anders Leverkusen, das zwar weiter anrannte, aber im Abschluss glücklos blieb: Ein abgefälschter Frimpong-Schuss rollte knapp neben das Tor (76.). In den letzten Minuten gingen den Hausherren dann zunehmend Kraft und Ideen aus, Freiburg brachte den am Ende schmeichelhaften Erfolg über die Zeit und kürte sich zum neuen Tabellenführer.
Bevor sie die Spitzenposition verteidigen können, geht es für den SC Freiburg am kommenden Donnerstag (21 Uhr) in der Europa League gegen Qarabag Agdam aus Aserbaidschan. Leverkusen gastiert am Mittwoch (21 Uhr) zum Auftakt der Champions-League-Gruppenphase bei Club Brügge.