Motorsport

Lexus RZ 450e: Erste Testfahrt im neuen Elektro-Crossover

Preise ab 68.000 Euro - Allradantrieb und 313 PS - Marktstart im April

Lexus RZ 450e: Erste Testfahrt im neuen Elektro-Crossover

Lexus RZ 450e: Dieser Farbkombination nennt sich Sonic Copper Bitone.

Lexus RZ 450e: Dieser Farbkombination nennt sich Sonic Copper Bitone. Hersteller

Lexus hat es nicht leicht in Deutschland. Während die feine Toyota-Tochter in Ländern wie den USA als Inbegriff von Luxus gilt, wird sie bei uns, in der Höhle der Premium-Löwen Audi, BMW und Mercedes, selbst nach über 30-jähriger Marktpräsenz noch immer nicht als ebenbürtig wahrgenommen. Gerade einmal 2746 Einheiten konnte man 2022 neu zulassen, das ist bestenfalls ein Achtungserfolg. Zum Vergleich: VW hat im letzten Jahr 480.967 Neuzulassungen verzeichnet.

Dennoch hält Lexus ebenso tapfer wie unverdrossen am deutschen Markt fest und hat - anders als Nissans Edelmarke Infiniti - nicht aufgegeben. Marketingtechnisch versucht man, aus der Not eine Tugend zu machen: "Wir sind eine Boutique-Marke", erklärt Nadine Busch, die Lexus in Deutschland als Generalmanagerin vorsteht. Klein, aber fein soll das bedeuten, ein Dasein in einer exklusiven Nische.

Ausschließlich elektrisch

Im Schaufenster steht ab dem 17. April auch der RZ 450e. Nach dem UX 300e ist er das zweite vollelektrische Modell von Lexus, aber gleichzeitig das erste, das von Anfang an ausschließlich für Elektroantrieb entwickelt wurde und auf der sogenannten e-TNGA-Elektroplattform basiert, die auch die Geschwister Toyota bZ4X und Subaru Solterra nutzen.

Lexus RZ 450e

Auffälliges Detail: Der Dachspoiler ist zweigeteilt. Hersteller

Der RZ 450e ist ein sehr schöner, optisch ausdrucksstarker Stromer geworden. Er stellt sich als Crossover mit coupéhaft sportlicher Attitüde vor, lang der Radstand, kurz die Überhänge, schwungvoll die Dachlinie, prägnant der geschlossene, spindelförmige "Diabolo"-Grill an der Front. In natura wirkt der immerhin 4,80 Meter lange Japaner stattlicher, als es das Bildmaterial vermuten lässt.

Den geräumigen Innenraum hat Lexus fein hinbekommen, Verarbeitung und Materialgüte vermitteln einen standesgemäß hochwertigen Eindruck, dem Premium-Anspruch wird vollumfänglich Genüge getan, auch in digitaler Hinsicht. Leder muss draußen bleiben, anno 2023 ist Tierhaut nicht mehr der Werkstoff der Wahl, der RZ zeigt, dass vegan mindestens ebenso edel sein kann.

Extra-Wärme vom Heizstrahler

Die Türen öffnen auf Knopfdruck (wenn sich von hinten etwa ein Fahrradfahrer nähert, hält sie ein Sicherheitssystem verriegelt), das wärmedämmende Panoramadach ist dimmbar und besitzt eine Verdunkelungsfunktion, und obendrein gibt es zwei Besonderheiten: Die erste wäre die sogenannte Komfortheizung, die an die Sitzheizung gekoppelt ist und ihre wärmende Infrarotstrahlung wie eine Heizdecke über die Beine von Fahrer und Beifahrer kuschelt. Das spart Energie und macht deshalb gerade im Elektroauto Sinn. Und die zweite Spezialität betrifft das sogenannte "Yoke"-Lenkrad, auf das wir später noch zurückkommen werden.

Lexus RZ 450e

Cockpit: So sieht der Arbeitsplatz des Fahrers beziehungsweise der Fahrerin mit klassischem Lenkrad aus. Hersteller

Zunächst zur Leistung: Der RZ 450e arbeitet mit zwei Elektromotoren, der vordere entwickelt 150 kW/204 PS, der hintere 80 kW/109 PS, insgesamt ergeben sich 230 kW/313 PS und Allradantrieb, der E-Axle-Antrieb und die Direct4-Allradsteuerung sorgen dafür, dass Traktion und Kraftverteilung der jeweiligen Fahrsituation angepasst werden. Der im Wagenboden verbaute Lithium-Ionen-Akku bietet eine Bruttokapazität von 71,4 kWh. Die Reichweite hängt vom gewählten Fahrmodus (Normal, Eco, Range, Sport) ab, nach WLTP-Norm sollen maximal 440 Kilometern möglich sein. Uns erscheinen eher 350 Kilometer als realistisch, was aber noch im Rahmen einer ausführlicheren Erprobung zu verifizieren sein muss, ebenso wie der Stromverbrauch, der sich bei ersten Ausfahrten auf 21,2 kWh/100 km belief und somit deutlich über der Werksangabe (16,8 bis 18,7 kWh/100 km) lag.

Leider ohne Ladeplanung

Laut Lexus lässt sich der Akku am DC-Schnelllader mit 150 kW binnen einer halben Stunde befüllen, das übliche 11-kW-AC-Prozedere an der Wallbox soll der RZ 450e in zehn Stunden (einphasig) beziehungsweise sechseinhalb Stunden (dreiphasig) hinter sich bringen. Nicht verschweigen wollen wir an dieser Stelle, dass von den baugleichen Toyota bZ4X und Subaru Solterra zu hören ist, dass sie an der Ladesäule und da vor allem im Winter arg enttäuscht haben. Und eine navibasierte Vorkonditionierung, die den Akku zum Erreichen der Ladestation auf optimale Temperatur bringt, gibt es nicht, ebensowenig wie eine intelligente EV-Routenplanung, die Ladestopps vorschlägt oder zumindest die Ladesäulen entlang der Strecke anzeigt. Bei einem Elektroauto, zumal einem dieser Preiskategorie, ist das ein eigentlich nicht zu tolerierendes Manko und könnte für viele Käufer ein Ausschlusskriterium sein. Erst zum Jahresende soll dem im Rahmen eines Software-Updates abgeholfen werden. Immerhin: Rekuperieren ist vierstufig und unkompliziert über Lenkradwippen möglich.

Lexus RZ 450e

Talentierter Stromer: Im Fahrbetrieb bereitet der RZ 450e viel Freude. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 160 km/h begrenzt. Hersteller

Die genannten Defizite sind auch deshalb bedauerlich, weil sich der Lexus RZ 450e wirklich toll fährt. Einerseits sehr leise und sehr komfortabel, Widrigkeiten im Asphalt werden zuverlässig weggeatmet, trotz der großen Räder (unser Testwagen trug 20-Zöller) rollt der Japaner wunderbar geschmeidig ab. Andererseits gibt der RZ aber auch gern den Sportler, einfach, sicher und handlich ist er zu beherrschen, zügig geht es voran, dank des Allradantriebs auch trittfest. Zu den Sicherheitssystemen gehört ein Kamera-Auge, das über den Fahrer wacht und - sofern dieser abgelenkt erscheint - mehr Aufmerksamkeit anmahnt. Das kann bisweilen nerven.

Neuartige Lenkung

Schon die konventionelle Zahnstangenlenkung haben wir als präzisen Dirigenten empfunden. Aber da soll ja noch mehr gehen: Das sogenannte "One Motion Grip"-System verzichtet auf eine mechanische Verbindung zu den Rädern und auf eine Lenksäule. Stattdessen werden die Lenkimpulse über eine elektrische Steuerung an die Räder geschickt (Steer-by-Wire), die Lenkübersetzung passt sich dabei automatisch an die Fahrgeschwindigkeit an. Insgesamt soll die Reaktion so schneller und direkter erfolgen, dies bei gleichzeitig reduziertem Lenkaufwand - ein Übergreifen der Hand braucht es nicht mehr, der maximale Einschlag ist auf 150 Grad begrenzt.

Lexus RZ 450e

Kommt erst 2025: Steer-by-Wire-Lenkung mit Yoke-"Lenkrad". Hersteller

Der Fahrer fasst um ein sogenanntes "Yoke"-Lenkelement, das Wort "Lenkrad" vermeiden wir, denn tatsächlich handelt es sich um ein eher eckiges Teil, man kennt es so ähnlich aus der Formel 1. Auf ersten Probetouren mit einem Prototypen haben wir uns schneller als erwartet an das System gewöhnt und die Vorzüge beim Manövrieren und beim Kurvenslalom schätzen gelernt. Ob die Technik den zu erwartenden Mehrpreis von 3500 Euro wert ist - darüber kann der Kunde noch bis 2025 nachdenken, denn solange dauert es noch, bis die Feinabstimmung zur Marktreife abgeschlossen ist.

Einstweilen startet der Lexus RZ 450e zu Preisen ab 68.000 Euro, die limitierte Launch-Edition kommt auf 74.700 Euro, die praktisch vollausgestattete Luxury-Version fährt zu 78.100 Euro vor. Zu den Lexus-Zulassungszahlen dieses Jahres wird der neue Stromer gemäß Planung weitere 300 Einheiten beisteuern. Noch weitaus mehr erhofft sich die Marke indes von einem kleineren, kompakteren Elektro-Crossover, der 2024 debütieren und die Lexus-Verkaufsrate in Deutschland dann richtig nach oben treiben soll.

Ulla Ellmer

Lexus RZ 450e in Kürze:

Wann er kommt: Ab 17. April 2023 beim Händler

Wen er ins Visier nimmt: Mercedes EQE SUV, BMW iX3, Genesis Electrified GV70

Was ihn antreibt: Je ein Elektromotor an Vorder- und Hinterachse, Systemleistung 230 kW/313 PS

Was er kostet: Ab 68.000 Euro

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