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Millionen für Sturm Graz: Manager Schicker und seine besondere Geschichte

Sturm Graz und sein Sportchef Andreas Schicker

Millionen für Sturm Graz: Manager Schicker und seine besondere Geschichte

Blick für Talente: Andreas Schicker, Sportchef von Sturm Graz.

Blick für Talente: Andreas Schicker, Sportchef von Sturm Graz. IMAGO/GEPA pictures

Bereits der Anfang war spannend. Mit damals erst 17 Jahren debütierte Schicker im Oktober 2003 bei Austria Wien unter einem Trainer, der später aufstieg zum deutschen Weltmeistercoach. "Jogi war damals sehr korrekt zu uns jungen Spielern", erinnert sich Schicker nun im Gespräch mit dem kicker gern an Joachim Löw. Schicker war zwar U-21-Nationalspieler Österreichs, schaffte es aber nie ins A-Team, sondern wurde ein solider Linksverteidiger bei Klubs wie der Austria, in Ried oder bei Admira Wacker.

Doch zu seiner aktiven Karriere mit 162 Erstligaeinsätzen gehört auch eine Premiere, auf die er gern verzichtet hätte. Weil er sich im November 2014 bei einem Feuerwerksunfall schwer verletzte, war er später der erste Profi im Oberhaus, der mit einer Unterarmprothese spielte. Die rechte Hand konnten die Ärzte retten, die linke mussten sie unterhalb des Ellenbogens amputieren.

Als Profi mit Armprothese

Österreich, Sturm Graz, Andreas Schicker

Comeback mit Handicap: Andreas Schicker im Februar 2016 mit zwei seiner Armprothesen in Diensten von Wiener Neustadt. kicker

Über ein Jahr Reha absolvierte Schicker damals vor dem Comeback. "Danach habe ich noch über 50 Spiele gemacht. Darauf bin ich schon stolz", sagt er heute im Rückblick. Die lange Pause habe ihm geholfen, geduldig zu werden, auch mit Blick auf die anderen Patienten. "Ich wurde geerdet, denn mit einer verlorenen Hand gehörte ich dort zu den Leichtverletzten."

Später arbeitete er sich hoch vom Scout zum Sportlichen Leiter beim SK Sturm, was für ihn besondere Bedeutung hat. "Ich komme aus der Steiermark, mein ganzes Umfeld ist Schwarz-Weiß."

Auch deshalb widerstand Schicker im Sommer den kolportieren Lockrufen aus Salzburg, wo ein Nachfolger für Christoph Freund gesucht wurde, der zum FC Bayern wechselte. Kein Wunder, dass der große Konkurrent ihn offenbar als Nachfolger in Betracht zog, denn Schicker hat sich als gewiefter Transferstratege in Österreich längst einen Namen gemacht. Auch wenn aus Deutschland zu hören ist, dass nicht allen Kollegen und Beratern seine Verhandlungstaktik gefällt, die bisweilen in sehr späten Entscheidungen mündet.

Aber eben im Sinne des Klubs. Rasmus Höjlund (jetzt ManUnited) hatte er im Januar 2022 für zwei Millionen vom FC Kopenhagen gekauft und für ihn ein halbes Jahr später 20 Millionen von Atalanta Bergamo kassiert. Emanuel Emegha war voriges Jahr für gut drei Millionen Euro von Royal Antwerpen gekommen und zog im vergangenen Sommer für 13 Millionen Euro weiter nach Straßburg. In dreieinhalb Jahren verkaufte Graz Spieler für 40 Millionen Euro, was nicht nur in Österreich eine aufsehenerregende Summer ist.

Nach Höjlund lauern die nächsten Talente

"Wir sind als Verein sehr klar, was unsere Philosophie angeht", sagt Schicker, "unser Scouting ist dadurch sehr scharf." So versuche man so früh wie möglich, Potenzial zu erkennen, denn: "Wenn wir die eine Stufe übersehen, haben wir finanziell keine Chance mehr." Aber junge Spieler werden nicht nur geholt, sie bekommen auch Praxis. "Auch wenn wir international spielen, mauern wir nicht. Die Spieler können sich in diesem Rahmen optimal entwickeln."

In der vergangenen Saison lieferte sich Sturm Graz lange ein Duell mit Salzburg um die Meisterschaft, gewann am Ende aber immerhin den Pokal. Aktuell liegt das Team gleichauf nach Punkten mit Red Bull und könnte in der Europa League sogar noch Platz 2 in der Gruppe mit Atalanta und Sporting aus Lissabon schaffen. Selbst mit Platz 3 wäre das Ziel erreicht, erstmals seit 23 Jahren wieder in Europa zu überwintern.

Denn auch die aktuelle Mannschaft von Coach Christian Ilzer bietet laut Schicker wieder "unheimlich viel Potenzial". Der polnische Mittelstürmer Szymon Wlodarczyk (20), im Sommer für gut zwei Millionen Euro von Gornik Zabrze geholt, hat bereits fünf Tore geschossen. Mit dem Dänen William Böving (20) gibt es einen weiteren interessanten Angreifer und im linken Mittelfeld gilt Österreichs Nationalspieler Alexander Prass (22) als großes Talent. Schicker jedenfalls geht die Arbeit so schnell nicht aus.

Tobias Waidhofer, Martin Gruener

Ein Interview mit Andreas Schicker lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des kicker von diesem Montag (hier als eMagazine).