Tennis

Nadal zieht zurück: Kyrgios steht kampflos im Wimbledon-Finale

22-maliger Grand-Slam-Sieger sagt Halbfinale wegen Verletzung ab

Nadal zieht zurück, Kyrgios sendet Genesungswünsche und steht kampflos im Finale

Muss das Halbfinale in Wimbledon absagen: Rafael Nadal.

Muss das Halbfinale in Wimbledon absagen: Rafael Nadal. IMAGO/Xinhua

Rafael Nadal versuchte alles. Nachmittags quälte sich der spanische Tennis-Superstar noch auf dem Trainingsplatz - am Abend verkündete er dann traurig das Ende aller Träume vom ersten Grand Slam im Herren-Tennis seit 53 Jahren. Wegen einer schmerzhaften Bauchmuskelverletzung kann der 22-malige Grand-Slam-Turniersieger nicht zu seinem Halbfinale gegen den Australier Nick Kyrgios am Freitag antreten.

Nadals neues Ziel: Start bei den US Open

Er habe einen Riss im Bauchmuskel, sagte der 36-Jährige bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz am Donnerstagabend. "Ich habe den ganzen Tag über meine Entscheidung nachgedacht, aber es macht keinen Sinn, anzutreten." Er fühle sich "sehr traurig". Er müsse nun voraussichtlich drei bis vier Wochen aussetzen - der Start bei den US Open, die Ende August in New York beginnen, bleibt damit ein realistisches Ziel.

Kyrgios äußert sich: "Hoffen, dich bald wieder gesund zu sehen"

Durch den Rückzug Nadals steht der 27 Jahre alte Kyrgios kampflos im ersten Grand-Slam-Finale seiner Karriere. Der umstrittene Australier trifft damit am Sonntag auf den Sieger der Partie zwischen dem topgesetzten Titelverteidiger Novak Djokovic aus Serbien und Cameron Norrie aus Großbritannien.

"Unterschiedliche Spieler, unterschiedliche Persönlichkeiten", schrieb Kyrgios am Donnerstagabend auf Instagram zu einem Foto mit ihm und Nadal. "Ich hoffe, dass deine Genesung gut verläuft, und wir alle hoffen, dich bald wieder gesund zu sehen."

Nadal hatte sich bereits bei seinem Fünf-Satz-Sieg im Viertelfinale gegen den Amerikaner Taylor Fritz wegen der Verletzung behandeln lassen und entzündungshemmende Medikamente sowie Schmerzmittel erhalten. Mit dem Rückzug ist die Chance auf das Traum-Finale gegen Djokovic und den ersten Grand Slam im Herren-Tennis seit mehr als einem halben Jahrhundert vorbei. Es fehlten nur noch zwei Siege in Wimbledon und ein Triumph bei den US Open, um wie zuletzt Rod Laver 1969 alle vier großen Titel des Jahres zu holen.

Das "am meisten gesehene Match aller Zeiten" fällt aus

"Das Wichtigste für mich ist Glück, nicht Titel, auch wenn alle wissen, was ich unternommen habe, um hierherzukommen. Ich kann nicht riskieren, zwei oder drei Monate komplett raus zu sein", sagte Nadal. "Der Traum von Wimbledon ist für Rafa Nadal vorbei", titelte "As".

Vor Turnierbeginn hatte der Spanier berichtet, dass sich die chronischen Schmerzen im linken Fuß durch eine spezielle Therapie gelindert hätten. In Barcelona hatte Nadal sich einer pulsierten Radiofrequenztherapie unterzogen. Die betroffenen Fußnerven werden mit dieser Behandlung betäubt und können den Schmerzreiz nicht mehr zum Gehirn weiterleiten. Nadal leidet seit einigen Jahren am Müller-Weiss-Syndrom, einer seltenen und degenerativen Erkrankung.

Durch den Verzicht von Nadal entgeht den Tennis-Fans ein mit Spannung erwartetes Halbfinale. Kyrgios hatte in seiner gewohnt großspurigen Art das dritte Wimbledon-Duell der beiden so unterschiedlichen Stars mit markigen Worten angekündigt. "Die Partie würde jedem auf der Welt das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen", schwärmte der Australier. "Das wird wahrscheinlich das am meisten gesehene Match aller Zeiten."

Nick Kyrgios

"Bad Boy" for life? Nick Kyrgios steht nach konzentrierten Auftritten plötzlich im Wimbledon-Finale. IMAGO/Offside Sports Photography

Kyrgios lässt tief blicken - Gerichtstermin Anfang August

Nun hat Kyrgios gleich drei Tage Pause, um sich auf sein erstes Grand-Slam-Finale vorzubereiten. Nachdem der streitbare Australier mit dem Bad-Boy-Image auch in Wimbledon schon wieder mit wüsten Schiedsrichterbeschimpfungen für Aufsehen gesorgt hatte, zeigte er in Achtel- und Viertelfinale ungewohnt konzentrierte Auftritte.

Minutenlang saß Kyrgios nach dem glatten Drei-Satz-Erfolg gegen den Chilenen Cristian Garin auf seinem Stuhl und schaute ins Nichts. "Es gab einen Punkt, an dem ich beinahe fertig war mit dem Sport", erinnerte er sich in diesem Moment an dunkle Zeiten. "Ich habe dieses Jahr ja über meinen mentalen Zustand 2019 bei den Australian Open mit Selbstverletzungen und Gedanken an Selbstmord geschrieben." Dass für ihn Anfang August in Australien ein Gerichtstermin ansteht, ließ er auf Anraten seiner Anwälte unkommentiert.

dpa

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