PSG-Trainer Thomas Tuchel konnte auf seinen Stammkeeper zurückgreifen: Navas, der sich im Viertelfinale verletzt hatte, war rechtzeitig fit geworden und stand zwischen den Pfosten. Sergio Rico, der den Costa-Ricaner beim 3:0 gegen RB Leipzig im Halbfinale noch vertreten hatte, musste auf die Bank.
Genau eine Änderung an seiner Startformation im Vergleich zum 3:0-Halbfinalerfolg gegen Olympique Lyon nahm auch Bayern-Trainer Hansi Flick vor. Auf der linken Außenbahn erhielt der gebürtige Pariser Coman gegen seinen Ex-Klub den Vorzug gegenüber Perisic.
Pfostenpech für Lewandowski - Boateng muss runter
Bereits vorab hatte Flick angekündigt, das hohe Angriffspressing aus dem Viertel- und Halbfinale auch gegen PSG aufs Feld bringen zu können - und sein Team ließ diesen Worten in den Anfangsminuten Taten folgen. Die Bayern waren in den ersten Akten des Finals enorm wach und griffig, allerdings fand Paris nach rund zehn Minuten immer besser in die Partie und erspielte sich in der Folge ein leichtes Übergewicht.
Bis zur ersten Möglichkeit der Partie sollte es eine Weile dauern - doch dann ergab sich binnen weniger Minuten ein kleines Chancen-Feuerwerk: Neuer rettete mit einer überragenden Fußabwehr gegen Neymar (18.), auf der Gegenseite fehlten Lewandowski nur Zentimeter, sein Drehschuss prallte vom Innenpfosten zurück ins Spiel (22.). Wiederum im direkten Gegenzug bot sich di Maria nach cleverem Zuspiel von Herrera der nächste Hochkaräter, der Argentinier setzte seinen Versuch trotz freier Schussbahn aber deutlich zu hoch an (23.). Bitter für die Bayern: Im Vorlauf von di Marias Chance verletzte sich Boateng, der Innenverteidiger musste früh durch Süle ersetzt werden.
Mbappé vergibt Großchance - kein Elfmeter für Coman
Auf dem Feld entwickelte sich nun ein völlig offenes Duell, in dem beide Teams weiter regelmäßig zu Möglichkeiten kamen: Ein abgefälschter Herrera-Dropkick rauschte knapp rechts vorbei (29.), Lewandowski scheiterte mit einem artistischen Kopfball aus kurzer Distanz an Navas (31.).
Die Bayern kamen in dieser Phase zu einem Übergewicht in Sachen Spielanteilen, doch die Großchance auf den Führungstreffer hatte Paris: Nach einem haarsträubenden Fehlpass von Alaba und Zusammenspiel mit Herrera bot sich Mbappé eine exzellente Einschusschance, doch der Stürmer platzierte die Kugel genau in die Arme von Neuer (45.). Da Schiedsrichter Daniele Orsato Sekunden vor dem Pausenpfiff nach einem Zweikampf zwischen Kehrer und Coman im PSG-Strafraum zum Ärger der Bayern nicht auf Elfmeter entschied (45.+1), trafen auch die Münchner im ersten Durchgang nicht mehr - erstmals in einem Pflichtspiel seit dem Re-Start der Bundesliga.
Ausgerechnet Coman: Ein Ex-Pariser veredelt Kimmichs Maßflanke
Nach dem Seitenwechsel beruhigte sich das Geschehen vor den Toren zunächst etwas - aber auch nur dort. Einige Nickligkeiten und Fouls erhielten Einzug, nach einem Foul von Gnabry an Neymar kam es sogar zu einer Rudelbildung (52.). Mitten hinein in die zumindest spielerisch ruhigste Phase der Partie schlugen dann die Bayern zu: Müller legte eine Gnabry-Flanke zu Kimmich ab - und dem Nationalspieler gelang eine Zuckerflanke auf Coman. Der gebürtige Pariser, der bei PSG seine ersten Profi-Spiele absolviert hatte, war ungedeckt und köpfte gegen die Laufrichtung von Navas ins lange Eck (59.).
Vor allem der Torschütze drehte in den Folgeminuten so richtig auf, die Bayern verpassten es aber, die Unordnung in der PSG-Abwehr nach dem Führungstreffer auszunutzen. Nachdem sich die Franzosen allmählich fingen, schaltete Bayern in den Defensivmodus um. Die Flick-Elf verteidigte die Bemühungen der Franzosen größtenteils geschickt, hatte aber auch einen glänzend aufgelegten Schlussmann - und eine gehörige Portion Glück: Zunächst zeigte Neuer gegen Marquinhos seine zweite herausragende Fußabwehr des Tages (70.), wenige Minuten später stand Schiedsrichter Orsato im Fokus: Kimmich hatte Mbappé im Bayern-Strafraum getroffen, der italienische Unparteiische versagte Paris jedoch den Elfmeterpfiff (73.).
Choupo-Moting lässt die letzte Chance liegen
Bei Paris schienen in der Endphase die Kräfte zu schwinden, die ganz große Schlussoffensive der Tuchel-Elf blieb aus - und doch hätte PSG in der Nachspielzeit beinahe noch die Verlängerung erzwungen: Nach feinem Steckpass von Mbappé legte Neymar den Ball an Neuer vorbei in den Fünfmeterraum, wo der eingewechselte Choupo-Moting die Kugel mit ausgestrecktem Bein aber nicht traf (90.+2) - die XXL-Möglichkeit blieb ungenutzt, die Bayern brachten den Erfolg über die Zeit.
Der deutsche Rekordmeister machte nach den Titelgewinnen in Meisterschaft und Pokal damit das Triple in der nun abgeschlossenen Saison perfekt. Bemerkenswert: Alle elf Spiele der Champions-League-Saison 2019/20 haben die Bayern gewonnen - eine Leistung, die in der Geschichte des Europapokals noch keinem Team gelungen ist.