Nordost

Rot-Weiß Erfurt ist zurück auf der Fußball-Landkarte

Hochgefühl nach schwerer Zeit

Rot-Weiß Erfurt ist zurück auf der deutschen Fußball-Landkarte

Fabian und Franz Gerber: Das Vater/Sohn-Duo hat den FC Rot-Weiß Erfurt zurück in die Erfolgsspur geführt.

Fabian und Franz Gerber: Das Vater/Sohn-Duo hat den FC Rot-Weiß Erfurt zurück in die Erfolgsspur geführt. IMAGO/Bild13

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Zumindest für eine Nacht hätte der FC Rot-Weiß Erfurt sogar die Tabellenspitze der Regionalliga Nordost übernehmen können. Aber auch so fand Trainer Fabian Gerber (42) trotz des 1:1 beim Schlusslicht in Halberstadt noch ein paar positive Aspekte, die die überraschende Entwicklung des Aufsteigers dokumentieren. "Wir sind trotz des Rückstandes nie unruhig geworden, haben Moral und Charakter bewiesen und die zweite Halbzeit klar dominiert. Viele Mannschaften hätten nicht mehr den Ausgleich geschafft. Aber wir haben den Punkt erzwungen", sagte der ehemalige Bundesligaprofi.

Acht Siege aus 13 Spielen und nur zwei Niederlagen sind längst kein Zufall mehr. Aber von der Euphorie lässt sich die mit dem Saisonziel Klassenerhalt gestartete Mannschaft (noch) nicht anstecken: "Wenn wir 40 Punkte erreicht haben, können wir neue Ziele formulieren. Aber erst dann", so Kapitän Andrej Startsev.

Über allem steht Investor Franz Gerber, der seit Sommer 2020 als Geschäftsführer die Geschicke der damals neu gegründeten FC Rot-Weiß Fußball GmbH leitet und den Klub nach zwei schwierigen Oberliga-Jahren zurück in die 4. Liga geführt hat. "Erfurt ist zurück auf der deutschen Fußball-Landkarte", sagt der Ex-Profi und einstige Manager von Hannover 96, der mit dem FC Rot-Weiß auf lange Sicht zurück in die 3. Liga will.

Seitdem er im Sommer 2021 seinen Sohn Fabian für das Projekt in Erfurt begeistern konnte, ging die sportliche Entwicklung nach oben. Trotz bescheidener Möglichkeiten - für den Regionalliga-Kader stehen 850.000 Euro zur Verfügung - haben Vater und Sohn bereits im vergangenen Winter das Aufgebot entscheidend ergänzt. Mit 19 Siegen in Serie schaffte Erfurt schließlich als Oberliga-Staffelsieger die Regionalliga-Rückkehr.

Wir wissen, wo wir herkommen, und achten genau darauf, dass keiner abhebt.

Trainer Fabian Gerber

Im Sommer wurde die Mannschaft noch einmal gezielt verstärkt. Ein wichtiger Baustein im jungen Kader - Durchschnittsalter 22,4 Jahre - ist Torhüter Franco Flückiger. Der 31-Jährige übernahm auf der Stelle die ihm zugedachte Führungsrolle und gilt als wichtige Stütze der Abwehrreihe. All das ist auch an Zahlen ablesbar. In 13 Spielen kassierte die kompakte Erfurter Defensive erst neun Gegentreffer. Nur der FC Carl Zeiss Jena kommt mit bislang sieben Gegentoren auf einen besseren Wert.

Längst hat sich die Erfurter Mannschaft auch durch ihr aggressives Umschaltspiel einen Namen gemacht. Ist erst einmal der Ball erobert, geht es ganz schnell. "Jedes Mal, wenn du gegen Erfurt den Ball verlierst, wird es brutal gefährlich. Das ist ein Umschaltspiel, das ich in der Liga noch nicht gesehen habe", staunte jüngst Trainer Heiner Backhaus, nachdem er mit seinem BFC Dynamo beim Aufsteiger mit 1:4 unter die Räder gekommen war. Doch der FC Rot-Weiß ist nicht nur wegen seines hohen Tempos schwer auszurechnen. Die bislang in dieser Spielzeit 28 erzielten Tore verteilen sich auf zehn verschiedene Schützen. Diesen attraktiven Offensivfußball honorieren auch die Fans. Beim 4:1 gegen Staffelsieger BFC Dynamo kamen 5900 Zuschauer ins Erfurter Steigerwaldstadion. Vom Thüringen-Derby gegen Jena mit 12.000 Besuchern abgesehen ein Wert, der zuletzt im Sommer 2018 erreicht wurde.

Spiele bis zur Winterpause

Es ist aber nicht so, dass es für den FC Rot-Weiß in dieser Saison nur bergauf ging. Das bittere Zweitrunden-Aus im Landespokal gegen Thüringenligist Wismut Gera (0:1) war ein Tiefschlag. Aber nur eine Woche später bewies die Mannschaft beim 3:0-Punktspielsieg in Chemnitz, wie gefestigt sie ist. Auch das liegt vor allem an Trainer Gerber. Mal ist er Kumpel, dann gibt er den harten Hund. "Es kommt immer auf die Situation an. Die gesunde Mischung macht es", sagt der 42-Jährige über die Zusammenarbeit mit den Spielern: "Im richtigen Augenblick muss man auch die Zügel anziehen. Jeder Spieler weiß, dass ich 24 Stunden für ihn erreichbar bin, wenn es ein Problem gibt."

Vor allem lebt er Bodenständigkeit vor. "Wir wissen, wo wir herkommen, und achten genau darauf, dass keiner abhebt." Gerade erst bestätigte ihn das 1:1 in Halberstadt, dass der FC Rot-Weiß beim Weg zurück in Liga 3 erst ganz am Anfang steht.

Axel Lukacsek

Die Trainer in der Regionalliga Nordost