EM

Vom Nachrücker zum Europameister: Das dänische EM-Märchen von 1992

Heute vor 30 Jahren: Der Nachrücker schlägt Deutschland im Finale

Vom Nachrücker zum Europameister: Das dänische EM-Märchen von 1992

Fußballmärchen: Flemming Povlsen küsst den Pokal.

Fußballmärchen: Flemming Povlsen küsst den Pokal. imago images/Sven Simon

Stürmer Flemming Povlsen zum Beispiel, damals bei Borussia Dortmund angestellt, war mit seinem Klub bei einer Freundschaftsspiel-Tour unterwegs, als ihn der Ruf aus der Heimat erreichte. Weil das Team aus Jugoslawien wegen des Bürgerkrieges ausgeschlossen wurde, rückten die Skandinavier nach.

"Ich hatte erst tatsächlich einige Bedenken, ob ich da wirklich hinfahren sollte, so ganz ohne richtige Vorbereitung", erinnert sich der Offensivspieler. "Da kannst du natürlich auch schon mal kräftig eins auf die Mütze kriegen."

EM 1992, Finale

Das aber passierte nicht. Denn auch wenn sie sich nicht für das Endturnier qualifziert hatte, war die Truppe aus Dänemark durchaus mit exzellenten Fußballern bestückt, die relativ entspannt und ohne große Erwartungen zu dem Turnier anreisten und sich als außergewöhnliche Einheit zeigten.

"Wir waren ja schließlich keine Amateure, die irgendwo auf der Wiese gekickt haben", sagt Povlsen. Mit einem ungewöhnlichen Zusammenhalt bewältigten die Dänen ihre Aufgaben, und es entstand der Ruf von Danish Dynamite, einer Mannschaft, die sich nicht unterkriegen lässt.

Richtig ist tatsächlich auch, dass Trainer Richard Möller-Nielsen seine Jungs gewähren ließ, als sie eines Abends spontan auf die Idee kamen, sich bei McDonald's ein eher ungesundes Mahl zu gönnen. "Eine Randgeschichte, die im Nachhinein natürlich immer sehr übertrieben wurde. Aber vor dem Abschlusstraining zum Halbfinale gegen Holland sind wir tatsächlich bei McDonald's eingekehrt", sagt Povlsen.

Vorbereitungszeit von nur acht Tagen - Geburt von Danish Dynamite

Karl-Heinz Riedle gegen Dänemark John Jensen

Deutschlands Karl-Heinz Riedle gegen Dänemark John Jensen. imago/Horstmüller

Möller-Nielsen hatte ein glückliches Händchen, die Mannschaft auch in der kurzen Vorbereitungszeit von nur acht Tagen zumindest auf das Ziel einzuschwören, ein gutes Bild bei der Endrunde abzugeben. Nicht ganz überraschend missriet dann allerdings der Start: Nach einem 0:0 gegen England und dem 0:1 gegen Gastgeber Schweden schien das Aus schon besiegelt. Doch in einer bemerkenswerten Partie setzten sich die Dänen mit 2:1 gegen Frankreich durch und schafften den sensationellen Einzug ins Halbfinale.

Dabei half nicht nur gute Laune und eine gewisse Unbekümmertheit. Die lustigen Skandinavier besaßen auch glänzende Einzelkönner wie zum Beispiel Povlsen, Brian Laudrup vom FC Bayern und Torjäger Henrik Larsen, und zur spielerischen Klasse gesellte sich dann auch ein wenig Glück, als dem Holländer Marco von Basten im Halbfinale im Elfmeterschießen die Nerven versagten und die Dänen tatsächlich ins Finale einzogen.

Da zündete dann Danish Dynamite so richtig, mit schwungvollen Angriffen und einem überragenden Torhüter Schmeichel im Kasten. Mit 2:0 fertigten sie Weltmeister Deutschland ab und holten sich tatsächlich den Titel.

Den großen Zusammenhalt dieser Truppe belegt auch die Zeit nach diesem bemerkenswerten Turnier. Immer wieder am 26. Juni eines Jahres kommen die Spieler mit ihren Frauen und Kindern zusammen und feiern den Erfolg von damals, manchmal mit einem munteren Spielchen, viel Musik - und ab und zu sicher auch ein paar Burgern.

(Dieser Artikel erschien erstmals im Juni 2017)

Oliver Bitter