Bundesliga

Wirklich, Herr Sportdirektor?

Kommentar zur Schmid-Ablöse

Wirklich, Herr Sportdirektor?

Manuel Ortlechner muss sich nach einem neuen Trainer umsehen.

Manuel Ortlechner muss sich nach einem neuen Trainer umsehen. GEPA pictures

Wirklich, Herr Sportdirektor? Manfred Schmid musste also gehen, weil er der Entwicklung der Wiener Austria im Weg gestanden ist. Die Austria, wird Manuel Ortlechner im "Standard" zitiert, müsse "eine gewisse Art Fußball spielen. Und das darf kein Zweckfußball sein." Okaaay.

Meint der Sportdirektor den Zweckfußball, der die Zuschauerzahlen in Wien-Favoriten auf einen seit Jahrzehnten nicht gekannten Schnitt von 10.800 hochschnellen hat lassen? Meint er schon den Zweckfußball, bei dem den Fans das violette Herz so aufgeht, dass die Austria in den vergangenen Monaten kaum nachkam, neue Abo- und Mitgliederrekorde zu vermelden? Dass Manfred Schmids Fußball in der Vorsaison (mit der halben Young-Violets-Truppe) den Zweck erfüllt hat, die maroden Violetten in den Europacup zu bringen und dort für dringend notwendige Zusatzeinnahmen zu sorgen, war dem Sportdirektor aber schon auch recht, oder? Und es war schon auch er, der kopfnickend bei jener Antritts-Pressekonferenz neben dem Trainer saß, bei der dieser die heute geflügelten Worte von den "zwei Sch…-Jahren" ins Mikrofon sagte?

Vielleicht meint der Sportdirektor ja aber auch die zweckentfremdende Aufstellung des rechten Verteidigers Marvin Martins auf der linken Seite. Oder des gelernten Stürmers Manuel Polster auf eben dieser Position. Oder des 19-jährigen Linksaußen Mario Kreiker. Vielleicht missfiel dem violetten Sportdirektor ja auch, dass der Trainer mitunter mit einer falschen Neun operierte, wo er doch gut 1,5 Millionen Euro (Ablöse plus Gage) in die große Stürmerhoffnung Marko Raguz investierte, die nie zum Einsatz kam. Ach so, für diesen Zweck hätte er - wie der ebenfalls verletzt verpflichtete Linksverteidiger Baltaxa - fit sein müssen. Wie man angesichts solcher Hypotheken im ohnehin dünnen Kader der Europa Conference League einen Haxen ausreißen hätte sollen, hat der Sportdirektor den Klubchefs sicher schlüssig erklärt.

Die andere große Sorge des Sportdirektors galt offenbar den mangelnden Fähigkeiten Schmids, Spieler zu entwickeln. "Wir haben nichts mehr zu verkaufen. Die Anteile sind veräußert, der Brustsponsor vergeben. Wir sind gezwungen, international zu spielen und Transfereinnahmen zu lukrieren", fordert Ortlechner von seinem Trainer verkaufsfertige Produkte (nicht so wichtig war der Wiederverkaufswert, als es darum ging, den 33-jährigen Taufpaten des eigenen Sohnes unter Vertrag zu nehmen).

Bei den vielen Baustellen, die er sonst noch im Klub hat, muss er glatt übersehen haben:

- Dass Matthias Braunöder genau drei Bundesliga-Minuten in den Beinen hatte, als Manfred Schmid vor 18 Monaten übernommen hat. Heute ist der 20-Jährige (RB Salzburg immer ausgenommen) das begehrteste Juwel der Liga mit einem Marktwert von 3,5 Millionen Euro. Tendenz stark steigend.

- Dass Dominik Fitz schon den Weg vieler Austria-Talente der vergangenen Jahre eingeschlagen hatte - nämlich den nach unten. Unter Manfred Schmid wurde der 23-Jährige zum Spieler der Herbstsaison. Er hat nicht nur seinen Marktwert auf zwei Millionen (mehr als) verdoppelt, keiner verkörpert auch die Tradition des Austria-Spieles so wie er. Wenn er ab Jänner wieder Gegenpressing-Fußball betreiben darf, wie es den Austria-Granden vorschwebt, kann man ihm jetzt schon viel Spaß wünschen. Dann ist es vielleicht besser, der Sportdirektor verkauft ihn gleich im Winter.

- Dass Mandi Fischer ein Durchschnittskicker bei Nachzüglerklubs wie Hartberg oder Altach war, ehe Schmid ihn zum Herz der Austria-Mannschaft machte.

- Dass auch Aco Jukic und Can Keles ihren Marktwert verdoppelt haben. Dass Schmid mit (den derzeit verletzten) Muki Huskovic und Ziad El Sheiwi zwei weitere Talente zur Bundesliga-Reife geführt hat.

Und wofür gibt die Austria das alles auf? Für einen modernen Pressing-Fußball, für den es erst die richtigen Spieler zu finden gilt und mit dem man schon unter Christian Ilzer Schiffbruch erlitten hat. Dafür nimmt man in Kauf, dass Fans scharenweise ihre Mitgliedschaft aufkündigen. Und das in der finanziellen Lage, in der sich die Austria befindet. Man kann ihr nur viel Glück wünschen. Und Manuel Ortlechner, dass er sich bald von Investor Jürgen Werner emanzipiert.

Horst Hötsch

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