Bayern Münchens Trainer Jupp Heynckes hatte beim 0:0 gegen Mainz einigen arrivierten Kräften eine Verschnaufpause gegönnt und wechselte folglich auf fünf Positionen: Lahm, Luiz Gustavo, Kroos, Ribery und Gomez kamen anstelle von Rafinha, Contento, Tymoshchuk, Müller und Olic. Für Schweinsteiger war es ein besonderes Spiel, bestritt der 27-Jährige doch sein 75. Europapokalspiel.
Real-Coach José Mourinho hatte in der Liga beim 3:1 gegen Gijon Fabio Coentrao, Xabi Alonso, di Maria und Benzema geschont. Alle vier liefen in der ausverkauften Allianz-Arena von Beginn an auf. Marcelo, Sahin, Callejon und Higuain mussten weichen. Der Ex-Münchner Altintop schaffte es nicht in den Kader der Königlichen.
Für die Bayern ging es gar nicht gut los. Früh geriet der Bundesliga-Zweite unter Druck und wurde von den technisch versierten Madrilenen in der eigenen Hälfte fast eingeschnürt. Nach sieben Minuten musste Neuer dann sein ganzes Können aufbieten, um gegen Benzema den frühen Rückstand zu verhindern.
Die Halbfinal-Hinspiele
Es war ein temporeiches und technisch sehenswertes Spiel, dem es aber auch an intensiven Zweikämpfen nicht mangelte. Es war also Pfeffer drin. Nach einer Viertelstunde sorgte Ribery, der sich im gegnerischen Sechzehner während eines Duells mit Sergio Ramos freiwillig fallen ließ, dafür, dass es noch emotionaler wurde. Schiedsrichter Howard Webb aus England verweigerte dem Franzosen jedoch den gewünschten Strafstoß. Kurz darauf standen dieselben Protagonisten wieder im Mittelpunkt: Kroos zog eine Ecke von links nach innen, Sergio Ramos wollte klären, legte aber nur für Ribery auf. Der Franzose zimmerte den Ball kraftvoll in die Maschen zum 1:0. Der Treffer hätte aber nicht zählen dürfen, weil der im Abseits stehende Luiz Gustavo Casillas ganz klar die Sicht genommen hatte, was Webb aber entgangen war (17.).
Bayern machen aus einer glücklichen eine verdiente Führung
In der Zange: Madrids Pepe und Sergio Ramos (re.) gegen Gomez. Getty Images
Zu diesem Zeitpunkt war es eine glückliche Führung für den Rekordmeister, der sie sich in der Folge aber redlich verdiente. Die Münchner wurden stärker und ergriffen das Kommando - Schweinsteiger sorgte mit einem zu ungenauen Fernschuss für den nächsten Aufreger (27.). Der FCB investierte mehr, war giftiger, musste aber dennoch stets auf der Hut sein. Dafür war die individuelle Klasse der Spanier einfach zu groß, was Cristiano Ronaldo nach 29 Minuten mit einem etwas zu ungenauen Schuss unter Beweis stellte.
Es war ein unterhaltsames Duell, auch weil sich beide Mannschaften ungewohnte Fehler im Spielaufbau erlaubten. Weil aber Benzema an Neuer scheiterte (40.) und auf der Gegenseite Gomez im Eins-gegen-eins in Casillas seinen Meister fand (41.), blieb es allerdings bei dem knappen 1:0 zur Pause aus Sicht der Bayern.
Nach dem Seitenwechsel schien zunächst alles so, als würden die Münchner das Duell im Griff haben. Über Robben setzten sie dann auch das erste Ausrufezeichen in den zweiten 45 Minuten (52.). Wenige Sekunden danach folgte jedoch der Totalaussetzer! Bei einem Konter vergab der freistehende Cristiano Ronaldo noch kläglich gegen Neuer, doch die Bayern hatten zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschaltet, während Real weiter machte. Benzema passte von rechts flach an den zweiten Pfosten zu Cristiano Ronaldo, der zu Özil quer legte - 1:1 (63.). Wettbewerbsübergreifend war es der 158. Treffer der Madrilenen, die damit die 52 Jahre alte Bestmarke der legendären Mannschaft um Ikone Alfredo di Stefano einstellte.
FCB erhöht den Druck und belohnt sich in der Schlussminute
Spätes Glück: Die Bayern jubeln, die Madrilenen schauen bedröppelt aus der Wäsche. Getty Images
Der FCB reagierte auf den Ausgleich mit erhöhtem Druck, Heynckes mit der Hereinnahme von Müller - Schweinsteiger ging raus. Real zog sich indes immer weiter zurück und machte den Anschein, als wäre man mit dem Remis zufrieden. Das unterstrich Mourinho, indem er Linksverteidiger Marcelo für Spielmacher Özil brachte. Die Begegnung wurde ruppiger und die Madrilenen handelten sich einige Gelbe Karten ein, obwohl Webb eine durchaus weichere Linie pfiff.
In der Schlussphase entwickelte sich eine einseitige Partie, die sich fast nur noch in der Hälfte der Königlichen abspielte. Die Bayern hatten fortan klare Feldvorteile, mehr Ballbesitz, aber kaum echte Torchancen. Bis auf Gomez' zu ungenauen Kopfball (73.) kamen die Münchner nicht zu zwingenden Abschlüssen. Vor allem Gomez stemmte sich nun aber gegen das Unentschieden und avancierte in der 90. Minute zum Held des Abends: Lahm vernaschte Fabio Coentrao gekonnt auf der rechten Seite, flankte flach nach innen zum eben erwähnten Gomez, der sich dynamisch durchtankte und den Ball aus kurzer Distanz zum vielumjubelten 2:1-Siegtreffer über die Linie drückte.
Bevor im Santiago Bernabeu am Mittwoch, den 25. April, das Rückspiel auf dem Programm steht, müssen beide Mannschaften noch in ihrer jeweiligen Liga ran: Die Bayern gastieren am Samstag in Bremen. Für Real steht am Abend des gleichen Tages der "Clasico" gegen Erzrivale FC Barcelona an - für das "Weiße Ballett" könnte das die Vorentscheidung im Hinblick auf die Meisterschaft werden.