Geschafft! Mit dem dritten Matchball hat sich die deutsche Mannschaft endgültig für die WM 2002 qualifiziert. "Die Mannschaft hat ein exzellentes Spiel abgeliefert. Sie hat immer Druck gemacht und nicht nachgelassen", sagte Oliver Bierhoff nach dem Abpfiff.
In einem verglichen mit den letzten Auftritten kämpferisch und teilweise auch spielerisch enorm verbesserten Entscheidungsspiel zeigte die deutsche Mannschaft, dass sie mit guter Tagesform in Europa nur wenige Gegner zu fürchten hat. Dieser Sieg über allerdings in allen Belangen enttäuschende Ukrainer muss Selbstvertrauen, auch für die WM, geben; er sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass gerade diese Mannschaft in den letzten Jahren etliche Enttäuschungen fabriziert hatte.
Den Grundstein legte die deutsche Nationalmannschaft bereits in einer ersten Halbzeit, die der beste Einstieg in ein wichtiges Spiel seit vielen Jahren war. So schnell und so klar war die Nationalmannschaft letztmals am 13. 10. 1993 in Führung geangen, als es in Karlsruhe gegen Uruguay schon nach zwölf Minuten 3:0 stand (Tore: Buchwald, Möller, Riedle). Jeder einzelne Spieler unterstrich von der ersten Minute an mit unbändigem Einsatzwillen, dass er sich dem durch die gehäufte Kritik der vergangenen Wochen angestauten Druck gewachsen fühlte. Jeder Einzelne zeigte den Willen, sich in die Mannschaft zu integrieren und die eine oder andere Schmach der Vergangenheit durch dieses einzelne Spiel vergessen zu machen. Das erste Zeichen setzte Jancker, der in fast aussichtsloser Situation den Ball erkämpfte. Kurz darauf machte es Schneider dem Stürmer nach, der Nesmachny den Ball abjagte und mustergültig auf Ballack flankte, der mit dem Kopf verwandelte.
Dieser schnelle Führungstreffer war wie eine Initialzündung für eine furiose halbe Stunde, in der der deutschen Elf alles und der ukrainische Hintermannschaft so gut wie nichts gelang. Aus einer sicheren Abwehr heraus mit zwei defensiven Kräften Nowotny und Linke sowie einem auch in seinem Offensivdrang vorbildlichen Rehmer fand das Mittelfeld schnell zu Dominanz. Ramelow zeigte sich als Stratege und Ballverteiler, Hamann ergänzte ihn fast ideal, die beiden offensiven Antreiber Ballack und Schneider wirbelten fast nach Belieben.
Ein Glanzpunkt nach dem anderen setzte der neu in die Startformation gekommene Neuville, der mit seinen Rochaden nie zu greifen war und eine gefährliche Chance nach der anderen herausarbeitete. Mit dem Einsatz Neuvilles und Janckers für Asamoah und Zickler hatte Völler ins Volle getroffen. Sein Kollege Lobanowski hatte zwei Umbesetzungen (der gegen Schneider überforderte Skripnik und Parfionow für Gussin und Rebrow) eher eine Schwächung als eine Stärkung seines Teams erreicht.
Dass nach dem Doppelschlag von Neuville und Rehmer (bei beiden Treffern zeigte sich die ukrainische Abwehr völlig ohne Linie und Ordnung) die deutsche Elf in ihrem Elan auf das Tor von Lewizki ein wenig zurücksteckte, konnten die Ukrainer zu nicht mehr als einigen gefälligen Aktionen ohne wirkliche Torgefahr nutzen.
Das schnelle 4:0 nach der Pause machte die Begegnung endgültig zu einem Freundschaftsspiel. Wobei der DFB-Elf hoch anzurechnen war, dass sie auch weiterhin mit schnellen Ballpassagen und absoluter Konzentration die Zuschauer zurückzugewinnen versuchte. Dieses Tor war typisch für das gesamte Spiel: Schneider hatte sich den Ball erkämpft, flankte auf den nach vorne stürzenden Neuville, der haargenau auf den Kopf des überragenden und torgefährlichen Ballack flankte. Dieser Art, deutschen Fußball zu präsentieren, hatte die Ukraine trotz des Schönheitsfehlers durch Schewtschenkos spätes Tor nichts entgegen zu setzen.
Aus Dortmund berichten Rainer Holzschuh, Wolfgang Tobien, Rainer Franzke, Jean-Julien Beer und Jan Lustig