Milans Fokus in dieser Saison liegt ganz eindeutig auf dem Scudetto, nach dem bitteren 0:2 bei Spezia und unmittelbar vor dem Derby gegen Tabellenführer Inter am kommenden Sonntag (LIVE! ab 15 Uhr bei kicker) erst recht. Es überraschte also wenig, dass Trainer Stefano Pioli beim Zwischenrunden-Hinspiel der Europa League bei Roter Stern Belgrad zahlreichen Stammkräften eine Schonpause verordnete. So saßen unter anderem Calabria, Kjaer, Calhanoglu, Rafael Leao oder Ibrahimovic auf der Bank.
Die Mailänder Elf konnte sich aber dennoch sehen lassen, so stürmten zum Beispiel Mandzukic und Rebic, während Donnarumma das Tor hütete und Romagnoli das Team als Kapitän anführte. Sportlich entwickelte sich in Belgrad ein kurzweiliges Duell, in dem es phasenweise recht lautstark zur Sache ging. Fans waren zwar pandemiebedingt nicht zugelassen, aber bei Chancen wurden Geräusche vom Band eingespielt - so sollte halbwegs für Stimmung gesorgt werden.
Und das Band kam in den ersten 45 Minuten recht häufig zum Einsatz, um das schon mal vorwegzunehmen. In der Anfangsviertelstunde waren die Lombarden klar besser, trafen auch zweimal ins Tor, wurden aber beide Male vom VAR zurückgepfiffen: Bei Castillejo war es Abseits (6.) und bei Theo ein Handspiel von Mandzukic (12.).
Das Tonband wird strapaziert
Nach 15 Minuten wurde die Partie aber völlig offen, auch weil die von Inter-Mailand-Legende Dejan Stankovic trainierten Belgrader ihre Fesseln der Angst lösten und mutig nach vorne spielten. Beide Klubs überbrückten das Mittelfeld rasch, oft auch mit langen Bällen, und kamen zu vielversprechenden Chancen: Pankov (14.), Ivanic (21., 25.), Ben (32.) und Falcinelli (36.) sorgten für Betriebsamkeit bei Donnarumma, Krunic (19.), Rebic (22.) und Theo (29.) bei Belgrads Keeper Borjan.
Nachdem Bennacer mit Oberschenkelproblemen frühzeitig ausgewechselt werden musste (Tonali, 39.), wurde Roter Stern vom Pech erwischt: Pankov wollte Castillejos Pass auf Rebic abfangen und überwand dabei unfreiwillig seinen eigenen Schlussmann Borjan - 0:1-Halbzeitstand (42.).
Elfmeter hier, Elfmeter da - Pechvogel Pankov
Duell auf Augenhöhe: Belgrads Degenek im Zweikampf mit Castillejo (2.v.r.). imago images
Die Führung der Mailänder war nicht unverdient, hatten sie doch in diesem unterhaltsamen Spiel die reifere Spielanlage gezeigt und nicht ganz so oft überhastet agiert. Nach Wiederanpfiff erwischten die Gäste aber einen denkbar schlechten Start: Romagnoli nahm im eigenen Sechzehner gegen Falcinelli die Hand zu Hilfe, den fälligen Handelfmer verwandelte Kanga sichert im linken unteren Eck - 1:1 (52.)
Roter Stern drückte weiter aufs Tempo und war griffig in den Zweikämpfen, doch dann spielte Milan seine "Cleverness" aus: Theo drang in den Strafraum ein, suchte dort den Kontakt mit Pavkov und hob sofort ab. Der Unparteiische Anastasios Sidiropoulos zeigte auf den Punkt und blieb auch nach Rücksprache mit dem deutschen VAR Bastian Dankert bei seiner Entscheidung. Der Gefoulte trat selbst an und verwandelte sicher ins linke Eck zum 2:1 (61.).
Rodic sieht Rot - und Pavkov rettet Roter Stern
Das Tor zog den Serben den Zahn, auf einmal war die Leichtigkeit flöten - und Milan bekam mehr und mehr Kontrolle über Ball, Gegner und damit auch das Spiel. Gegessen war der Käse schließlich komplett nach 77 Minuten, als Rodic nach einem unglücklichen Foul an Kalulu die Ampelkarte sah - und Milan einen Mann mehr auf dem Platz hatte.
Die Italiener stellten auf Verwaltung um und wähnten sich schon im sicheren Hafen, doch dann gab es in der Nachspielzeit noch einmal Eckball für Roter Stern: Bei diesem schraubte sich der eingewechselte Pavkov am rechten Fünfereck hoch und köpfte ins lange Eck zum vielumjubelten 2:2. Die Serben vermieden so in letzter Sekunde eine Heimniederlage, blieben aber auch im fünften Vergleich mit Milan sieglos (0-2-3). Das dürfte Stankovic & Co. ob des Spielverlaufs an diesem Abend allerdings herzlich wenig interessieren.