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Vergewaltiger auf Vereinssuche

England: Oldham gibt Druck nach und verpflichtet Evans nicht

Vergewaltiger auf Vereinssuche

Sein Wechsel zu Oldham Athletic ist am Donnerstag im letzten Moment geplatzt: Ched Evans.

Sein Wechsel zu Oldham Athletic ist am Donnerstag im letzten Moment geplatzt: Ched Evans. picture alliance

Chedwyn "Ched" Evans ist 26 Jahre alt und Stürmer, er wurde bei Manchester City ausgebildet und spielte bis zum Frühjahr 2012 bei Sheffield United. Dass ihn in England jeder Fußballfan kennt, hat aber damit zu tun, dass er seit April 2012 noch etwas anderes ist: ein verurteilter Vergewaltiger, der am 17. Oktober 2014 nach zweieinhalb Jahren aus der Haft entlassen wurde. Darf so jemand in den Fußballzirkus zurückkehren?

Dem Gericht zufolge verging sich Evans 2011 in einem Hotel im walisischen Rhyl an einer 19-jährigen Frau. Obwohl er seine Unschuld bis heute beteuert, wurde er zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, die er seit Oktober auf Bewährung abbüßt. Rein rechtlich darf er seitdem wieder als Profifußballer arbeiten. Viele in England wollen das aber nicht zulassen.

Nachdem der öffentliche Druck bereits Ende November seine Rückkehr ins Training bei seinem Ex-Verein Sheffield United verhindert hatte, formierte sich nun der nächste Proteststurm: Drittligist Oldham Athletic bemühte sich derart intensiv um Evans' Dienste, dass Klubchef Simon Corney einem Transfer am Mittwoch bereits eine "80-Prozent-Chance" einräumte. Ungeachtet einer Petition, in der sich über 70.000 gegen eine Verpflichtung aussprachen, pochte er auf Evans' Recht der Resozialisierung. Doch der Aufschrei war stärker.

Wütende Sponsoren, angedrohte Vergewaltigung - da gibt Oldham nach

Als am Donnerstag via BBC bekannt wurde, dass einer im Klub angestellten Person die Vergewaltigung einer Angehörigen angedroht wurde für den Fall, dass Oldham Evans tatsächlich unter Vertrag nehmen sollte, platzte der Wechsel im letzten Moment noch. Später berichtete der Klub selbst von Todesdrohungen. Der Druck der Sponsoren sei zudem "enorm" gewesen. Zahlreiche Werbepartner hatten öffentlichkeitswirksam ihren Rückzug angekündigt. Auch wenn der Hauptsponsor nicht darunter war: Eine Verpflichtung, so teilte Oldham am frühen Abend mit, hätte den Verein "unter beträchtlichen finanziellen Druck" gesetzt.

Während die betroffenen Unternehmen in erster Linie die negative Publicity fürchteten, stört sich manch Anhänger vor allem an dem, was Evans' Opfer in den vergangenen Monaten widerfahren ist. Immer wieder ihrer Anonymität beraubt und in den sozialen Netzwerken verfolgt und beleidigt, musste die junge Frau nach Angaben ihres Vaters umziehen und fünfmal ihre Identität ändern. Wie der "Guardian" berichtet, versucht zudem der Vater von Evans' langjähriger Freundin unter anderem mithilfe einer Internetseite vehement, Evans' Unschuld zu beweisen und die Version des Opfers in Zweifel zu ziehen.

Öffentliche Entschuldigung: Evans bricht sein Schweigen

Von derlei Vorgehen distanzierte sich am Donnerstag einer, der - anders als Fans, Journalisten, ja sogar Premierminister David Cameron ("Fußballer haben eine Vorbildfunktion") - seit der Verurteilung geschwiegen hatte: Evans selbst. "Ich möchte mich von ganzem Herzen für die Auswirkungen entschuldigen, die diese Nacht in Rhyl auf so viele Menschen hatte, nicht zuletzt auf die betroffene Frau", heißt es in einem Statement, das erschien, kurz nachdem durchgesickert war, dass Evans' Transfer geplatzt ist. Diejenigen, die sie im Internet beleidigt hätten, seien nicht seine Fans, versichert er darin: "Ich verurteile ihr Tun vollkommen."

Bislang habe er sich aus rechtlichen Gründen nicht äußern dürfen, das sei ihm fälschlicherweise als "Arroganz" ausgelegt worden. Und das "könnte nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein". An seine Unschuld jedoch, daran lässt er keine Zweifel, glaubt Evans immer noch. Einen neuen Vertrag hat ihm das nicht eingebracht.

jpe