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Florian Schlicker: "Ich bin für die Quotientenregelung"

Interview: Landesliga-Trainer Florian Schlicker über die Entscheidung des BFV

"Ich bin für die Quotientenregelung"

Florian Schlicker, Trainer des bayerischen Landesliga-Spitzenreiter SC Feucht, hätte sich eine Quotientenregelung gewünscht.

Florian Schlicker, Trainer des bayerischen Landesliga-Spitzenreiter SC Feucht, hätte sich eine Quotientenregelung gewünscht. imago images / foto2press

Florian Schlicker geht es derzeit so wie vielen anderen Trainern. Er wartet darauf, dass der Ball wieder rollen darf. Weil der 39-Jährige Coach des mittelfränkischen Landesliga-Spitzenreiters 1. SC Feucht ist, weiß er zumindest seit Donnerstag definitiv, dass dies nicht vor dem 1. September 2020 der Fall sein wird. Denn bis zum 31. August setzt der Bayerische Fußballverband (BFV) den Spielbetrieb der laufenden Saison 2019/20 wegen der Corona-Krise aus, danach soll die Spielzeit, sofern es die Rahmenbedingungen erlauben, bis zum Ende ausgetragen werden. Bis dato sind in der Staffel Nordost 23 Runden offiziell absolviert, allerdings stehen auch noch einige Nachholpartien aus. Im kicker-Interview vertritt "Schlicko", der einst in der Jugend des 1. FC Nürnberg kickte und in der Regionalliga beim SV Seligenporten, klare Meinungen zu den aktuellen Fragen.

Herr Schlicker, gefällt Ihnen die Entscheidung des BFV?

Schlicker: Es war eine brutal schwierige Entscheidung. Ich bin froh, dass es eine Wertung geben und die Saison nicht annulliert wird. Eine Annullierung ist nie fair. Allerdings hätte ich persönlich eine andere Lösung präferiert.

Nämlich?

Schlicker: Ich denke, wenn man die Saison jetzt abgebrochen und dann nach der Quotientenregel - also die Anzahl der Punkte durch die der Spiele dividiert - gewertet hätte, wäre es besser gewesen. Das hätte zwar auch nicht alle zufriedengestellt, aber es wäre fair, weil doch rund zwei Drittel der Saison gespielt sind, die ergeben schon ein klares Leistungsbild. Ich denke, 95 Prozent der Klubs könnten damit leben.

Andere sagen, eine Wertung der Hinrundentabelle wäre gerecht, weil dann jeder einmal gegen jeden gespielt hätte.

Schlicker: Das wäre auch in Ordnung.

Es war eine brutal schwierige Entscheidung. Ich bin froh, dass es eine Wertung geben und die Saison nicht annulliert wird.

Florian Schlicker (Trainer SC Feucht)

Weil Feucht, das derzeit zehn Punkte Vorsprung hat, in beiden Fällen aufsteigen würde ...

Schlicker (lacht): Ja, zugegeben, ist das aus unserer Warte so. Aber es gilt für alle, dass eine Wertung fairer ist als eine Annullierung.

Nun soll aber weitergespielt werden. Ist das gefühlt eine fast neue Saison, die Fortsetzung ab September?

Schlicker: Ja, schon irgendwie. Wir werden auch nach drei bis vier Monaten Pause wieder eine Vorbereitung von mindestens drei bis vier Wochen auf dem Platz benötigen.

Bis dahin ...

Schlicker: ... gibt es Trainingspläne für die Jungs, zudem schicken wir ihnen Übungen, deren Ausführungen sie dann an uns Trainer zurücksenden. Und ich hoffe, dass auch wir irgendwann bald in Kleingruppen und mit Abstandsregeln etc. auf den Platz dürfen.

Problem "Transferfenster"

Ist das Modell in Bayern denn zu Ende gedacht, wenn die Bayernliga irgendwann weiterspielt, andere Landesverbände aber unterhalb der Regionalligen abbrechen und sich dadurch verzerrte Aufstiegsbilder ergeben?

Schlicker: Ich denke, dass notfalls Ligen aufgestockt werden können oder vielleicht muss niemand absteigen. Die größte Schwierigkeit an der Fortsetzung sehe ich woanders.

In welchem Punkt?

Schlicker: Bei den Transferfenstern. Also bezogen auf Amateurvereine, nehmen wir unsere Landesliga: Es gibt Klubs, die haben einige Studenten in ihren Reihen. Wenn deren Semester nun im Herbst beendet ist, sie dann woanders einen Job bekommen und den Verein verlassen. Was dann? Darf der Verein dann andere Spieler holen, oder muss er seinen Kader mit A-Junioren auffüllen, weil das Fenster geschlossen ist? Ist es andererseits geöffnet, können manche Klubs nachlegen, andere aus finanziellen Gründen aber nicht. Und die Fortsetzung der Saison ab September ist auch noch in einem anderen Punkt bedenklich: Die Aufwandsentschädigungen für die Spieler laufen ein halbes Jahr weiter als geplant. Das haben viele Klubs nicht in ihrem Etat und können es auch nicht so einfach stemmen.

Der SC Feucht hat einen großzügigen Sponsor, andere Vereine nicht. Gibt es in der Landesliga so etwas wie Solidaritätsgedanken, ähnlich wie in der Bundesliga?

Schlicker: Nein, es ist vieles Spitz auf Knopf genäht. Einen Fonds gibt es nicht.

Man hätte vielleicht nicht nur 'Annullieren oder Fortsetzen' anbieten sollen, sondern das Ganze etwas differenzierter formulieren müssen.

Florian Schlicker

Wären Geisterspiele eine sinnvolle Option gewesen?

Schlicker: Nein, weil die Vereine ja von den Zuschauereinnahmen leben, anders als in der Bundesliga gibt es ja keine TV-Gelder. Auch 300 bis 400 Zuschauer pro Spiel sind da schon wertvoll.

Andererseits müsste, wenn jetzt ohne Zuschauer weitergespielt würde, der Kader nur bis Juni und nicht bis November bezahlt werden.

Schlicker: Ich denke nicht, dass das die Verluste aufwiegen würde, die Spiele ohne Fans mit sich brächten.

Fühlen Sie sich als Amateurklub vom BFV gut mitgenommen, oder war nicht alles trotz der Abstimmung, die ja nur einem Meinungsbild diente, irgendwie vorgegeben und als alternativlos skizziert?

Schlicker: Der BFV gibt sich schon Mühe, alle mitzunehmen. Aber man hätte vielleicht nicht nur 'Annullieren oder Fortsetzen' anbieten sollen, sondern das Ganze etwas differenzierter formulieren müssen. Also vielleicht den Abbruch mit Wertung dazu nehmen, dann wären wir wieder bei meinem Vorschlag mit der Quotientenregelung. Fairerweise muss man aber sagen, dass man es in diesen Zeiten eh nicht allen recht machen kann.

Warum kriegt der Amateurfußball nicht hin, was selbst die Politik trotz Föderalismus zumindest in Teilen schaffte: sich bundesweit zu einigen? Sprich: Wäre es besser, wenn der DFB zentral bestimmt, nicht die Verbände?

Schlicker: Das denke ich nicht, weil jeder Verband, ebenso wie in der Politik jedes Bundesland, andere Schwerpunkte setzt. Natürlich wäre eine Möglichkeit, dass der DFB etwas beschließt. Aber das käme dann wirklich von oben und die Vereine würden tatsächlich nicht mitgenommen werden können.

Interview: Thomas Böker