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WM-Kolumne "Mein Tag in Katar" von kicker-Reporter Sebastian Wolff

WM-Kolumne "Mein Tag in Katar" von kicker-Reporter Sebastian Wolff

Das Wiedersehen mit Christian Eriksen

Christian Eriksen feierte sein Comeback auf ganz großer Bühne.

Christian Eriksen feierte sein Comeback auf ganz großer Bühne. IMAGO/Shutterstock

Dienstag, 22. November. Dieser Tag hatte im ganz persönlichen WM-Kalender einen besonderen Platz, seit die redaktionsinterne Besetzungsliste der Gruppenspiele feststand. Dänemark gegen Tunesien. Wieder Dänemark also, wie schon bei der nachgeholten Europameisterschaft. Und vor allem wieder: Christian Eriksen!

Dieser Tagebucheintrag beginnt genau genommen nicht unter der Wüstensonne Katars. Sondern am 12. Juni 2021. In Kopenhagen. Der Titel "Das Wiedersehen mit Christian Eriksen" könnte wie der Versuch klingen, Nähe vorzugaukeln, die es in dem Fall gar nicht gibt. Ich kenne Christian Eriksen nicht, habe ihn nie interviewt. Und trotzdem fühle ich mich ihm nah seit seinem Herzstillstand im ersten Gruppenspiel der Dänen gegen Finnland.

Weil die Bilder noch vor Augen sind. Das Gefühl von Kälte mitten im Sommer auf der Tribüne im Stadion "Parken" während der bangen Minuten als Mediziner um sein Leben kämpfen und die Mannschaftskollegen einen Sichtschutz bilden. Die Erlösung als der Arzt den Daumen hebt und die Menge bebt. Der Wechselgesang der Fans: "Christian" intonieren die Finnen, "Eriksen", donnert es von den Dänen zurück. Mit der Gewissheit, dass es gut ausgegangen war, hatte dieser Abend etwas Verbindendes, gern als die Kraft des Fußballs bezeichnet. Gleichzeitig beinhaltete er auch unglaublich viel Irrsinn, weil diese Partie, die so nebensächlich geworden war, fortgesetzt wurde.

Die Kraft des Fußballs wird spürbar

Es ist wieder eine irrsinnige Zeit, in der Eriksen in Katar zurückgekehrt ist. Und doch wird auch hier die Kraft des Fußballs spürbar: Dass Eriksen eineinhalb Jahre nach seinem Herzstillstand in einer Endrunde nun wieder ein großes Turnier bestreitet, kann in diesem Moment nicht einmal ein FIFA-Präsident überlagern. Und deshalb darf Dänemarks Mittelfeld-Chef, inzwischen 30 Jahre alt, auch ohne darüber nachzudenken, ob er Empörung auslösen könnte, ganz offen sagen: "Für mich ist es etwas ganz Besonderes hier zu sein."

kicker-Redakteur Sebastian Wolff berichtet aus Katar

kicker-Redakteur Sebastian Wolff berichtet aus Katar.

Weil sein Auftritt in Katar die nicht für möglich gehaltene Rückkehr auf die ganz große Bühne des Weltfußballs ist, nachdem er kleine Schritte auf dem Weg dorthin machen musste: In der Serie A bei Inter durfte er nach dem Einsetzen eines Defibrillators nicht mehr spielen, absolvierte bei Heimatklub Odense BK sein Aufbauprogramm, feierte im Februar 2022 das Comeback beim FC Brentford und wechselte im vergangenen Sommer zu Manchester United.Er sagt: "Ich wollte immer zurückkommen und der sein, der sich vorher war."

Die Nullnummer gegen Tunesien hat wenig Potenzial, um sich in den Erinnerungen einzubrennen. Was bleibt ist das Wiedersehen mit Christian Eriksen.