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Der Abdruck wurde größer: Über Marcelo bei Real Madrid

Tränenreicher Abschied nach mehr als 15 Jahren

Der Abdruck wurde größer: Über Marcelo bei Real Madrid

Ein großes Erbe angetreten, ein noch größeres hinterlassen: Marcelo.

Ein großes Erbe angetreten, ein noch größeres hinterlassen: Marcelo. Getty Images (3)

Es gibt sie ja wirklich, diese Angebote, die man einfach nicht ablehnen kann. Eines von Real Madrid gehört wohl dazu, das beteuerte Marcelo nicht als erster, als er sich für "The Players' Tribune" vor einigen Jahren daran erinnerte, damals den Vertrag vorgelegt bekommen zu haben: "Ich hab' den Scheiß so schnell unterschrieben."

Mit 18 zu Real, im Januar 2007 war das. Und dann waren da diese Fußstapfen, ziemlich große Fußstapfen. Brasilianischer Linksverteidiger bei den Königlichen, als Nachfolger von Roberto Carlos. "Für mich war er Gott", gestand Marcelo, der noch ein halbes Jahr an der Seite seines Idols lernt. Gemeinsam verhindern sie eine Leihe des Teenagers, der vermeiden wollte, dass sich das Kapitel Real für ihn frühzeitig schon wieder schließt. Es schloss sich erst am 13. Juni 2022, nach mehr als 15 besonderen Jahren.

Der beste Linksverteidiger seiner Zeit

Der inzwischen 34-Jährige hatte einen "Tag voller Emotionen" erwartet und am frühen Montagnachmittag schließlich mehrmals mit den Tränen zu kämpfen. Bei Mitspielern, Trainern und vor allem bei den Menschen hinter den Kulissen bedankte er sich "für das Glück, all die Jahre hier spielen zu können". An all diesen Tagen sei er mit großer Freude aufgewacht. Einen besonderen Dank erhielt Ehefrau Clarice: "Meine Kraft kommt durch dich."

Marcelo, Arjen Robben

Das wohl beste Spiel des wohl besten Linksverteidigers seiner Zeit: Marcelo 2017 gegen Bayern. imago/ZUMA Press

Marcelo war stets mehr Linksaußen als Linksverteidiger, das hat er sich bei Roberto Carlos abgeschaut. In seinen besten Jahren wohl der beste weit und breit. Mit Dribblings, Finten und außergewöhnlicher Ballkontrolle zog er als Außenverteidiger das Angriffsspiel seiner Mannschaft auf, als Trent Alexander-Arnold noch die Schulbank drückte. Der Außenverteidiger, der einen Ronaldinho gefrühstückt hatte. Mit Marcelo war Spektakel garantiert.

Spektakel, aber auch Erfolg. Die Sohlenstreichler, Beinschüsse und Effetflanken hatten fast immer einen Zweck - und jede Menge Ertrag. Sechsmal Meister, fünfmal Champions-League-Sieger. Der Höhepunkt wahrscheinlich seine Glanzleistung im Viertelfinale 2017 gegen den FC Bayern, der Schlusspunkt noch mal die ganz große Bühne in Paris.

Meine Söhne haben gesehen, wie ich beim besten Klub der Welt spielen durfte.

Marcelo

Zum Abschied, nach inzwischen mehreren Jahren der immer geringer werdenden sportlichen Bedeutung, schritt der sportliche Überflieger Karim Benzema andächtig zur Seite, als es darum ging, den Henkelpott auch ein x-tes Mal in den Nachthimmel zu recken. Für Kapitän Marcelo war es das letzte Mal, der letzte von insgesamt 25 Titeln im Trikot für Real Madrid. Das ist Vereinsrekord.

Der nächste Marcelo ist nicht in Sicht

"Meine Söhne haben gesehen, wie ich beim besten Klub der Welt spielen durfte", schwärmte die scheidende Klublegende nach einem Erfolgskapitel, das sie sich so im Januar 2007 wahrscheinlich nicht einmal auszumalen gewagt hatte. Präsident Florentino Perez versicherte Marcelo mit einem Lächeln: "Du hast dir all deine Träume erfüllt, die du hattest, als du mit 18 Jahren hier hergekommen bist."

Der nächste Marcelo ist diesmal nicht in Sicht, den nun er im vergangenen halben Jahr bereits hätte anlernen können. So bleibt auf seiner linken Seite erst einmal nur Roberto Carlos' Fußabdruck zurück - und die Erkenntnis, dass Marcelo ihn mehr als nur ausgefüllt hat. Wahrscheinlich ist er in den vergangenen 15 Jahren sogar noch größer geworden.

Niklas Baumgart