Eishockey

DEB: Deutsche Eishockey-Frauen kämpfen gegen Abstieg

Medaillenprognose "ein Trugschluss"

Deutsche Eishockey-Frauen kämpfen gegen WM-Abstieg und Strukturprobleme

Carina Strobl beim Fünf-Nationen Turnier in Füssen Mitte Februar.

Carina Strobl beim Fünf-Nationen Turnier in Füssen Mitte Februar. IMAGO/Nordphoto

Vor sechs Jahren stürmten die deutschen Eishockeyspielerinnen noch sensationell ins WM-Halbfinale, eine Medaille schien nahe. "Das war ein Ausreißer nach oben", sagt Christian Künast, Sportdirektor des DEB, im Rückblick dem SID.

Die Gegenwart sieht trist aus: Nach einem Generationenwechsel nach der verpassten Olympia-Qualifikation geht es bei der WM in Brampton/Kanada für die deutschen Frauen nur noch gegen den Abstieg. Künast weiß, wovon er redet. Der ehemalige Nationaltorwart war selbst zwei Jahre lang Frauen-Bundestrainer. Als er im Januar 2019 diesen Job antrat, wurde ihm gesagt: "Pass auf, das ist total einfach: Da hast du ein paar Spielerinnen bei der Bundeswehr, mit denen können wir arbeiten, und dann geht es ruckizucki Richtung Medaille", erinnert er sich und stellt heute fest: "Ein großer Trugschluss."

Eishockey-WM der Frauen in Kanada

Dem DEB stehen nach dem zweiten Olympia-Aus in Folge nur noch zwölf statt 16 Stellen in der Sportfördergruppe der Bundeswehr zur Verfügung. Im Gegenzug wurde aber die langjährige Nationaltorhüterin Jennifer Harß als Bundestrainerin für die Bundeswehrspielerinnen angestellt. "Das ist ein enormer Gewinn für uns", sagt Künast.

Christian Künast, Sportdirektor des DEB

Kämpft um einen Unterbau im Frauen-Eishockey: DEB-Sportdirektor Christian Künast.   picture alliance / picture alliance

Ein Abstieg könnte unangenehme Folgen haben

Bei der WM in Kanada vom 5. bis zum 16. April (DEB-Spiele live und frei empfangbar bei MagentaSport) gehen aber nur acht der zwölf Sportsoldatinnen aufs Eis, wenn mit dem Spiel gegen Schweden am Donnerstag der Kampf um den Klassenerhalt beginnt. "Nicht jede ist schon so weit, um bei einer A-WM zu spielen", erklärt Künast: "Viele sind noch in der Ausbildung." Ein Abstieg könnte unangenehme Folgen haben, denn Mitte Mai geht es um die künftigen Bundeswehrplätze. Aus dem Handball und Fußball erwartet der DEB-Sportdirektor Konkurrenz: "Auch andere Verbände wollen Plätze haben."

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Die größten Baustellen sieht Künast aber anderswo. "Die Strukturen und der Unterbau passen grundsätzlich nicht", sagt er: "Die Möglichkeiten in der Talentförderung sind sehr begrenzt. Das muss sich ändern, damit wir in acht bis zehn Jahren auf dem richtigen Weg sind." Das Hauptproblem: "Mit 15 Jahren kommen die Spielerinnen aus den Jungenmannschaften raus, dann bräuchten wir ein Stützpunktsystem oder eine kleine Nachwuchsliga, aber davon sind wir meilenweit entfernt."

Die Tschechinnen haben wir oft geschlagen, aber sie haben uns zwei Spuren links von uns überholt.

Christian Künast

Andere Länder, vor Jahren noch auf Augenhöhe, intensivieren ihre Bemühungen. Die Schweiz, im vergangenen Jahr Vierte bei Olympia und WM, setzt auf Eishockey-Akademien für ihre Frauen. Tschechien, 2022 überraschend mit WM-Bronze dekoriert, schickt die besten Spielerinnen ins Ausland. In der Vergangenheit habe man die Tschechinnen "oft geschlagen", merkt Künast an, "sie haben uns zwei Spuren links von uns überholt."

Von den WM-Vierten 2017 stehen nur noch acht Spielerinnen im aktuellen DEB-Kader, der Nachwuchs pendelt seit Jahren zwischen Erst- und Zweitklassigkeit. "Wenn wir jetzt nicht beginnen, haben wir bald gar nichts mehr", mahnt Künast, man habe "diese Probleme erkannt" und arbeite "seit einem Jahr" daran.

pja, sid