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Luton Town: Durch die Gärten in den Auswärtsblock

Traditionsklub Luton Town vor dem Aufstieg in die Premier League

Durch die Gärten in den Auswärtsblock

Ungewöhnlicher Auswärtsblock in Luton: Der Oak Stand an der Kenilworth Road.

Ungewöhnlicher Auswärtsblock in Luton: Der Oak Stand an der Kenilworth Road. IMAGO/Shutterstock

Zwei Spiele noch, und dann auf zum 200-Millionen-Euro-Finale nach Wembley - das ist der Plan von Luton Town für die Play-offs um den Aufstieg in die Premier League. An diesem Samstag geht es zunächst zum Halbfinal-Hinspiel zum AFC Sunderland, am Dienstag steigt dann der Showdown in einem der ungewöhnlichsten Stadien Englands.

Gut 10.000 Zuschauer passen in den Ground an der Kenilworth Road, eröffnet 1905. Vor allem die Gästefans erwartet dabei ein besonderes Erlebnis, und viele von ihnen werden natürlich den Eingang fotografieren. Denn hinein ins Stadion geht es für sie mitten durch die Fassade einer viktorianischen Backsteinsiedlung, über Gärten und Hinterhöfe sowie schließlich eine schmale Eisentreppe gelangen sie hinauf in den längst legendären Oak Stand.

Bis vor sieben Jahren konnte man von den Reihenhäusern noch direkt ins Stadion sehen, was nicht nur Vorteile hatte. "Immer wieder gingen bei uns die Fensterscheiben zu Bruch, weil wieder jemand am Tor vorbeigeschossen hat. Mein Vater ist jedes Mal durchgedreht", erzählte Abdul Ali, einer der Anwohner, kürzlich dem Revolverblatt "The Sun". Inzwischen wurde etwas umgebaut, doch der urige Charme blieb. Sollte aber wirklich der Sprung ins Oberhaus gelingen, braucht das Stadion nochmals für gut zwölf Millionen Euro ein Facelift. Ab 2024 spielt der Klub ohnehin in einer neuen Arena.

Der Verein ist wieder Aushängeschild der Stadt

Einst war Luton ein weltweites Zentrum der Hutindustrie, noch 1930 produzierte man dort 70 Millionen Stück, zumeist aus Stroh, weshalb der Fußballklub der 200.000-Einwohner-Stadt die Hatters genannt wird. Doch von früher über 500 Firmen sind heute nur mehr 13 im Geschäft. Bekannt ist vielen Billigfliegern auch der London Luton Airport, der gut 50 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt liegt, was bisweilen für einige Überraschungen bei unwissenden Touristen sorgt, auch wenn es längst eine gute Bahnverbindung ins Zentrum gibt.

Traurige Berühmtheit erlangten zudem die Luton Riots, als es 1985 bei einem Heimspiel gegen den bis heute gefürchteten FC Millwall massive Hooliganrandale mit Dutzenden Verletzten und einem völlig demolierten Stadion gab. Inzwischen aber ist der Luton Town Football Club wieder das positive Aushängeschild der Stadt.

Der FC Burnley und Sheffield United stehen als Aufsteiger fest, vier weitere Klubs aus der Championship balgen sich nun in den Play-offs um das dritte Ticket für die Premier League. Luton hat die Zweitligasaison als Dritter beendet, vor Middlesbrough, Coventry City und Sunderland.

Abstieg bis in die fünfte Liga, Rettung durch die Fans

Der LTFC hat in England eine 138 Jahre lange Tradition mit zwar nur einer einzigen großen Trophäe, dem League Cup 1988, aber zahlreichen Auf- und Abstiegen sowie fast ebenso vielen finanziellen Krisen. Allein zwischen 1960 und 1974 ging es von der 1. in die 4. Liga - und wieder ins Oberhaus zurück. Seine Hochphase erlebte der Klub dann ab 1982 mit zehn Jahren in Folge in der damaligen First Division, dem Vorgänger der Premier League. Kurz vor deren Start 1992 stieg Luton aber mal wieder ab und verpasste so den Sprung ins neue Kommerz-Zeitalter.

Doch es kam noch dicker. Zwischen 2007 und 2009 verschlimmerte sich die Kassenlage derart, dass der Verein schließlich aus dem English-Football-League-System flog und in der 5. Liga spielte. Die Fans retteten Luton Town damals vor dem Bankrott, danach gehörte der Klub allein dem Supporters Trust, vor vier Jahren stiegen außerdem zwei seit langem mit dem Verein verbundene Geschäftsleute ein, einer von ihnen ist Rob Stringer, der CEO von Sony Music Entertainment.

Carlton Morris

Von seinen Toren hängt der Aufstieg ab: Carlton Morris. IMAGO/Shutterstock

Als Gemeinschaftsprojekt robbte sich der Klub stetig wieder nach oben. Zum zweiten Mal in Folge hat Luton es in die Aufstiegs-Play-offs geschafft. Im letzten Jahr war man aber im Play-off-Halbfinale an Huddersfield gescheitert. In diesem Jahr wirkt die Mannschaft deutlich stabiler, die Führungsspieler sind gereift und können es mit der deutlich reicheren Konkurrenz aufnehmen, auch wenn viel, fast zu viel, von Mittelstürmer Carlton Morris abhängt, der in der 46-Spiele-Saison 20 Tore schoss.

Aufstieg als Abschiedsgeschenk für Kapitän Bradley

Mit Rob Edwards sitzt außerdem ein anderer Trainer auf der Bank als in der vorigen Saison. Er spielte früher für Wolverhampton und schaffte im vergangenen Jahr mit dem Vegan-Verein Forest Green Rovers den Aufstieg in die 3. Liga. Danach war der Waliser zum FC Watford gewechselt, ausgerechnet dem Erzrivalen der Hatters, wo er aber bald wieder gefeuert wurde. Im November hatte Edwards den Job in Luton übernommen, nun soll der 40-Jährige den Klub erstmals in die Premier League hieven.

Es wäre ein Quantensprung für den Verein, der noch vor dem Hinspiel gegen Sunderland einen Rückschlag verkraften musste: Kapitän und Innenverteidiger Sonny Bradley (31) wird Luton Town nach fünf Jahren verlassen. "Wir wollen ihm einen großartigen Abschied bereiten", sagt Edwards. Platz 3 sei zwar schon grandios, "aber der Job ist noch lange nicht erledigt".

Martin Gruener

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