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Caggtus will gemütlich bleiben: "Endloses Wachstum schadet"

Schwatzen, Zusammenkommen, nicht totgetrampelt werden

"Endloses Wachstum schadet" - Caggtus will gemütlich bleiben

Die LAN-Party steht in Leipzig im Vordergrund und zieht 2024 noch mehr Leute an.

Die LAN-Party steht in Leipzig im Vordergrund und zieht 2024 noch mehr Leute an. Leipziger Messe / Niclas Schmidt

"Success!" wird man im Caggtus-Team vielleicht gerufen haben - ikonisch aus dem ersten Super Smash Bros. Es sind solche Dinge, die einem in Leipzig begegnen - die Szene ist unter sich. "Die Caggtus ist ein Festival von der Community für die Community", sagt Projektdirektor Constatin Strobel. Er sagt das oft - in der offiziellen Kommunikation, aber auch im Gespräch mit kicker eSport.

"Successful" war die diesjährige Caggtus in Leipzig tatsächlich. Es ist erst das zweite Jahr, allerdings hat die Messe vorher hier schon jährlich eine Dreamhack ausgerichtet.

Mehr Besucher, mehr Aussteller - Ein "schöner Tagesausflug"

Größer, vielfältiger, beeindruckender, teurer - das wollen an sich alle Gamingmessen. 2024 versteht sich jedoch kaum noch eine als "Messe": "Wir möchten ein Gaming-Festival sein", sagt auch Strobel. Bei einem solchem kommen Ausstellung, Influencer, Cosplayer und Zocken zusammen. Und damit nicht genug: 2024 gibt es in Leipzig ebenso eine kleine Recruting-Area, eine Panel-Bühne und natürlich Creator- sowie Cosplayzonen.

Die "Laner" sind teils enthusiastisch dabei. Getty Images

"Wenn man einen schönen Tagesausflug machen will und das dreimal am Stück, dann ist man hier absolut richtig, weil wirklich jeden Tag ein neues Programm ist", sagt Strobel: "Die Formate werden gemeinsam mit den Talents organisiert."

Und dabei ist tatsächlich alles größer, vielfältiger beeindruckender, aber auch teurer geworden. 17.300 Besuchende sind es laut der abschließenden Pressemitteilung und damit mehr als 2023. Die LAN-Party ist um 40 Prozent beziehungsweise 400 Leute gewachsen, neue Aussteller wie Alienware, MSI und MAD Gaming sind dabei. Das freut die Leipziger natürlich, allerdings sind auch die Kartenpreise gestiegen: Sechs Euro teurer ist das Tagesticket, ein LAN-Platz kostet mindestens 144 Euro.

"Die Preise sind auch für uns deutlich höher als letztes Jahr. Im Unterhalt der Hallen, im Personal, Strom, Wasser, Heizung", sagt Strobel und erklärt, dass man so einerseits die Inflation weitergeben müsse, andererseits natürlich auch das Angebot vergrößert habe. Längere LAN-Zeiten, mehr Fläche und Aussteller, mehr zu erleben.

Community wünscht sich bessere Logistik

Die Messe hat die Caggtus für dieses Jahr in neue Hallen verlegt und vergessen, die Karte für die Presse zu updaten. Überhaupt ist wenig ausgeschildert. Im Vergleich zur Buchmesse, die kurz vorher stattfand, ist das Gamingfestival klein. Aber das passt ins Konzept, der Umzug auf die andere Messeseite ist wohldurchdacht und besonders dem Communityfeedback geschuldet, auf das Strobel intensiv höre.

Denn im Zentrum des Festivals steht die LAN-Party in der zweiten Halle. Von Donnerstag bis Sonntag wird gezockt, was die geistige Fitness hergibt. Und genau daher kommen die Umzugsideen: 2024 sind die "Laner und Lanerinnen" vom restlichen Publikum abgeschottet. 2023 pilgerte stets ein Strom aus Creatorn, Presse und Fachbesuchern an den Gamern vorbei, durch die Neuaufteilung ist damit Schluss. Auch in der Halle wurde umgestaltet: Nun hat jeder Zocker seinen Schlafplatz auf großzügiger Fläche direkt hinter seinem Stuhl. 2023 gab es extra ausgewiesene Bereiche dafür.

Eine ganze Halle für die LAN. Direkt hinter den Zockern liegen ihre Schlafplätze. Leipziger Messe / Niclas Schmidt

"Von der Community für die Community"

Besonders in der sehr ruhigen LAN-Halle wird das Kernkonzept von Strobel und seinem Team deutlich: "Die Möglichkeiten, die wir hier haben, bieten andere auch, dessen bin ich mir schon bewusst, aber wir machen das in einem sehr viel entspannteren, fast schon familiäreren Umfeld. Das ist unser Ansatz und ich glaube, dass das für uns auch sehr gut funktioniert, wie jetzt beispielsweise die Besucherzahlen zeigen."

Er antwortet damit auf unsere Frage danach, ob das neue "Festival"-Konzept für Messen aufgehe: "Für unser Verständnis funktioniert das gut. Für mich ist das eher der Weg in die Zukunft, als reine Produktpräsentation. Die Interaktion zwischen dem Publikum und dem Spielentwickler, dem Hardwareentwickler, den Creatorn -das macht, finde ich, dieses Festival-Feeling aus. Du möchtest als Publikum erleben, selbst anpacken, selbst spielen."

Ganz genauso sieht das der Hauptpartner des Festivals: Samsung. Der koreanische Elektronikriese zeigt erstmals seine neuen Gamingmonitore in Deutschland, zusätzlich zu den Telefonen. Die Produktpräsentation sei aber nur Teil der Beweggründe, sagt Ida Marie Weber, Produktmanager CE Display von Samsung.

Samsung ist Partner der Messe und hat wie schon im Vorjahr einen großen Stand in der Mitte der Halle. Leipziger Messe / Tom Schulze

"Die Atmosphäre vor Ort hier ist immer eine ganz andere als auf anderen Veranstaltungen. Wir wissen, die Community ist dankbar dafür, dass es in Leipzig überhaupt wieder ein Gaming-Event gibt. Und das wollen wir entsprechend auch unterstützen." Auf Nachfrage wird klar: Die deutsche Vertretung des Konzerns will Partner sein und tatsächlich nicht nur Monitore an die Spielerschaft bringen. Die Rückmeldungen der Besucher zu den Produkten seinen "super" und wichtig: "Es ist alles ein wenig entspannter und das gefällt uns." Weber betont ebenso, was Strobel so häufig sagt: "Für uns ist es auch ein bisschen Community-Treff."

Zocken und mit den Herstellern quatschen "ohne vom nächsten totgetrampelt zu werden" - das bietet die Caggtus. Leipziger Messe / Niclas Schmidt

Lebt die Rivalität mit der gamescom wieder auf?

Beide haben dabei immer auch den Branchenprimus, die gamescom, im Blick. Während Samsung die Caggtus fest im Jahr plant und den gemütlichen Austausch schätzt, gelingt Strobel ein kleiner Sieg: Leipzigs LAN ist größer als die neu aufgesetzte der gamescom. Die Branchenmesse startete als Games Convention im Osten, ehe sie nach Köln umzog. Lebt die Rivalität von damals wieder auf?

"Nein. Wir sehen einfach unterschiedliche Zielgruppen. Die gamescom LAN setzt unseres Erachtens nach komplett auf Influencer und diese dort zu integrieren. Das machen wir ganz bewusst nicht. Bei uns steht ausschließlich die LAN-Community im Vordergrund. Das heißt, hier kommt man zusammen, hier schwatzt man, hier tauscht man sich aus."

KICKER ESPORT UND DIE DEUTSCHEN MESSEN

Wachstum wünscht man sich dennoch auch in Leipzig. Allerdings moderat: "Weil es sonst auch wieder ein bisschen zu viel wird, vom Besucherstrom und vom Platz her", sagt Weber. Strobel unterstreicht die Möglichkeit des Austausches der Besucher mit den Ausstellenden, "ohne vom nächsten totgetrampelt zu werden. Das ist etwas, was uns wichtig ist und was wir versuchen, auch mit einem Wachstum, das wir natürlich anpeilen, beizubehalten. Irgendwann ist aber eine Grenze erreicht. Endloses Wachstum schadet dann ab einem gewissen Punkt."

Holm Kräusche