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Ex-Sturm-Akteur Zettl über US-Abenteuer: "Es ist wirklich wie im Film"

Der amerikanische Traum - Teil 3

Ex-Sturm-Akteur Zettl über US-Abenteuer: "Es ist wirklich wie im Film"

Sebastian Zettl reist mit seinen Florida Atlantic Owls quer durch die Staaten. 

Sebastian Zettl reist mit seinen Florida Atlantic Owls quer durch die Staaten.  FAU Atletics

"Viel besser hätte ich es nicht erwischen können, ich lebe zwei Kilometer vom Meer entfernt." So klingt Sebastian Zettl, wenn er über seine neue Wahlheimat Florida spricht. Im Sommer 2022 kehrte er dem Fußball in Österreich den Rücken und ging per Sportstipendium in die USA. Sein neues Team, die Florida Atlantic Owls, spielt in der "Division One", der höchsten Liga im College-Fußball.

Doch blicken wir einige Jahre zurück: Zettl gilt als vielversprechendes Talent in Österreich. Nachdem er sämtliche Akademie-Teams von Sturm Graz durchlaufen hat, dockt er im Sommer 2018 erstmals im Zweierteam der Steirer an. Schnell wird auch Cheftrainer Christian Ilzer auf den 1,78 Meter großen Mittelfeldakteur aufmerksam. Zettl zahlt das Vertrauen mit seinem Bundesliga-Debüt im September 2020 und seinem ersten Pflichtspieltreffer im ÖFB-Cup zurück.

Kurioses FAC-Intermezzo

Zwei Jahre lang hatte Zettl einen Profivertrag bei den Steirern, der Durchbruch wollte ihm jedoch nicht gelingen. "Ich war damals bei Sturm immer am Sprung, hin und wieder im Kader der ersten Mannschaft. Dann wollte ich mehr spielen. Deswegen bin ich per Leihe zum FAC gegangen, wo am Anfang auch alles super funktioniert hat", erklärt Zettl und erinnert sich an einen kuriosen Wendepunkt: "Dann hat mich aber der Trainer nach drei, vier Wochen etwas über einen anderen Trainer gefragt, den ich mal gehabt habe. Ich habe auch ehrlich geantwortet, habe jedoch ab dem Zeitpunkt keine Minute mehr gespielt."

DER AMERIKANISCHE TRAUM

Zettls Karriere schien nach einem steilen Anstieg erstmals zu stagnieren. Was also tun? Den Klub wechseln? Die Liga wechseln? Oder gar etwas völlig anderes? "Ich bin in meinem kleinen Zimmer in Wien gesessen und habe mich gefragt, ob ich wirklich so schlecht bin oder was da eigentlich passiert ist. Dann bin ich über 'Students go west' gestolpert, habe mir das genauer angehört und mich mehr und mehr mit dem Thema College-Fußball in Amerika beschäftigt."

Die Karriere von Ex-Sturm-Akteur Sebastian Zettl

Für das US-Abenteuer sofort Feuer und Flamme musste sich Zettl nicht lange mit einer Entscheidungsfindung quälen. "Es war wirklich eine Win-Win-Situation. Ich bin dann zurück in die Regionalliga gegangen, weil dann einfach alles einfacher ist in Sachen Spielerlaubnis." Zettl wechselte somit von Gleisdorf aus nach Florida.

Mittlerweile lebt der 22-Jährige bereits eineinhalb Jahre in den Staaten, studiert Business Management und Marketing. "Schulisch läuft alles. Es ist einfacher als in Österreich. Es ist zwar extrem viel zu tun, aber es ist trotzdem leichter." Somit kann er seinen Fokus voll und ganz dem Sport widmen. Die Saison dort ist stark komprimiert, gespielt wird von August bis Dezember, oft mit zwei, teils sogar drei Spielen pro Woche. Mit seinen Florida Atlantic Owls hat er unlängst eine gute Saison gespielt, allerdings die Qualifikation für das National Tournament verpasst. "Das System ist ein bisschen schwierig zu verstehen, da habe ich selbst lange gebraucht", schmunzelt Zettl.

Der Buzzer-Beater

Dennoch fehlte nicht viel für das US-weite Final-Turnier. "Im Conference Tournament hatten wir es unter die ersten sechs geschafft. Dann folgte ein irres Spiel gegen unseren Rivalen, die Florida International University. Es gibt dort keine Nachspielzeit und wenn es aus ist, ertönt der Buzzer. Mit drei verbleibenden Sekunden auf der Uhr haben wir das Siegtor geschossen. Es war einfach irre." Im Halbfinale des Turniers war dann aber Schluss. Aus diesem Grund brennt Zettl schon auf die nächste Saison.

Die Möglichkeiten, die wir haben, sind auf einem Niveau mit Klubs aus der Bundesliga, teilweise sogar besser.

Ex-Sturm-Akteur Sebastian Zettl über die Facilities in den Staaten

Von seiner bisherigen Zeit in Florida möchte Zettl keine Sekunde missen. "Die Freizeiterlebnisse, das Reisen zu den Spielen in die verschiedensten Bundesstaaten, es ist wirklich wie im Film, muss ich ehrlich sagen." Aktuell weilt der Steirer in seiner Heimat und verbringt die Feiertage im Kreise seiner Familie. Im Jänner geht es aber bereits zurück in die Staaten. "Dann beginnt das High-Life. Wenn nicht Saison ist. Da gibt es nur drei Trainings pro Woche. Die Facilities sind aber ganzjährlich die gleichen: "Die Möglichkeiten, die wir haben, sind auf einem Niveau mit Klubs aus der Bundesliga, teilweise sogar besser. Da hast du Kraftkammern, Eisbäder, Massagen, einfach alles mögliche." Fakt ist, dass der College-Fußball wesentlich größer ist, als es oft in der Bundesliga der Fall ist. Spiele vor mehreren tausend Zusehern sind keine Seltenheit.

Das Niveau im College-Fußball lässt sich nur schwer mit einer bestimmten Liga in Österreich vergleichen, da es insgesamt 150 Division-One-Colleges gibt. "Die Lücke zwischen den Top-Mannschaften und den schlechtesten Mannschaften ist sehr groß. Ich würde sagen, die schlechteren Mannschaften sind Oberliga- oder Landesliga-Niveau. Bei den Top-15-Teams kann man schon sagen, dass die in der 2. Liga oben mitspielen würden." Sein eigenes Team würde Zettl mit einer guten Regionalliga-Mannschaft vergleichen.

Ilzer erkundigte sich beim Halbbruder

Dass auch Ex-Klub Sturm Graz seinen Weg nach eineinhalb Jahren in Amerika verfolgt, ehrt Zettl: "Mein Halbbruder, Henry Timothy Obi, spielt noch bei Sturm II. Er hat mir erzählt, dass Christian Ilzer unlängst bei ihm nachgefragt hat, wie es mir geht und wie es läuft." Der Kontakt zu den "Schwoazen" ist nie abgerissen, zumal auch einige Freunde noch bei den Grazern unter Vertrag stehen. Die Spiele kann Zettl aufgrund der Zeitverschiebung zwar kaum verfolgen, "die Highlights sind aber Pflicht."

Ich bekomme jetzt auch die Schleife. Dieses Jahr wird meine Stimme also sehr viel Gewicht haben.

US-Legionär Sebastian Zettl über das Jahr 2024

Wohin die Reise nach seinem Studium geht, ist offen. Seine Spielgenehmigung in der NCAA, also dem nationalen College-Sport-Verband, gilt für insgesamt vier Jahre. Zu weit in die Zukunft blicken möchte Zettl ohnehin nicht. Ob er sein US-Abenteuer als Boost für seine Karriere sieht? "Ich sehe es als extreme Horizonterweiterung. Denn je mehr du gesehen hast, desto besser ist es für die eigene Zukunft im Fußball. Wenn du möchtest, dass es ein Boost für die Karriere ist, dann musst du früher gehen, dann musst du den Schritt mit 18 oder 19 wagen. Denn ich bin mit 21 gegangen und bin mit 25 fertig mit dem Studium. Da bist du dann schon ziemlich alt (lacht)."

In den nächsten Monaten wird Zettl die Off-Season genießen, aber mit dem neuen Jahr wird mehr Verantwortung auf seinen Schultern lasten. "Wir haben jetzt 13 Abgänge und acht Neue, also ist es schon ein ziemlicher Umbruch. Es kommt jetzt voll und ganz auf den Frühling an. Wenn wir alle am gleichen Strang ziehen und eine Einheit werden, dann ist alles drin. Es hängt jetzt viel von mir ab. Ich spiele 6er, bin der älteste Spieler der Mannschaft und bekomme jetzt auch die Schleife. Dieses Jahr wird meine Stimme also sehr viel Gewicht haben."

Michael Chudik

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