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Bournemouth-Coach Iraola: "Ich weiß, es ist nicht für lange"

Spanier übernahm im Sommer das Traineramt bei den Cherries

Iraola noch ohne Sieg mit Bournemouth: "Ich weiß, es ist nicht für lange"

Andoni Iraola lässt sich trotz des schwachen Starts nicht von seiner Idee des Fußballs abbringen.

Andoni Iraola lässt sich trotz des schwachen Starts nicht von seiner Idee des Fußballs abbringen. IMAGO/Pro Sports Images

Dass im Fußballgeschäft - besonders in der Premier League - keine große Dankbarkeit herrscht, davon durfte sich Gary O'Neil in der Sommerpause höchstpersönlich überzeugen. Denn obwohl der 40-Jährige - mittlerweile Trainer bei den Wolverhampton Wanderers - zuerst noch als Co-Trainer 2022 mit dem AFC Bournemouth aufgestiegen ist und in Folge als Interims- bzw. sogar als Cheftrainer den Aufsteiger bereits vier Spieltage vor Saisonende zum Klassenerhalt geführt hatte, endete seine erste Station als Alleinverantwortlicher nach nicht mal zehn Monaten mit der Freistellung.

Eine diskutable Entscheidung, vor allem bei den Fans, wie auch O'Neils Nachfolger Andoni Iraola weiß. Besonders nachdem der Verein von Englands Südküste immer noch auf den ersten Sieg in der jungen Premier-League-Saison wartet (drei Unentschieden, vier Niederlagen). Eine Tatsache, die schon früh in der Saison viel Druck auf den im Baskenland geborenen Trainer ausübt. Dazu der Wunsch der Fans, von denen sich viele gefreut hätten, wenn O'Neil noch bei den Cherries geblieben wäre. Etwas, das der Spanier, wie er im Interview mit "The Telegraph" verrät, aushalten muss. Befreien soll da der erste Premier-League-Sieg in seiner Amtszeit im Spiel bei Everton am Samstag (16 Uhr).

Auf jeden Fall nicht die leichtesten Voraussetzungen für den ehemaligen Fußballspieler, der im Sommer als eines der begehrtesten Trainertalente im Fußball zählte und eine neue Spielweise an der englischen Südküste prägen soll. Eine offensivere und attraktivere - eben diese Art und Weise von Fußball mit der beispielsweise Brighton & Hove Albion trotz geringerer finanzieller Mittel in letzter Zeit die Premier League verzückt hatte. Eine, zu der O'Neil nicht mehr passte, und Iraola eben schon.

Auf der Suche nach der richtigen Balance

Denn der ehemalige spanische Nationalspieler, der für Athletic Bilbao über 500-mal die Fußballschuhe geschnürt hat, ist für intensiven und offensiven Pressing-Fußball bekannt, mit dem sich der Baske zuletzt während seiner Zeit bei Rayo Vallecano viel Anerkennung verdiente. Den Verein aus Madrid hatte der Trainer zuerst im Jahre 2021 zurück in die LaLiga geführt und schaffte in der Folge zwei Mal ungefährdet den Klassenerhalt. Doch in seiner neuen Heimat ist der 41-Jährige noch auf der Suche nach der richtigen Balance, wie die Fans der Cherries auch beim 0:4 gegen Arsenal, trainiert von seinem Kindheitsfreund Mikel Arteta, feststellen mussten.

Trotzdem blickt der Baske positiv auf die Zukunft voraus. Der 41-Jährige war sich schon bei Antritt des Jobs bewusst, dass seine Idee des Fußballs auf die Stärken seiner Spieler angepasst werden muss, um gegen die Top-Teams zukünftig erfolgreich zu sein, doch spürt er bei seinem Team eine besondere Arbeitsethik und die Bereitschaft, den neuen Weg mitzugehen. Und so Bournemouth zukünftig besser zu machen. Von seiner grundsätzlichen Idee des Fußballs will der Baske jedoch auch nicht als Außenseiter abweichen und ist bereit, dafür mit den Konsequenzen zu leben.

So begegnet Iraola auch nach dem schweren Start - die Cherries spielten in der Liga bereits gegen die Spurs, Liverpool, Brighton und Arsenal - dem Damoklesschwert, dass der ehemalige Nationalspieler der Hauptschuldige sei, wenn die Ergebnisse nicht stimmen, mit einem gesunden Grundoptimismus. Obwohl in Bournemouth Trainern zuletzt wenig Zeit gegeben wurde - seit der Saison 2020/21 trainierten fünf verschiedene Trainer den Verein. Nach nur drei Punkten und Platz 19 nach sieben Spieltagen konnte jedenfalls auch der Spanier in der jungen Saison noch nicht viele Argumente für sich sammeln.

Wie lange bleibt Iraola noch Trainer?

Seinen Kopf in den Sand stecken wird der ehemalige Rechtsverteidiger jedoch nicht, viel mehr zählt es, die Zeit zu genießen, hatte Iraola eigentlich nie das große Bedürfnis, Trainer zu werden. Erst die Zusammenarbeit mit Patrick Vieira während seiner letzten Station als professioneller Fußball bei New York City eröffnete ihm, wie er in "The Coaches Voice" schrieb, eine neue Perspektive - geprägt vom Einfluss von Manchester City.

Überraschend offen gibt der 41-Jährige so im Interview mit "The Telegraph" zu, sich nur für eine begrenzte Zeit als Trainer arbeiten zu sehen:  "Ich bin nun 41 Jahre alt und ich weiß nicht, wie lange das halten wird, aber ich weiß, es ist nicht für lange." Eine sehr persönliche Angelegenheit für den Trainer, der sich seine Gedanken macht, nachdem sich seine Arbeit nur schwer mit dem Familienleben vereinbaren lässt. Besonders die vielen Wohnortswechsel sind dem Basken, der in seiner Profikarriere nur für zwei Vereine spielte, ein Dorn im Auge: "Du kannst nicht alle zwei Jahre deinen Wohnort wechseln", blickt er voraus, "irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem andere Dinge priorisiert werden müssen."

mwe

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