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Juninho: Der Künstler

Frankreich: Der Brasilianer Juninho (31) ist der "Spieler des Jahres" in Frankreich

Juninho: Der Künstler

Juninho Pernambucano

Freistoß-Spezialist Juninho, ein Brasilianer, der mit dem Ball kreativ umgehen kann. imago

Das war eine verdiente Premiere. Nach fünf Jahren in Lyon und fünf Titeln in Folge mit Olympique wurde der Brasilianer Juninho von seinen französischen Profi-Kollegen zum "Spieler des Jahres" der Ligue 1 gewählt. In der Vorsaison war der 31-jährige Mittelfeldspieler noch knapp seinem Teamkollegen Michael Essien (jetzt Chelsea) unterlegen. Jetzt gelang der Triumph.

Der hellhäutige Brasilianer gehört zu jener Sorte von Fußballern, die alle Zahlen, Daten und Fakten seiner Karriere wie aus der Pistole geschossen runterrasseln können. Jedes Tor seiner Karriere hat er gespeichert, die Gesamtzahl der Treffer, alle Spiele. Da ist Juninho Perfektionist und er liebt Auszeichnungen dieser Art. Die verdiente Ehre für einen Profi, der über die Jahre in Lyon zum entscheidenden Faktor für den fünfmaligen Titelgewinner wurde.

"Die Auszeichnung als bester Spieler der Ligue 1 ist eine Riesenfreude und erfüllt mich mit Stolz"

Juninho

Mehr noch: Längst haben die Lyonnais entsprechend seiner Spielweise das Mittelfeld "konstruiert". Neben dem omnipräsenten Juninho Pernambucano, wie er in seiner Heimat zwecks besserer Unterscheidung genannt wird, sichern Tiago und vor allem Diarra defensiv ab. Unzählige Male war Juninho für Olympique spielentscheidend, rettete das Team in letzter Minute. Oft mit einem seiner famosen Freistöße, die schon ganz Europa in Verzückung brachten. Die Schusstechnik des "Künstlers" ist vielen Torleuten ein Buch mit sieben Siegeln, egal, ob die Bälle als kaum berechenbare Aufsetzer kommen oder sich, scheinbar ungefährlich, im letzten Moment in den Winkel senken. So wie zuletzt im Champions-League­Achtelfinalspiel in Eindhoven beim 1:0-Erfolg.

"Juni ist ein Leader", erklärt Gérard Houllier, sein Trainer, voller Hochachtung, "er verdient diese Auszeichnung. Er hat alles für den Klub getan und wird seine Karriere hier wohl auch beenden. Das sagt alles über seinen Charakter aus." Längst genießt er bei Lyon die höchste Akzeptanz. Auch in der Kabine, wo er Keeper Coupet als Wortführer abgelöst hat. "Anfänglich", gesteht der Goalie heute, "habe ich noch geschmunzelt, als er stinkig war, wenn ich laut wurde. Heute bringt er die Dinge verbal und vehement auf den Punkt".

Schon vor Saisonbeginn, im Juli des vergangenen Jahres, bezeichnete "Juni" die vergangene Spielzeit als entscheidend. Die WM in Deutschland beschäftigte ihn Tag und Nacht. Verständlich, nachdem er vor vier Jahren den Zug nach Asien noch verpasst hatte. Eine ähnliche Erfahrung wollte er sich 2006 ersparen. "2002, das war die bisher größte Enttäuschung meiner Laufbahn", gesteht der Brasilianer, der an der Rhone längst heimisch geworden ist und fließend französisch parliert, "als Fußballer musst du eine Weltmeisterschaft erlebt haben. Das ist das Höchste, da muss man dabei sein!" Jetzt reist er als Mitglied der Selecao mit breiter Brust nach Deutschland. "Die Auszeichnung als bester Spieler der Ligue 1 ist eine Riesenfreude und erfüllt mich mit Stolz. Dank der Mannschaft genieße ich eine wunderbare Phase in Lyon. Dennoch bleibe ich bescheiden und demütig, werde weiter an mir arbeiten und hoffe, dem Team in der kommenden Saison noch mehr geben zu können", sieht sich Juninho noch längst nicht in seinem sportlichen Ehrgeiz befriedigt.

"Das wäre ein großer Moment für mich und ich habe die Hoffnung, bis zum Ende des Turniers im Juli dabeizusein"

Juninho über die bevorstehende WM

Juninho, der Star, der sich immer in den Dienst der Mannschaft stellt, der wechselweise mehrere Positionen bekleiden kann. Der auch weiß, was ihm noch fehlt. "Wäre ich so schnell wie Henry, dann könnte ich auch den Ballon d’Or, die Auszeichnung als Fußballer Europas gewinnen. Aber das fehlt mir einfach." Dennoch arbeitet er akribisch an seinem nächsten Ziel: dem Stammplatz in der Selecao. Kein einfaches Unterfangen bei der Qualität im brasilianischen WM-Kader.

Doch seine Hoffnung hat Juninho noch längst nicht aufgegeben. Mehr noch: Er glaubt an seine Chance. "Das wäre ein großer Moment für mich", malt sich der "Freistoß-Künstler" die nahe Zukunft aus, "und ich habe die Hoffnung, bis zum Ende des Turniers im Juli dabeizusein." Als Stammspieler. Dann würde Juninho eine weitere Premiere erleben.

Jean Dabah