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Manelinho: Guinea-Bissau ist eine One-Man-Show

Der Verbandspräsident des CAN-Debütanten im kicker-Interview

Manelinho: Guinea-Bissau ist eine One-Man-Show

kicker-Redakteur Hardy Hasselbruch (l.) im Gespräch mit Guinea-Bissaus Verbandspräsident Manelinho.

kicker-Redakteur Hardy Hasselbruch (l.) im Gespräch mit Guinea-Bissaus Verbandspräsident Manelinho. kicker

kicker: Wie erleben Sie als Verbandspräsident die erste Endrundenteilnahme mit Guinea-Bissau bei der CAN?

Manelinho: Für mich ist das der pure Stolz! Eine Belohnung für die Arbeit, die wir erledigt haben. Auch als Patriot. Wir haben damit den Traum aller Landsleute erfüllt. Das war nicht leicht, aber es war auch nicht unmöglich. Wir haben unser Land erweckt und haben es zu den besten Nationen Afrikas geführt.

kicker: Es heißt, das sei allein Ihr Verdienst. Sie hätten mit Ihrem Engagement alles in die richtigen Bahnen gelenkt.

Manelinho: Wissen Sie, es hat bis dato nie eine richtige Nationalmannschaft gegeben. Sie lebte immer im totalen Handicap.

kicker: Warum?

Manelinho: Weil der Staat sich dafür nie interessiert hat. Also wurde jemand benötigt, der voller Dynamik, Kreativität und Perfektion an die Arbeit ging. Ich bin zwar nur der Präsident, die Arbeit auf dem Feld müssen unsere Spieler verrichten. Den Großteil der Verbandsarbeit hat der Generalsekretär erledigt - eine Frau. Vor ihr ziehe ich meinen Hut. Dank ihres großen Engagements können wir jetzt unsere Erfolge genießen. Die Teilnahme an der CAN haben wir ihr zu verdanken.

kicker: Und der Trainer Baciro Candé?

Manelinho: Der kam erst später dazu. Den haben wir erst vor knapp einem Jahr dazugeholt. Zuvor hatten wir zwei portugiesische Trainer, aber die haben nichts gemacht, haben uns nie für irgendetwas qualifiziert. Den ersten habe ich entlassen und der Staat hat mich gezwungen, erneut einen Portugiesen zu verpflichten. Ich war damit nicht einverstanden, hatte aber keine andere Wahl. Als die Resultate wieder nicht passten, habe ich beschlossen, ihn zu entlassen. Dann habe ich einen lokalen Trainer verpflichtet. Und der hat seine großen Qualitäten, obwohl er nicht die höchsten Trainer-Lizenzen besitzt. Aber er kennt sich aus im Fußball.

Baciro Candé

Der Trainer von Guinea-Bissau: Baciro Candé. picture alliance

kicker: Hat er die Spieler, die vor allem in Portugal unter Vertrag stehen, für die Mannschaft rekrutiert?

Manelinho: Die Mannschaft lebte zuvor wie in einer Diaspora. Das Fehlen wirtschaftlicher Mittel führte dazu, dass zumeist einheimische Spieler in der Nationalelf aufliefen. Inzwischen kommen auch die Profis, die in Portugal unter Vertrag stehen. Wissen Sie, wir hätten noch ganz andere Möglichkeiten. So hat Bruma, ein Offensivspieler, der bei Galatasaray in Istanbul unter Vertrag steht, auch einen Pass in Guinea-Bissau. So gibt's etwa ein Dutzend Profis, die wir noch einsetzen könnten. Und trotzdem haben wir die CAN erreicht! Auch wenn wir am Mittwoch gegen Kamerun verloren haben, sind wir sehr stolz auf die Mannschaft.

kicker: Weil sie praktisch bei null angefangen hat?

Manelinho: Schauen Sie, wir haben doch überhaupt keine wirtschaftlichen Mittel. Wir haben keine Sponsoren wie beispielsweise Kamerun, Algerien oder andere große afrikanische Nationen.

Wir haben zwar ohne Mittel die Endrunde erreicht, aber wo könnten wir stehen, wenn wir finanziell besser aufgestellt wären.

kicker: Gibt's denn überhaupt einen Ligenbetrieb in Guinea-Bissau?

Manelinho: Sicher, bei uns gibt's eine 1. und 2. Liga. Aber es fehlt eben überall am Geld. Und im Fußball kann man ohne Geld kaum etwas erreichen. Bei uns fehlt es an wirtschaftlichen Ressourcen. Dafür kämpfe ich praktisch jeden Tag mit dem Staat, dass er uns Mittel zur Verfügung stellt. Wir haben zwar ohne Mittel die Endrunde erreicht, aber wo könnten wir stehen, wenn wir finanziell besser aufgestellt wären. Auch deshalb bin ich immer auf der Suche nach Sponsoren.

kicker: Haben Sie bisher das ganze Engagement selbst finanziert?

Manelinho: Der Staat schuldet mir bisher 670.000 Euro! Ich bin Unternehmer und Geschäftsmann und zahle die Unterbringung der Spieler, die Flüge und alles Weitere. Aber ich kann nicht alles allein finanzieren, das habe ich auch schon der CAF mitgeteilt.

kicker: Das heißt, die Nationalmannschaft gehört Ihnen?

Manelinho: Das ist meine Mannschaft. Sie gehört aber auch dem Land Guinea-Bissau und darauf bin ich besonders stolz.

kicker: Kann die Mannschaft dem Staat ein Signal geben?

Manelinho: Wissen Sie, wäre ich Präsident der Republik, würde ich mehr auf den Fußball setzen. Wenn ich etwas zu sagen hätte, würde ich auf drei Pfeiler setzen: die Gesundheit, die Erziehung und den Sport. Später dann auf die Infrastrukturen.

Ich habe doch einen Kamikaze-Job angetreten!

kicker: Ihr Land steht auf Rang 68 des FIFA-Rankings. Was empfinden Sie dabei?

Manelinho: Viel, viel Stolz! Wir waren früher immer so um den Platz 160, über Jahre hinweg, wir mussten immer nach ganz unten schauen... Das ist die Belohnung für eine kollektive Arbeit. Ich habe doch einen Kamikaze-Job angetreten!

kicker: Sind Sie als Präsident froh über die Erfahrung einer Endrunden-Teilnahme?

Manelinho: Natürlich. Ich was auch, dass andere Mannschaften einen ganz anderen Stand haben als wir. Aber wir wissen jetzt, wo wir ansetzen müssen, wo wir korrigieren müssen. Wir haben gesehen, dass wir noch mehr arbeiten müssen, dass wir noch mehr Widerstand leisten müssen. Aber für weitere Verbesserungen bräuchten wir einen Sponsor, dann wären wir auch unabhängig vom Staat.

kicker: Glauben Sie denn trotz aller Probleme, dass Sie irgendwann auch Spieler wie Bruma für Ihre Mannschaft gewinnen können?

Manelinho: Klar, das ist unser Ziel. Wenn wir nach Guinea-Bissau zurückkehren, werden wir alle Profis noch einmal versuchen zu überzeugen. Seid patriotisch, spielt für euer Land! Schauen Sie, für uns ist die Teilnahme an der Endrunde der CAN ein großer Erfolg. Andere Nationen wie beispielsweise Nigeria, Sambia oder auch Südafrika haben sich gar nicht erst qualifiziert.

Ist Guinea-Bissau momentan eine One-Man-Show?

Manelinho: Ja, das kann man so sagen.

Interview: Hardy Hasselbruch

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