Bondscoach Frank De Boer nahm gegenüber dem ungefährdeten 3:0-Erfolg gegen Nordmazedonien nur eine Veränderung im Mittelfeld vor: de Roon spielte anstelle von Gravenberch. Wolfsburg-Angreifer Weghorst blieb also erneut nur ein Platz auf der Reservebank.
Anders war die Situation bei den Tschechen. Dort hoffte man bis zuletzt auf einen Einsatz von Mittelfeldmann Darida, doch der Herthaner schaffte es verletzungsbedingt nicht und wurde von Barak vertreten. Nationaltrainer Jaroslav Silhavy wechselte im Vergleich zur 0:1-Niederlage gegen England zwei weitere Male: Sevcik und der Hoffenheimer Kaderabek erhielten den Vorzug vor dem Duo Jankto (Bank)/Boril (Sperre).
Oranje-Tor liegt nur früh in der Luft
Im Tollhaus Puskas-Arena ging es nicht nur auf den Rängen von Beginn an zur Sache (55.000 Zuschauer), sondern auch auf dem Rasen. Die Niederländer drückten gerade auf den Außenbahnen gewaltig aufs Tempo, hatten aber auch im Zentrum meist ein Übergewicht. Die ersten Abschlüsse (De Ligt aus abseitsverdächtiger Position, 8.; Dumfries, 13.) ließen ebenfalls nicht lange auf sich warten.
Sobald die Tschechen jedoch ihren Abwehrriegel - bestehend aus einer Fünferkette sowie vier weiteren Männern davor - positioniert hatten, taten sich die Jungs von Bondscoach De Boer schwer. Vielmehr waren es die Tschechen, die trotz des spielerischen Übergewichts von Oranje die Chancen kreierten: Souceks Flugkopfball ging links am Tor vorbei (22.), Schicks leicht abgefälschter Distanzschuss landete in Stekelenburgs Armen (28.).
De Ligt erst Weltklasse, dann fahrlässig
So war es nach einer halben Stunde tatsächlich ein Spiel auf Augenhöhe, weil die zweikampfstarken Tschechen mittlerweile selbst längere Ballbesitzphasen generierten und durch Barak auch die größte Chance im gesamten ersten Durchgang hatten: Rechts im Strafraum klärte De Ligt in letzter Sekunde (38.). Auch die Niederländer kamen noch einmal gefährlich vor das gegnerische Tor, Van Aanholt stand jedoch klar im Abseits, verzog aber ohnehin (45.+2).
Matthijs De Ligt rettete in der ersten Hälfte Weltklasse, flog dann aber im zweiten Durchgang mit Rot vom Feld. imago images
Der zweite Durchgang ging hochkarätig weiter: Erst hätte Malen, allein auf Keeper Vaclik zulaufend, das 1:0 für Oranje erzielen müssen, doch der Tscheche ließ sich nicht umkurven (52.). Im direkten Gegenzug geriet De Ligt, der sein Team in der 38. Minute noch überragend vor dem Rückstand bewahrt hatte, ins Stolpern und spielte als letzter Mann gegen Schick den Ball kurz vor dem Strafraum mit der Hand (52.). Erst nach dem Einschalten des VAR stellte Schiedsrichter Sergei Karasev den Mann von Juventus Turin vom Feld (55.).
Matchwinner Holes: Erst per Kopf, dann per Vorlage
Damit waren die Tschechen mehr als eine halbe Stunde lang in Überzahl - und wurden fortan immer stärker: Hoffenheims Kaderabek hätte sein Land bereits in Führung schießen können, doch Dumfries klärte mit einer überragenden Fußabwehr (64.). Vier Minuten später aber brach großer Jubel bei der Silhavy-Elf aus, als Holes im Anschluss an eine Barak-Ecke per Kopf aus kurzer Distanz zum 1:0 einnickte.
Natürlich setzte De Boer nun alles auf eine Karte, brachte mit Weghorst einen weiteren Angreifer. Doch es waren die Tschechen, die die neu entstandenen Räume zu nutzen wussten und den Sack zehn Minuten vor dem Ende zumachten: Auf Vorlage von Holes erzielte Leverkusens Angreifer Schick mit seinem vierten Turniertreffer den 2:0-Endstand (80.).
Während die Niederländer samt ihrer vielen tausend Fans die Heimreise antreten müssen, spielen die Tschechen am kommenden Samstag in Baku (18 Uhr) das EM-Viertelfinale gegen Dänemark.