Formel 1

Fritz Kreutzpointner: Michael Schumacher war "ein neuer Senna, ganz klar"

Früherer Teamkollege Kreutzpointner erinnert sich

Schumacher war "ein neuer Senna, ganz klar"

Frisch gestylt: Fritz Kreutzpointner, Karl Wendlinger und Michael Schumacher (v.l.).

Frisch gestylt: Fritz Kreutzpointner, Karl Wendlinger und Michael Schumacher (v.l.). Daimler

Dass sich die beiden nach kurzer Zeit schon gut verstehen würden, war zumindest beim ersten Kennenlernen nicht zu erwarten. Kreutzpointner (51), der heute in dritter Generation ein 1200-Mitarbeiter-Unternehmen im bayerischen Burghausen führt, hatte im Jahr 1988 schon mehr als zwei Jahre Erfahrung in der Formel Ford.

Schumacher zog von Anfang an seinen Fahrstil durch

In diese Klasse stieß im Laufe der Saison auch Michael Schumacher - und machte sich von Beginn an erst mal wenig Freunde: "Er fiel sofort mit äußerst kompromissloser Fahrweise auf und fuhr im Windschatten derart nah auf, dass alle erschraken", schildert Kreutzpointner. Doch der junge Kerpener wollte sich den "Einlauf" des Arrivierten nicht gefallen lassen: "Mensch, Fritz, red' nicht so rum! Das gehört dazu", sagte er zu Kreutzpointner - und fuhr weiter seinen Stil.

Mercedes sicherte sich die deutschen Talente

Ein Jahr später wurde aus den Formel-Ford-Konkurrenten ein Team. Mercedes, zu dieser Zeit unter der Leitung von Jochen Neerpasch auf dem Sprung, die seit dem Le-Mans-Unfall 1955 verhängte Abstinenz vom Motorsport zu beenden und nach Möglichkeit in der Formel 1 an den Start zu gehen, streckte seine Fühler aus. Gesucht und rasch auch verpflichtet wurden die besten deutschen bzw. deutschsprachigen Rennsporttalente: neben Michael Schumacher auch Heinz-Harald Frentzen, Karl Wendlinger, Thomas Winkelhock und Fritz Kreutzpointner. Die formel-3-erfahrenen Schumacher, Wendlinger und Frentzen sollten ab 1990 in der Langstrecken-WM (Gruppe C) fahren, Kreutzpointner und Winkelhock in der DTM, in der Mercedes ebenfalls nun auf Werkssport setzte.

Erinnerungen: Michael Schumachers ehemaliger Stallkollege Fritz Kreutzpointner im Gespräch mit kicker-Redakteur Stefan Bomhard.

Erinnerungen: Michael Schumachers ehemaliger Stallkollege Fritz Kreutzpointner im Gespräch mit kicker-Redakteur Stefan Bomhard. kicker

Weil aber Frentzen dem Mercedes-Plan nicht vertraute und sich nach Japan in die dortige Formel 3000 locken ließ, rutschte Kreutzpointner für 1991 parallel auch ins Gruppe-C-Team. Während die WM-Läufe in Zweierbesetzung gefahren wurden (Schumacher/Wendlinger), brauchte es für Le Mans einen dritten Mann: Kreutzpointner. Der bekam aus nächster Nähe mit, welches Supertalent da in Person von Schumacher heranreifte: "Für mich stand fest: Er hat's verdient, das ist ein neuer Senna, ganz klar."

Mass war Mentor für den Nachwuchs

Eine wichtige Rolle für die Mercedes-Junioren spielte Jochen Mass, zu diesem Zeitpunkt Deutschlands einziger Formel-1-Fahrer neben Wolfgang Graf Berghe von Trips, der je einen Grand Prix für sich entschieden hatte. Er nahm die drei Jungs unter seine Fittiche und formte sie zu professionellen Rennfahrern. "Für diese Rolle", sagt Kreutzpointner, "war er genau der Richtige, denn ihm war nicht egal, was aus uns wurde. Andere Routiniers, wie Jean-Louis Schlesser, hielten still, solange sie schneller waren. Aber Mass wusste, dass seine Glanzzeit vorbei war. Er kümmerte sich um uns, fahren aber mussten wir schon selbst. Er riet uns, ganz locker nach Le Mans zu gehen."

Wir waren Anfang 20, das war uns wurscht.

Fritz Kreutzpointner über die Gefahren auf der Rennstrecke.

Ganz locker bleiben bei Geschwindigkeiten jenseits der 400er-Grenze auf der langen und gefürchteten Hunaudières-Geraden? "Ganz offen", erzählt Kreutzpointner fast 30 Jahre später, "wir waren Anfang 20, das war uns wurscht. Wir durften ein Werksauto in Le Mans fahren, hätten gewinnen können, wenn das Auto gehalten hätte. Da macht man sich wegen der Gefahr nicht so große Gedanken."

Der eine Weltmeister, der andere Unternehmer

Danach trennten sich ihre Wege rasch. Während aus Schumacher der siebenmalige Formel-1-Weltmeister wurde, blieb Kreutzpointner für insgesamt 66 Starts in der DTM und wechselte dann in die Truckrennszene. Zweimal wurde er dort Europameister, ehe er den Familienbetrieb in Burghausen übernahm und zur heutigen Größe ausbaute.

Stefan Bomhard

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