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Kommentar: Schutz für Azmoun und die mutigen Menschen im Iran

Kommentar

Schutz und Unterstützung für Azmoun und die mutigen Menschen im Iran

Protest gegen das Regime der Mullahs: Sardar Azmoun und die iranische Nationalmannschaft.

Protest gegen das Regime der Mullahs: Sardar Azmoun und die iranische Nationalmannschaft. imago images (2)

Muhammad Ali, der größte Kämpfer aller Zeiten, war es, der einst Maßstäbe setzte in Sachen Mut, Courage und Verweigerung. Dies nicht in einem seiner legendären Kämpfe. Dies als Mensch, der aufstand und "Nein!" sagte. Der lieber eine Anklage auf sich nahm, als mit der US Army in Vietnam Menschen zu erschießen, "die mir nichts getan haben".

Über ein halbes Jahrhundert ist es her, dass Ali zu fünf Jahren Haft (die er nach Zahlung einer Kaution nicht antreten musste) verurteilt wurde, seinen Status als Box-Weltmeister im Schwergewicht gestohlen bekam und mit einem Berufsverbot belegt wurde. 1971 wurde er vom Obersten Gerichtshof der USA rehabilitiert. Er kehrte zurück in den Ring und holte sich noch zweimal den Weltmeistertitel.

Ali wuchs zum globalen Helden, zu einer Figur, die jedes Land für sich reklamierte, zu einem der beliebtesten und meist geachteten Menschen auf der Erde. Für ihn bedeutete Zivilcourage eine Selbstverständlichkeit. Dass diese nicht immer selbstverständlich ist, hat sicher jeder Mensch schon erfahren. Sie verlangt oft Opfer, auch weil sie Wahrheiten ans Licht bringt, die unangenehm sind.

Ist Popularität ein Schutz?

Umso bedeutender sind die Reaktionen iranischer Fußballer auf den Tod ihrer Landsfrau Jina Mahsa Amini in den vergangenen Tagen. Man muss sich im Klaren darüber sein, dass hier Menschen ihr eigenes und das Leben ihrer Angehörigen aufs Spiel setzen. Als beispielsweise Sardar Azmoun, Profi von Bayer Leverkusen, dem Entsetzen darüber Ausdruck verlieh, was in seiner Heimat im Namen Allahs geschieht, rückte er im selben Augenblick in den Fokus des menschenverachtenden Mullah-Regimes.

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Seine Popularität wird ihn schützen - die Frage ist, wie lange? Azmoun setzte sich mit seiner Solidaritätsbekundung für die protestierenden iranischen Frauen einer Gefahr aus. Denn dieses verknöcherte, mittelalterliche System greiser Männer führt Krieg gegen das eigene Land und schreckt offenbar vor nichts zurück, was nicht zuletzt die Zahl der ermordeten und gefolterten Demonstrierenden belegt. Am Sonntagabend waren örtlichen Medienberichten zufolge Sicherheitskräfte an der Elite-Universität Scharif mit Gewalt gegen Studierende vorgegangen, auch mehrere Professoren sollen verprügelt worden sein.

Schwarze Trikots, kein Torjubel

Im ersten Augenblick klingt die Forderung nach einem Ausschluss der iranischen Nationalmannschaft von der WM in Katar verständlich. Bei Lichte besehen aber würde diese nur den Mullahs helfen. Denn das Turnier bietet dem Protest auch eine Bühne. Vor dem Länderspiel gegen den Senegal in der vergangenen Woche zogen die iranischen Fußballer beim Abspielen der Nationalhymnen neutrale schwarze Jacken über ihre Trikots, Azmouns Treffer zum 1:1 blieb unbejubelt. Zeichen der Trauer, aber auch der kämpferischen Entschlossenheit.

Wie lange ihr Kampf letztlich dauern und wie verlustreich er sein wird, vermag niemand zu sagen, auch der Korrespondent des kicker in Teheran ist seit Tagen nicht erreichbar. Klar ist aber, dass Menschen wie Azmoun und mit ihm Hunderttausende mutige Iranerinnen und Iraner Beistand, Schutz und jegliche Unterstützung bekommen müssen.