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WM 2022: Sieberts schwerer Gang und eine Handgreiflichkeit

Deutsche Schiedsrichter als Zielscheibe der wütenden Uru-Stars

Sieberts schwerer Gang und eine Handgreiflichkeit

Schiedsrichter Daniel Siebert (li.) im Fokus des Ärgers.

Schiedsrichter Daniel Siebert (li.) im Fokus des Ärgers. IMAGO/Sports Press Photo

Aus Katar berichtet Thiemo Müller

Mit 2:0 siegte Uruguay im Gruppenfinale gegen Ghana hochverdient. Vor allem die Offensivstars Luis Suarez und Darwin sowie natürlich der zweifache Torschütze Giorgian de Arrascaeta hatten diesmal überzeugt. Am Ende fehlte der Celeste wegen Südkoreas sensationellem 2:1 gegen Portugal dennoch ein Tor zum Weiterkommen. Bei den Südamerikanern herrschte folglich pure Enttäuschung - und blanke Wut.

Im Zentrum der Emotionen: Schiedsrichter Daniel Siebert, der in den Augen der Betroffenen den an sich rechtmäßigen Achtelfinaleinzug Uruguays auf dem Gewissen hatte. Speziell wegen dieser Aktion in der 57. Minute: Ghanas Verteidiger Daniel Amartey brachte Darwin mit einer Grätsche im Strafraum zu Fall. Siebert ließ zunächst weiterspielen, wurde dann aber von VAR Bastian Dankert in die Review-Area geschickt. Dort studierte der 38-jährige Bundesliga-Referee die Bilder äußerst ausführlich - und kehrte mit einer auf den ersten Blick überraschenden Botschaft zurück: kein Strafstoß. Allerdings: Amartey traf bei seinem höchst riskanten Einsatz nicht nur hauptsächlich den Gegner, sondern zumindest minimal auch den Ball. Weshalb Sieberts Entscheidung zumindest vertretbar bleibt.

Spielbericht

Ordnungspersonal griff viel zu spät ein, um die Referees zu schützen

Unmittelbar nach der umstrittenen Szene hielten sich die uruguayischen Proteste noch in Grenzen, befand sich der Favorit beim Stand von 2:0 und einem 1:1 im Parallelspiel doch voll auf Achtelfinalkurs. Aber als am Ende ein Treffer fehlte, kam man natürlich noch einmal auf die 57. Minute zurück. Verteidiger José Maria Gimenez und Stürmer Edinson Cavani bestürmten den Unparteiischen auf dem Weg in die Kabine, sahen dafür nach Abpfiff auf dem Feld noch Gelb.

Ein klares Versäumnis der FIFA: Ordnungspersonal griff viel zu spät ein, um das Schiri-Team im Gedränge zu schützen. Etwas unglücklich allerdings, dass Siebert letztlich nicht gemeinsam mit seinen Assistenten das Feld verließ. So bekam er die Handgreiflichkeit von Uruguays Ersatztorwart Fernando Muslera gegen Linienrichter Rafael Foltyn nicht mehr mit, die eine Rote Karte verdient gehabt hätte. Foltyn zeigte die Aktion jedoch direkt bei einem FIFA-Offiziellen an, ein Sonderbericht und ein Nachspiel für Muslera dürften folgen.

Otto Addo lobt: "Ich muss ehrlich sagen, ich fand den Schiri richtig gut."

Einen weiteren Elfmeter hatte Cavani übrigens in der Nachspielzeit gefordert, als er im Laufduell mit Alidu Seidu ebenso wie der Verteidiger zu Boden gegangen war. Hier lag Siebert freilich sogar unstrittig richtig: Cavani hatte den Kontakt gesucht, nicht Seidu. Uruguays Coach Diego Alonso machte das knappe Aus dann zwar ebenfalls am Schiedsrichter fest - aber nicht an Siebert. Sondern an dessen iranischem Kollegen Alireza Faghani, der das zweite Gruppenspiel gegen Portugal (0:2) gepfiffen hatte: "Wir sind wegen des portugiesischen Elfmeters jetzt nicht mehr dabei. Das war kein Strafstoß, egal was die FIFA sagt."

In der Tat handelte es sich bei Gimenez' geahndetem Handspiel in der Nachspielzeit um eine krasse Fehlentscheidung. Vor einer solchen blieb Siebert verschont, so problemlos wie seine Auftaktpartie Tunesien gegen Australien (0:1) verlief das Duell am Freitag aber nicht. Pech, dass beim klaren Elfmeter für Ghana (den André Ayew verschoss) VAR-Hilfe nötig war. Allerdings nicht wegen einer falschen Zweikampfbeurteilung, sondern wegen eines knapp unberechtigten Abseitspfiffs.

Statt des gewohnt kommunikativen Auftretens hätten Suarez und Kollegen zudem die Sprache einer kürzeren Leine vermutlich besser verstanden. Zwischenzeitlich litt Sieberts Autorität erkennbar, gerade in der hektischen Schlussphase bekam er die Begegnung aber wieder in den Griff. Und durfte sich immerhin über ein Kompliment von Ghanas Trainer Otto Addo freuen: "Ich muss ehrlich sagen, ich fand den Schiri richtig gut." Um wertvolle Erfahrungen dürfte Siebert allemal reicher sein.

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