Bundesliga (D)

Stiller Handball-Star: Juri Knorr und die Flucht aus dem Rampenlicht

Auch morgen wieder im Fokus

Stiller Handball-Star: Juri Knorr und die Flucht aus dem Rampenlicht

Juri Knorr

Juri Knorr Sascha Klahn

Natürlich steht Juri Knorr am morgigen Dienstag wieder im Fokus. Wenn die Handballer der Rhein-Neckar Löwen im Viertelfinal-Hinspiel Sporting Lissabon empfangen, könnte es der letzte European-League-Auftritt des viel diskutierten Nationalspielers vor Heimpublikum sein.

In der kommenden Saison sind die in der Bundesliga abgestürzten Mannheimer nur deutschlandweit unterwegs. Und im Sommer 2025 verlässt der Mittelmann den zweimaligen Pokalsieger - vermutlich in Richtung Dänemark. Nach sich immer weiter verstärkenden Spekulationen bestätigten die Rhein-Neckar Löwen den Abschied von Juri Knorr vor einer Woche.

Seit seinen fulminanten WM-Auftritten im Vorjahr ist der 23 Jahre alte Spielmacher das Aushängeschild des deutschen Handballs. Hoffnungsträger, Galionsfigur, Publikumsliebling. Die Erwartungen sind hoch. Entsprechend groß ist der Druck. Gewinnt das DHB-Team, ist Knorr der Held. Bleiben Knorrs Leistungen aus, prasselt gnadenlose Kritik auf den introvertierten Rückraumspieler ein.

Weniger Druck in Dänemark?

Zu viel für den zurückhaltenden Jungen aus dem Norden, der doch einfach nur Handball spielen möchte? "Der Druck (...) ist für ihn, so wie er sein Leben leben möchte, zu groß", hatte Ex-Nationalspieler Stefan Kretzschmar vermutet.

Dem Vernehmen nach zieht es Knorr zum dänischen Spitzenclub Aalborg Handbold, der ab Sommer vom früheren Flensburger Trainer Maik Machulla betreut wird. Weniger Aufmerksamkeit, weniger Druck in der Liga, näher dran an der Familie und trotzdem Partien in der Königsklasse sind Argumente, die für einen Wechsel sprechen.

» Nicht weniger Spiele aber weniger Druck: Der Modus in Dänemark

Viel einfacher dürfte es aber auch in Aalborg nicht werden. "Denn in Dänemark ist Handball die Sportart Nummer 1 und der Druck ist da nicht weniger", sagte Welthandballer Mathias Gidsel.

Handball Bundesliga verliert ihr Aushängeschild

Juri Knorr, Handball, Autogramme

Juri Knorr ist nicht nur bei der Handball-Nationalmannschaft bei den Fans gefragt. Sascha Klahn

Viele Experten deuten den Abgang als Flucht aus dem Rampenlicht. "Zu den Gründen meiner Entscheidung kann ich zum aktuellen Zeitpunkt noch wenig sagen. Ich werde dies aber tun, sobald es möglich ist", erklärte Juri Knorr.

Die Handball Bundesliga verliert in Juri Knorr ihren prominentesten Akteur. Niemand schreibt so viele Autogramme wie der gebürtige Flensburger, dessen Vater Thomas ebenfalls in der Bundesliga und im Nationalteam spielte. Niemand muss so viele Selfies knipsen.

"Klar freue ich mich, dass die Aufmerksamkeit gestiegen ist. Aber es war in den letzten Monaten auch ein bisschen viel. Ich bin kein Typ, der das komplett genießt", hatte Juri Knorr rund um die Heim-EM im Januar gesagt - bei den Rhein-Neckar Löwen, bei der Olympia-Quali und im Sommer auch in Paris steht er erneut im Fokus, wird gefragter Gesprächspartner sein.

Dabei ist der bodenständige Rückraumspieler kein Lautsprecher. Auch nicht im eigentlichen Wortsinn: Juri Knorr redet leise, ist extrem selbstkritisch. Seine Worte wählt er mit Bedacht. Nach der EM-Niederlage gegen Kroatien hatte er sich völlig niedergeschlagen beim Publikum für seine Performance entschuldigt und auch bei seinem Abschied richtete er sich mit emotionalen Worten an die Fans.

» Emotionale Worte Richtung Fans: Juri Knorr äußert sich zu Wechsel

Sportpsychologe warnt vor gesundheitlichen Folgen

Sportpsychologe Jürgen Walter weiß, dass introvertierte Sportler tendenziell mehr Schwierigkeiten haben, sich von Druck zu befreien.

"Sie sind mehr nach innen gerichtet, sie hinterfragen mehr, sie reflektieren mehr und kommen dadurch auch leichter ins Grübeln", sagte der Experte der Deutschen Presse-Agentur. Walters Erfahrungen zeigen jedoch, dass der Druck größtenteils selbstgemacht ist. "Jeder Sportler entscheidet selbst, wie gelassen er mit Fehlern oder Rückschlägen umgeht."

Walter appellierte an Athleten, sich selbst mental stark zu machen: "Eigenlob stimmt. Wenn ich das Positive an der Sache sehe, führt das zu einem Druckabbau. Die Freude auf den Erfolg muss der Sorge vor dem Misserfolg immer überwiegen."

Wie viel Druck Knorr wirklich verspürt und welche Gründe ausschlaggebend für den Wechsel sind - das weiß der Weltklasse-Handballer nur selbst. Klar ist aber, dass ihm der Wechsel nicht einfach fällt. "Ich weiß, dass mit dieser Entscheidung ein sehr besonderes Kapitel in meiner Karriere enden wird", schrieb er auf Instagram.

» Juri Knorr über Vater, Handball-EM, Fußball-Stadien, Trikot und Haare

Jordan Raza und Patricia Bartos, dpa und cie