Conference League

Vaduz-Trainer Mangiarratti: "Rapid ist auf eine Stufe mit Konyaspor zu stellen"

Der Trainer der Liechtensteiner im Interview

Vaduz-Trainer Mangiarratti: "Rapid ist auf eine Stufe mit Konyaspor zu stellen"

Alessandro Mangiarratti ist seit Anfang des Jahres Trainer bei Vaduz.

Alessandro Mangiarratti ist seit Anfang des Jahres Trainer bei Vaduz. picture alliance/KEYSTONE

Herr Mangiarratti, der FC Vaduz bekommt es im Conference-League-Play-off mit dem SK Rapid Wien zu tun. Wie schätzen Sie die Chancen Ihrer Mannschaft ein?

Wir sind sicher der Underdog. Wir haben diese Rolle bis jetzt aber immer angenommen und wollen unsere Chance auch diesmal nützen. Wir gehen ohne Druck in dieses Duell. Die Conference League ist für uns einfach ein schönes Abenteuer. Wir genießen das.

Conference League - Play-off

Am Wochenende verlor Rapid mit 1:2 beim LASK. Welche Schwachpunkte haben Sie bei den Wienern ausgemacht?

Ich habe das Spiel gegen den LASK nicht gesehen, aber viele davor. Jene gegen Baku und auch das gegen Austria Lustenau. Wir haben im vergangenen Jahr ebenfalls gegen Lustenau gespielt und ich wollte mir daher einen Eindruck verschaffen. Grundsätzlich habe ich keine großen Schwächen gesehen. Rapid ist eine sehr physische und intensive Mannschaft mit guten Einzelspielern. Wir werden sehen, welche Lösungen wir finden. Klar ist, dass wir unsere Stärken auf den Platz bringen müssen.

Auch Vaduz musste am Wochenende in der zweithöchsten Schweizer Spielklasse mit dem 2:4 gegen den FC Thun einen Rückschlag hinnehmen. Ohnedies hält die Mannschaft nach fünf Spieltagen erst bei zwei Punkten. Wie erklären Sie sich den durchwachsenen Saisonstart in der Meisterschaft?

Man muss das ganz sachlich einordnen: Das ist ganz normal. Wenn ich mir die Wege von Basel oder Zürich in der Super League anschaue, haben sie ähnliche Baustellen wie wir. Wenn man auf mehreren Hochzeiten unterwegs ist, muss man irgendwo Einbußen hinnehmen. Das Problem ist, dass wir in der Conference League gegen Topmannschaften gespielt haben und zudem große Reisestrapazen hatten. Das sind wir nicht gewohnt. Wir haben viel Energie verloren und verfügen leider nicht über einen so breiten Kader, mit dem wir jeden Spieler eins zu eins ersetzen können. Daher fehlen manchmal die körperlichen und mentalen Kräfte. Das haben wir uns natürlich nicht so vorgestellt, aber wir sind über unseren Weg in der Conference League sehr glücklich. Das kam auch für uns überraschend, weil wir gegen zwei höher eingeschätzte Teams (Koper und Konyaspor, Anm.) gewonnen haben. In der Liga wären sicher ein paar zusätzliche Punkte möglich gewesen, aber das kann sich schnell ändern. In der Conference League möchten wir unseren Weg weitergehen.

Ist die Doppelbelastung aus Conference League und Meisterschaft in den ersten Wochen der neuen Saison für Ihre Mannschaft zu viel gewesen?

Ja, das ist viel zu schwierig für uns. Wir sind ein kleines Team mit einem geringen Budget. Unsere Spieler sind diesen Rhythmus nicht gewohnt - vor allem nicht auf diesem Niveau. In der Conference League herrscht ein höheres Level und es ist daher schwierig, drei Tage danach in der Meisterschaft wieder so gut zu spielen. Das ist für uns zu viel. Es kostet uns einfach zu viel mentale und körperliche Energie.

Wir haben für den Verein Geschichte geschrieben.

Alessandro Mangiarratti

In der Conference-League-Qualifikation lief es für Vaduz ja hervorragend, nach Koper schalteten Sie in der vergangenen Runde mit Konyaspor sogar den Dritten der abgelaufenen Süper-Lig-Saison aus. Wie blicken Sie insbesondere auf den 4:2-Auswärtserfolg in der Türkei zurück?

Das war für uns eine große Achterbahnfahrt. Wir konnten uns nicht einmal richtig über diesen Sieg freuen, weil wir am Sonntag bereits wieder ein Spiel hatten und dieses verloren haben. Daher war es in emotionaler Hinsicht ein bisschen schwierig. Natürlich haben wir uns direkt nach dem Spiel sehr gefreut, aber das ist schon wieder vorbei. Wir haben für den Verein Geschichte geschrieben, aber es geht Schlag auf Schlag. Man hat keine Zeit, sich zu freuen oder sich zu ärgern. Man muss schon wieder für das nächste Spiel bereit sein.

Auf welcher Stufe sehen Sie Rapid im Vergleich mit Konyaspor?

Rapid ist auf eine Stufe mit Konyaspor zu stellen. Sie spielen gepflegten Fußball, in diesem Punkt ist Konyaspor aber vielleicht über sie zu stellen. Rapid hat jedoch mehr Kraft und Power nach vorne. Die Qualität der Einzelspieler ist meiner Meinung nach ähnlich. Der Stil der beiden Mannschaften ist unterschiedlich, aber ich sehe sie dennoch auf dem gleichen Leistungsniveau.

Was muss gegen Rapid besonders gut funktionieren, um eine neuerliche Überraschung zu schaffen?

Alles (lacht). Für eine Überraschung muss jeder Spieler seine beste Leistung abrufen. Das gilt auch für das gesamte Trainerteam. Wir müssen vor den Spielen die richtige Energie schaffen. Zudem brauchen wir als Underdog natürlich auch ein Quäntchen Glück. Wir brauchen zwei perfekte Abende. Das wird nicht einfach werden, aber ich vertraue meinen Jungs. Sie haben schon mehrere Male bewiesen, dass sie großes Potential haben. In der Meisterschaft ist manchmal etwas Müdigkeit da, aber wenn sie auf ihrem höchsten Energielevel spielen, können sie sehr viel. Wenn wir das schaffen, haben wir sicher eine Chance.

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Wie wurden die starken Leistungen des FC Vaduz in der Conference League in Liechtenstein wahrgenommen?

In Liechtenstein ist es ziemlich ruhig. Es herrscht keine große Euphorie, aber es gibt auch keine Unruhe, wenn es einmal etwas schlechter läuft. Wichtig ist, dass die Mannschaft diese Chance erkennt und die richtige Energie auf den Platz bringt. Darum geht es.

Mit Anes Omerovic, Kristijan Dobras und Manuel Sutter stehen gleich drei Spieler mit österreichischem Pass im Kader des FC Vaduz. Welche Rolle kommt ihnen zu?

Das sind natürlich drei verschiedene Spielertypen. Sutter ist im Offensivbereich unsere Pressingmaschine, Dobras eher der Stratege. Sie verbindet, dass sie unsere "Aggressive Leader" sind. Omerovic ist für uns ein sehr wichtiger Teamplayer.

Haben Sie sich von ihnen - vor allem von Dobras, der in der Liga ja sowohl für als auch gegen Rapid auflief - schon Tipps für das Spiel geholt?

Bis Sonntag galt unser voller Fokus dem Spiel gegen Thun, aber natürlich spreche ich jetzt mit ihnen über die Partie gegen Rapid. Es ist wichtig, die Spieler einzubeziehen und sich Tipps zu holen, aber im Endeffekt müssen wir als Trainerteam die Entscheidungen treffen.

Wir genießen dieses Abenteuer ganz einfach, haben null Druck und wissen, dass wir auch gegen Rapid eine kleine Chance haben.

Alessandro Mangiarratt

Stichwort Entscheidungen: Ihre bevorzugte Formation ist das 3-4-3-System, insbesondere in der Conference-League-Qualifikation sind Sie von diesem aber auch schon abgewichen. Wie würden Sie den Spielstil des FC Vaduz in dieser Saison beschreiben?

Wir versuchen, in jeder Phase des Spiels proaktiv zu spielen. Wir wollen den Gegner normalerweise früh stören und haben den Ball gerne in unseren Reihen. Aber es stimmt natürlich, dass man sich auch auf den jeweiligen Gegner einstellen muss. Das Ziel ist jedoch immer das gleiche: Wir wollen auf dem Platz aktiv sein.

Am Donnerstag findet in Vaduz das Hinspiel statt, eine Woche später steigt in Hütteldorf das Rückspiel. Werfen wir schon einen kurzen Blick voraus: Was erwarten Sie sich in puncto Stimmung vom Auswärtsspiel in Wien?

Wir freuen uns darauf. In der Schweiz haben wir leider nicht immer die Möglichkeit, vor so vielen Zuschauern zu spielen. Die Rapid-Fans werden sicher auch schon in Vaduz für eine gute Stimmung sorgen. Bei Konyaspor haben wir sehr viel Energie aus der Stimmung gezogen und ich denke, das wird in Wien gleich sein. Das ist einfach geil. Das Ziel von jedem Spieler und Trainer ist, vor so vielen Fans aufzutreten. Das macht großen Spaß. Wir genießen dieses Abenteuer ganz einfach, haben null Druck und wissen, dass wir auch gegen Rapid eine kleine Chance haben.

Das erklärte Saisonziel des FC Vaduz war der Aufstieg in die Super League. Inwieweit ist das nach dem schwachen Start in der Liga noch realistisch?

Aktuell sind wir weit weg, aber Vaduz hatte aufgrund der internationalen Spiele zu Saisonbeginn oft einen schlechten Start. In diesem Jahr haben wir die Doppelbelastung etwas länger als normalerweise, aber wir werden natürlich versuchen, den Rückstand wettzumachen. In der Challenge League kann jeder jeden schlagen. Alle Mannschaften werden daher noch Punkte liegen lassen. Wir wollen eine Serie starten. Manchmal ist es aber leider so, dass man nicht alles haben kann. Entweder man zeigt in der Conference League auf oder spielt auf einem konstanten Niveau in der Meisterschaft. Aktuell widmen wir uns voll und ganz der Conference League. Ich hoffe natürlich nicht, dass das bald vorbei ist, aber danach werden in der Meisterschaft voll angreifen.

Interview: Nikolaus Fink