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Weimann im Interview: "Wäre natürlich ein Traum, bei einem Großereignis einmal dabei zu sein"

England-Legionär ist nach einem Jahr zurück

Weimann im Interview: "Wäre natürlich ein Traum, bei einem Großereignis einmal dabei zu sein"

Andreas Weimann freut sich, beim ÖFB-Team wieder eine Chance zu bekommen.

Andreas Weimann freut sich, beim ÖFB-Team wieder eine Chance zu bekommen. GEPA pictures

Bei seinem Debüt als Teamchef überraschte Ralf Rangnick mit der Aufstellung von Andreas Weimann in der Startelf, der beim 3:0-Erfolg über Kroatien 72 Spielminuten randurfte. Der Angreifer stand auch in drei weiteren Partien in der Anfangsformation, erzielte beim 1:1 gegen Frankreich seinen bisher einzigen Teamtreffer, ehe noch eine Einwechslung im Testspiel gegen Andorra im November 2022 folgte.

Testspiele

Anschließend schaffte er es auch in der EM-Qualifikation gegen Aserbaidschan und Estland in den Kader, kam in den beiden Partien aber nicht zum Zug. Seitdem wartete der 32-Jährige wieder auf eine Berufung, die nun für die beiden anstehenden Testspiele gegen die Slowakei und die Türkei erfolgt ist. Im kicker-Interview spricht er über die Rückkehr zur Nationalmannschaft, seinen Leihwechsel im Frühjahr und wie er sich für einen Platz im EM-Kader bewerben will.

Herr Weimann, nach einem Jahr sind Sie zurück im Nationalteam. Wie gut fühlt es sich an, wieder bei einem Lehrgang dabei zu sein?

Ich habe mich natürlich sehr über die Einberufung gefreut, nachdem ich doch ein Jahr nicht mehr dabei war. Ich genieße die Zeit hier und will jetzt zeigen, was ich kann und dann schauen wir wie es weitergeht.

Was ist Ihnen bei der Rückkehr aufgefallen? Wie sehr hat sich das Team unter Ralf Rangnick seit Ihrer letzten Einberufung weiterentwickelt?

Da wir erst ein paar Mal trainiert haben, habe ich noch nicht so viel davon sehen können, aber bis auf vier neue Spieler sind mir alle bekannt und daher erfolgte die Integration sehr schnell. In dieser Hinsicht hat sich nicht so viel verändert. Man merkt auf jeden Fall, dass die Spielidee des Trainers mittlerweile noch besser implementiert ist und wir haben uns darauf konzentriert, diese mit Blick auf die EM weiter zu verfestigen. Da sind die bisherigen Einheiten schon sehr gut gewesen.

Nachdem Sie bei Bristol nicht mehr so viel Einsatzzeit bekamen und keinen einfachen Herbst hinter sich haben, hätten Sie nochmal daran geglaubt, dass sich der Teamchef bei Ihnen melden wird?

Hoffen tut man natürlich immer. Bei Bristol lief es am Ende nicht mehr so gut, was auch mit meiner Vertragssituation zu tun hatte. Dann kam aber der Leihwechsel zu West Bromwich, wo ich wieder mehr zum Zug komme und mich daher wieder ins Blickfeld spielen konnte. Hoffentlich kann ich so weitermachen und meine Einberufung rechtfertigen.

Gab es Kontakt mit dem Teamchef während Ihrer Abwesenheit vom Nationalteam?

Zu Weihnachten gab es wieder mehr Kontakt, wo ich mit Ralf Rangnick und seinen Co-Trainern geschrieben habe. Sonst war auch immer ein Kontakt da, natürlich nicht so häufig, aber man blieb im Austausch.

Sie haben Ihren Leihwechsel im Jänner angesprochen. Wie wichtig war dieser für Sie persönlich wie sportlich?

Das war schon sehr wichtig. Bei Bristol habe ich am Ende vor allem wegen einer Klausel in meinem Vertrag nicht mehr von Anfang an spielen dürfen, weil sich dieser sonst ab einer gewissen Anzahl verlängert hätte. Das hatte nichts mit meiner Leistung zu tun und lag nicht an mir, sondern daran hatte die Vereinspolitik Schuld. Daher musste ich weg, weil ich nicht mehr nur 15 Minuten jede Woche spielen wollte. Das ist jetzt sehr gut aufgegangen, ich bin jetzt bei einem Verein, der noch eine Chance auf den Aufstieg hat und wo wir hoffentlich in die Play-offs kommen.

Meine Leistung in Bristol war zwar auch nicht immer so gut wie ich wollte, aber durch die Vertragssituation konnte ich mich dann aufgrund der geringen Spielminuten auch nicht wirklich beweisen.

Andreas Weimann

Sportlich tut Ihnen das bestimmt auch gut, wenn Sie wieder frei aufspielen können und nicht auf bestimmte Einsatzzeiten fixiert sind.

Definitiv. Als Spieler will man immer so viel wie möglich spielen. Meine Leistung in Bristol war zwar auch nicht immer so gut wie ich wollte, aber durch die Vertragssituation konnte ich mich dann aufgrund der geringen Spielminuten auch nicht wirklich beweisen. Es war auch für den Kopf schwierig, wenn man weiß, dass man nicht spielen darf. Bei West Bromwich liegt es jetzt an mir. Wenn ich gut spiele, spiele ich und wenn nicht, dann nicht. Es ist um einiges besser, das selbst in der Hand zu haben.

Wie sehr bringt Sie so ein Lehrgang des Nationalteams auch für Ihre Klubkarriere weiter? Welche sportlichen Vorteile ziehen Sie daraus?

Das hilft mir enorm. Wir haben im Kader doch eine große Qualität und da wird man täglich gefordert. Letztes Wochenende habe ich nicht bei meinem Klub spielen dürfen, weil wir gegen Bristol angetreten sind und da hätte ich jetzt eine große Pause gehabt, wenn ich nicht hier wäre. Es ist von dem her sehr gut, dass ich im Rhythmus bleibe und Spielzeit bekomme. Jetzt schauen wir mal, wie die nächsten zehn Tage verlaufen.

Mit Sasa Kalajdzic und Marko Arnautovic muss das ÖFB-Team auf zwei wichtige Kräfte in der Offensive verzichten. Welche Komponenten bringen Sie in das Spielsystem des Teamchefs, um diese Ausfälle kompensieren zu können?

Ich bin doch schon 32 Jahre, bin schon sehr lange im Profifußball und bringe auf jeden Fall viel Erfahrung mit. Zudem kann ich auf einigen Position agieren, nicht nur vorne in der Mitte oder auf der Zehn, sondern auch am Flügel. Da habe ich in meiner Karriere eigentlich schon alles gespielt. Vor dem Tor bin ich auch nicht schlecht mit meinem Abschluss, wenn ich die Chance bekomme.

Sie haben Ihre Flexibilität angesprochen. Auf welcher Position sehen Sie sich im ÖFB-Team? Hat der Teamchef schon mit Ihnen gesprochen, wo er Sie am ehesten sieht?

Nein, da haben wir noch nichts Konkretes besprochen. Als ich das letzte Mal dabei war, habe ich mein erstes Spiel unter dem Teamchef als linker Flügel absolviert. Dann war ich einmal auf der Zehn und einmal Stürmer. Ich habe schon verschiedene Positionen gespielt und daher schauen wir, wie der Plan mit mir aussieht.

Durch die Ausfälle von Kapitän David Alaba und Marko Arnautovic fehlen im Team zwei wichtige Leader. Wie sehr kann die sonst junge Mannschaft von Ihrer Erfahrung und Routine profitieren? Werden Sie da aktiv in einer Führungsrolle vorangehen?

Ich war ja bei Bristol auch schon Kapitän und von dem her bringe ich auf jeden Fall reichlich Führungsqualitäten mit. Wenn jemand etwas braucht oder eine Frage hat, werde ich immer da sein und meine Hilfe anbieten. Das tut der Mannschaft bestimmt gut und da hoffe ich, dass ich meinen Teil dazu beitragen kann. Ich bin mit meinen 32 Jahren ja schon der Älteste im Moment (lacht).

Die besten ÖFB-Jahrgänge aller Zeiten

Michael Gregoritsch und Maximilian Entrup heißen Ihre Konkurrenten in der Offensive. Wie läuft die Zusammenarbeit mit den beiden? Inwiefern ergänzen Sie sich mit den beiden aufgrund der unterschiedlichen Spielertypen?

Den Gregerl kenn ich doch schon lange, weil wir ja auch schon im U-21-Nationalteam zusammengespielt haben und er auch schon Lange Teil des A-Teams ist. Er bringt sehr viel Qualität im Abschluss mit und ist ein sehr hungriger Spieler, der definitiv immer für Gefahr sorgen kann. Maximilian Entrup habe ich erst vor wenigen Tagen kennengelernt und wir haben erst ein paar Mal miteinander trainiert, da dauert es noch etwas, bis man sich gut kennt. Mein erster Eindruck ist aber sehr gut. Wir sind alle verschiedene Spielertypen und jetzt schauen wir, dass wir zueinander finden.

Mit der Slowakei und Türkei hat man nun zwei fordernde Aufgaben gegen zwei EM-Starter vor sich. Für Sie gute Gradmesser vor dem Turnier im Sommer?

Auf jeden Fall. Das sind zwei gute Gegner, die auch bei der EM dabei sind und uns alles abfordern werden. Das erste Spiel auswärts in der Slowakei wird sicher nicht leicht, aber es sind gute Tests, um unsere Spielidee weiter zu implementieren. Wir wollen vor allem auf uns schauen und zeigen, was in uns steckt. Natürlich wollen wir die beiden Spiele auch gewinnen und Selbstvertrauen tanken.

Das ÖFB-Team konnte zuletzt drei Siege in Folge feiern und beendete das vergangene Jahr mit dem Prestigeerfolg über Deutschland. Wie sehr ist eine gewisse Euphorie auch innerhalb der Mannschaft spürbar?

Ich war zwar die letzten drei Spiele nicht dabei, aber wie ich hergekommen bin, hat man sofort gemerkt, dass eine sehr gute Stimmung herrscht und alle sehr motiviert sind. Das war vor einem Jahr aber auch bereits so. Die Mannschaft strotzt nach den Siegen nur so vor Selbstvertrauen und jetzt wollen wir die Serie natürlich fortsetzen.

Ihr Teamkollege Christoph Baumgartner meinte zuletzt, es wäre wichtig, die Euphorie im Land mit Siegen in den Testspielen vor der EM hochzuhalten. Sehen Sie das ähnlich und befürchten einen Abfall, falls es vor dem Turnier im Sommer doch nicht positiv laufen sollte?

Nein, das denke ich nicht. Natürlich wollen wir jedes Spiel gewinnen, weil wir durch jeden Erfolg an Selbstvertrauen gewinnen und dadurch mit einem guten Gefühl in das Turnier gehen. Ich hoffe daher, dass wir alle Spiele positiv bestreiten, aber auch wenn wir eines verlieren, zählt im Endeffekt nur, was wir dann bei der EURO leisten und nicht in den Testspielen davor.

Es wäre natürlich ein Traum, bei einem Großereignis einmal dabei zu sein. Ich werde nicht mehr jünger, also bleiben auch nicht mehr so viele Möglichkeiten. Ich würde die aktuelle Situation aber nicht als zusätzlichen Druck sehen, sondern vielmehr als Chance.

Andreas Weimann

Der Lehrgang ist für Sie persönlich auch wichtig, um sich zu beweisen und für einen Platz im EM-Kader zu bewerben. Sorgt das für zusätzlichen Druck bei Ihnen oder sehen Sie es vielmehr als zusätzlichen Ansporn, um erstmals bei so einem großen Turnier dabei sein zu können?

Es wäre natürlich ein Traum, bei einem Großereignis einmal dabei zu sein. Ich werde nicht mehr jünger, also bleiben auch nicht mehr so viele Möglichkeiten. Ich würde die aktuelle Situation aber nicht als zusätzlichen Druck sehen, sondern vielmehr als Chance. Ich freue mich sehr, dabei zu sein und habe es auch nicht mehr so erwartet, dass es noch einmal klappt. Daher habe ich jetzt zehn Tage Zeit, um mich zu beweisen und bekomme hoffentlich auch meine Minuten in den Spielen, um mich zeigen zu können. Da will und werde ich alles geben und werde anschließend auch bei meinem Verein weiterhin das Beste geben. Dann werden wir sehen, was im Sommer passiert.

Der zweite Teil des Interviews mit Andreas Weimann folgt am kommenden Montag. Dort spricht er unter anderem über seinen Leihwechsel zu West Bromwich, seine Zukunft nach dieser Saison und eine mögliche Rückkehr in seine Geburtsstadt Wien.

Interview: Maximilian Augustin