Bundesliga (D)

1860 wieder im UEFA Cup - wenn auch nur kurz

1997/98: Das Comeback der Löwen im Europapokal

1860 wieder im UEFA Cup - wenn auch nur kurz

Durften im Rückspiel gegen Wien lange vom Comeback träumen: Torschütze Daniel Borimirov (li.) und 1860-Coach Werner Lorant.

Durften im Rückspiel gegen Wien lange vom Comeback träumen: Torschütze Daniel Borimirov (li.) und 1860-Coach Werner Lorant. picture alliance (2)

Es war ein typischer Oktobertag in Wien. Nicht warm, eher kühl, aber eigentlich nicht frostig. Und doch fühlte es sich an jenem 22. Oktober genau so an, als sich die Bundesliga-"Stars" des TSV München 1860 vor ihrer Abreise noch etwas die Beine lockerten auf einer Bezirkssportanlage irgendwo in Wiens Hauptstadt. Am Abend vorher hatten sie sich mächtig blamiert im Hanappi-Stadion gegen Rapid Wien im UEFA-Pokal-Hinspiel der 2. Runde. 0:3 hatten sie verloren, eine richtige "Watschn" kassiert. Die Chancen auf ein Weiterkommen lagen bei maximal 10 Prozent.

Achtung, wenn "Werner-Beinhart" nicht brüllt

Werner Lorant leitete das vormittägliche Training. Die Köpfe der Spieler hingen nach unten, der sonst so laute Trainer sah eigentlich nur wortlos zu, wie sich seine irritierten Spieler durch die gute Stunde quälten. Wenn "Werner-Beinhart" brüllte, konnte jeder gut damit umgehen, wenn er aber so seltsam teilnahmslos zusah, braute sich normalerweise was zusammen. Und zwei Tage später stand auch noch die Partie beim damals hoch angesehenen Hamburger SV an für den Tabellenvierzehnten, der mit seiner Rückkehr auf die europäische Bühne offenbar überfordert war.

In der 1. Runde hatte man sich gegen die finnische Vertretung von Jazz Pori noch ziemlich locker durchgesetzt (1:0 auswärts, Tor durch Abedi Pele; 6:1 daheim: Tore Winkler 2, Cerny, Böhme, Nowak und M. Hamann), doch in der Bundesliga wirkte sich die zusätzliche Belastung absolut negativ aus. Bedenklich nahe an den Abstiegsplätzen, mit 13 Punkten nach 11 Spielen gerade drei Zähler vor Köln und Dortmund, die die Ränge 16 und 17 belegten, Schlusslicht war Aufsteiger Hertha BSC mit sechs Punkten.

Walker und Bodden sehen Rot - Stöger verwandelt

Und dann also der 12. Spieltag vor der Brust. Nach einem 1:3 gegen Kaiserslautern, einem 1:5 in Mönchengladbach, einem 2:1-Zittersieg über Wolfsburg und der Wiener Klatsche im Gepäck. Dazu die frostige Stimmung... Lorant war auch recht kurz angebunden nach dieser Übungseinheit. "Ich erwarte, dass die sich in Hamburg zerreißen", sagte er nur. Es klang wie das Pfeifen im dunklen Walde.

Ihnen reichte das 3:0 im Hinspiel zum Weiterkommen: Die Rapid-Spieler im Olympiastadion. picture alliance

Dabei war die Niederlage gegen Rapid durchaus erklärbar. Quasi unmittelbar vor dem Pausenpfiff wehrte 1860-Abwehrspieler Marco Walker einen Schuss des Ex-Freiburgers Martin Braun im Fallen mit der Hand ab. Damals wie heute ein Strafstoß, klar. Aber es gab auch Rot für den Schweizer, wobei die Absicht nicht unbedingt so klar zu erkennen war. Fand auch Olaf Bodden, der sich in den Tumulten tatsächlich zu einer Tätlichkeit gegen Krzysztof Ratajczyk hinreißen ließ - glaubte jedenfalls Monsieur Alain Sars. Und weil der Franzose der Schiedsrichter dieses Abends war, ging 1860 mit 0:1 und zwei Mann weniger in die zweiten 45 Minuten. Peter Stöger, später Trainer in Köln und Dortmund, hatte übrigens die Verantwortung beim Elfmeter übernommen. Peter Schöttel (64.) und der Ex-Dresdener Marek Penksa (81.) hatten nicht mehr viel Mühe, den satten Vorsprung herauszuschießen.

Keine Sensation, aber ein wichtige Antwort

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Der war, wie sich zwei Wochen später herausstellen sollte, für ein Weiterkommen letztlich zu hoch. Obwohl die Löwen im Rückspiel sogar durch Daniel Borimirov und Bernhard Winkler 2:0 führten und an der Sensation schnupperten. Doch als Thomas Zingler in der 67. Minute der Anschluss gelang, waren sämtliche Träume dahin. Das Löwen-Aus im UEFA-Cup war perfekt.

Und wie hoch ging das Ding am Samstag in Hamburg aus? Von wegen! Alle, die Augenzeugen der frostigen Endzeitstimmung beim Training in Wien waren und sicher keinen Pfennig (Cent gab es noch nicht) auf einen Teilerfolg gewettet hätten, wurden eines besseren belehrt. 1860 gewann 2:1 durch Tore von Stefan Malz und Harald Cerny. Der Abstand nach hinten wurde wieder größer, Lorants Stimmung besser. Und sein Kommentar nach den drei Punkten von Hamburg: "Ist doch alles ganz normal."

Martin Messerer