2. Liga

Schlaudraff im Interview: "Realistisch jetzt vom Aufstieg zu sprechen, ist wirklich Quatsch"

Interimstrainer des SKN

Schlaudraff im Interview: "Realistisch jetzt vom Aufstieg zu sprechen, ist wirklich Quatsch"

Jan Schlaudraff wird den SKN voraussichtlich bis zur Winterpause trainieren.

Jan Schlaudraff wird den SKN voraussichtlich bis zur Winterpause trainieren. GEPA pictures

Die letzten fünf Spieltage waren für den SKN St. Pölten keine leichten. Nach einem hervorragenden Saisonstart mit fünf Siegen aus sechs Spielen fanden sich die Niederösterreicher punktgleich mit dem GAK als Tabellenführer wieder.

Während die Grazer aber weiter punkteten, sammelte der SKN nur mehr einen Zähler aus den nächsten fünf Spielen. Platz sieben in der Tabelle und zwölf Punkte Rückstand waren die Folge. Die schlechten Ergebnisse bedeuteten auch das Aus des Trainerduos Helm/Pogatetz.

Bis zur Winterpause wollen die Niederösterreicher einen neuen Trainer präsentieren, interimistisch übernahm Geschäftsführer Sport Jan Schlaudraff das Amt. Im kicker-Interview spricht der 40-Jährige unter anderem über die Beweggründe für die Entlassung des Trainerteams, die Ziele des SKN und die Stimmung in der Mannschaft.

Herr Schlaudraff, nur ein Punkt aus den letzten fünf Spielen. War die Trainerentlassung die logische Schlussfolgerung?

Ich sage einmal so: Am Ende des Tages sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass wir einfach nicht mehr unvorbelastet in eine neue Woche gehen konnten. Wir haben in den letzten Wochen schon nicht mehr die Ergebnisse erzielt, die wir uns erhofft haben, obwohl das ein oder andere gute Spiel schon noch dabei war. Aber jetzt war es eigentlich schon so, dass es gegen Stripfing schon nicht mehr gut war, wir dann aber gehofft haben, dass wir in der Länderspielpause den Turnaround hinkriegen. Mit der Leistung gegen Leoben waren wir dann in der Form auch nicht zufrieden. Und deswegen glaube ich, dass es am Ende des Tages aus Vereinssicht notwendig war, diesen Schritt zu gehen, auch wenn es mir fachlich wie auch menschlich für die beiden sehr leidtut, weil ich finde, dass sie herausragende Arbeit geleistet haben. Auch für mich war es dann sehr emotional, sie entlassen zu müssen. Was mir an ihnen so imponiert hat, ist, dass sie tagtäglich alles für den Erfolg getan haben, dem alles untergeordnet und dabei immer den Verein in den Mittelpunkt gestellt haben und nie ihre eigene Agenda. Das kann man ihnen nicht hoch genug anrechnen. Auch als dann beispielsweise die Thematik mit der Austria kam - da haben sie gesagt, dass das natürlich eine sehr reizvolle Aufgabe wäre, aber in dem Moment, wo wir als Verein gesagt haben "Das geht nicht" - wir waren im Winter, haben eine super Hinserie gespielt - da sind sie am nächsten Tag hierhergekommen, ohne Meckern, ohne Murren oder sonst irgendwas. Das hat man sowohl hier als auch überall anderswo schon deutlich anders erlebt. Sie haben ab dem Tag, an dem wir entschieden haben, dass wir sie nicht gehen lassen, wieder 100 Prozent für den Verein gegeben und das ist schon außergewöhnlich. Deswegen war es für mich sehr, sehr schwierig, aber in Anbetracht der sportlichen Situation und der Analyse, die wir gemacht haben, notwendig.

Hat das knapp verlorene Aufstiegsrennen aus der Vorsaison irgendwelche Spuren beim Trainerteam Helm/Pogatetz hinterlassen?

Nein, das würde ich nicht sagen, weil ich auch finde, dass wir vor nicht einmal sechs Wochen super dastanden. Wir haben die ersten fünf von sechs Spielen gewonnen, wir waren in allen Spielen gut. Wir haben nur gegen Liefering verloren, wo ich sage, da waren wir einmal 25 Minuten nicht gut, aber hätten auch einen Punkt verdient gehabt. Von daher glaube ich, dass das keine Auswirkungen hatte. Trotzdem ist dann aber nach der Länderspielpause mit dem Nackenschlag gegen die Vienna, wo wir ein sehr gutes Spiel gemacht haben, wo wir viele Torchancen hatten - aber ab dem Zeitpunkt konnten wir es einfach nicht mehr aufhalten. Dann, mit den Höhepunkten Stripfing und Leoben war es, glaube ich einfach so, dass bei allen nicht mehr der Glaube und die Überzeugung zu 100 Prozent gegeben war, den Turnaround noch zu schaffen.

Das sind die Trainer der österreichischen Zweitligisten

Mit Ritzmaier, Stendera und Neumayer fielen in dieser Phase gleich drei wichtige Spieler aus. Konnte man diese Ausfälle nicht kompensieren?

Definitiv hat man diese Ausfälle nicht kompensieren können. Man kann auch dazu sagen, dass Ramsebner und Thesker immer mal wieder ausgefallen sind, da stand oft nur einer zur Verfügung. Es war einfach so, dass wir es nicht geschafft haben, in den Spielen, wo uns diese wichtigen Säulen fehlten, wir aber trotzdem gut gespielt haben, zu punkten. Und ohne sie haben wir aber trotzdem deutlich schlechtere Spiele abgeliefert als davor. Daher kann man schon sagen, dass wir es am Ende des Tages in der Breite nicht so gut auffangen konnten, wie wir es uns vielleicht erhofft hatten.

Stefan Nutz laboriert seit März an einem Kreuzbandriss und hat noch keine Minute für den SKN gespielt. Was sprach für seine Verpflichtung im Sommer?

Wir haben ihn eigentlich als unseren ersten Winterneuzugang betrachtet - ein Vorgriff für die Rückrunde, weil wir gewusst haben, dass er aufgebaut werden soll und wir wollen auch kein Risiko eingehen. Auch jetzt nicht, auch wenn er da selber natürlich schon ungeduldig wird und am liebsten sofort helfen will. Aber es ist einfach so, dass wir ihm nach so einer schweren Verletzung die Zeit geben wollen, um dann auch langfristig dem Verein helfen zu können.

Vom Verletzungspech einmal abgesehen, spielen eigentlich alle Neuzugänge eine wichtige Rolle in der Mannschaft. Sind Sie mit der Transferpolitik im Sommer zufrieden?

Wir sind definitiv zufrieden mit der Transferpolitik, das muss man ganz klar sagen. Aber ich möchte nicht, dass es so aussieht, als will sich hier einer rausnehmen oder schützen. Wir sitzen alle in einem Boot und wir haben zu wenig Punkte. Und woran das liegt, daran gilt es jeden Tag hart zu arbeiten. Aber trotzdem bin ich auch der Meinung, dass die Neuzugänge das, was wir uns von ihnen versprochen haben, weitestgehend gebracht haben. Das einzige Problem ist, dass sie aus verschiedensten Gründen viel zu wenig auf dem Platz standen. Das hat uns am Ende natürlich Punkte gekostet. Man muss aber auch sagen, dass die Spieler, die letztes Jahr eine herausragende Saison gespielt haben… es ist immer schwierig das zu bestätigen. Gerade wenn dann der Druck steigt, gerade wenn dann die Ziele ambitionierter werden, gerade wenn man dann nicht mehr so unbeschwert und unbefreit aufspielen kann, gerade wenn die Messlatte deutlich höher liegt als noch im letzten Jahr - das dann zu bestätigen ist auch ein Prozess und in dem befinden wir uns. Deshalb sage ich, dass das, gepaart mit den Verletzungen im Moment dazu führt, dass wir in einer sehr, sehr schwierigen Situation sind. Aber wir sind auch davon überzeugt, dass wir die Qualität haben, um aus dieser Situation wieder rauszukommen.

Am Ende des Tages brauchen wir kein Geld ausgeben, wenn in der Liga nur einer aufsteigt.

Jan Schlaudraff

Ob der vielen Ausfälle fehlt es dem Kader aber an Breite. Wird man im Winter nachbessern?

Wir werden uns die Situation ansehen und natürlich auch mit dem neuen Trainer sprechen, sobald er da ist. Aber insgesamt bin ich ein großer Freund davon, dass man die Situation analytisch und realistisch bewerten muss. Natürlich ist es für unsere Reputation vielleicht besser, wenn man Vierter wird anstatt Siebenter. Aber am Ende des Tages brauchen wir kein Geld ausgeben, wenn in der Liga nur einer aufsteigt. Und wenn das Ziel so weit weg ist, dass man es realistischerweise nicht mehr erreichen kann, und an dem Punkt befinden wir uns gerade, wenn man ehrlich ist, dann würde ich sagen, dass man das Geld lieber spart und im Sommer schaut, dass man sich so aufstellt, um wieder neu anzugreifen.

Wie rege ist der Austausch mit Kooperationspartner Wolfsburg in der aktuellen Phase?

Generell wird es im Winter Gespräche geben, weil wir natürlich Stand jetzt sehr weit von unseren Zielen entfernt sind. Das müssen wir A erklären und B auch schauen, wie wir in Zukunft dann weitermachen. Aber es ist jetzt nicht so, dass, nur weil es bei uns brennt, der Austausch verdoppelt wäre.

Sie haben das Traineramt interimistisch übernommen. Was wird sich unter Ihnen ändern?

Ich glaube, dass es nicht so ist, dass wir versuchen werden, das Rad neu zu erfinden. Ich finde, Emmi und Stephan haben hier über knapp drei Jahre eine super Basis geschaffen, haben hervorragende Arbeit geleistet und wir werden einfach versuchen, die Punkte, die uns aufgefallen sind, wo wir vielleicht ein Stück weit etwas anders machen können, zu verändern. Der größte Hebel und das ist das A und O ist, dass wir im Kopf wieder freier werden, weil ich glaube, dass vor allem jetzt gegen Leoben beispielsweise - das hat weder etwas mit Taktik, Ausrichtung oder Trainern zu tun, sondern das ist reine Kopfsache. Wir werden viel mit den Spielern sprechen, wir werden versuchen, positiv auf sie einzuwirken und ihnen wieder Selbstvertrauen zu geben, weil ich glaube, dass wir es deutlich besser können, als wir es in den letzten Spielen gezeigt haben.

Wie nah am Team waren Sie davor?

Sehr nah, sowohl Tino, (Anm. Konstantin Wawra) als auch ich. Deshalb möchte ich es auch noch einmal herausstreichen, dass es nicht selbstverständlich ist, wie ich mit dem Trainerduo und der gesamten Abteilung inklusive Physios und so weiter zusammengearbeitet habe. Ich war immer in alles involviert, es war klar abgesteckt, wer wo seine Kompetenzen hat und wer die Entscheidungen zu treffen hat. Wir haben über alles gesprochen und waren immer eng an der Mannschaft dran. Deswegen ist es jetzt glaube ich, nicht so, dass sie sich erschrecken, wenn ich ein bisschen öfter dabei bin und ich bin davon überzeugt, dass es kein Problem sein wird, diese Phase bis zum Winter in der Art und Weise zu überbrücken, wie wir es tun.

Das Torhüter-Ranking der Bundesliga

Sind Sie schon im Austausch mit möglichen Trainerkandidaten? Wie sieht das Anforderungsprofil aus?

Jein, natürlich gibt es ein gewisses Profil, aber wir haben gesagt, dass wir uns bis zum Winter Zeit lassen, weil wir nichts übers Knie brechen wollen und im Tagesgeschäft sehr viel zu tun haben. Ich gerade zusätzlich mit der Mannschaft, Tino wird sich da jetzt natürlich auch ein Stück weit mehr damit beschäftigen und wir sind immer im Austausch. Ich gehe davon aus, dass wir die Länderspielpause dafür nutzen werden, um eine Shortlist zusammenzustellen. Ich bin kein Fan davon, mit 20 Leuten zu reden. Ich sage jetzt einmal fünf, sechs Kandidaten, mit denen man sich trifft und Gespräche führt und daraus macht man dann eine Top 3, die man auch dem Vorstand präsentiert. Dann wollen wir im Winter eine Entscheidung fällen. Es gab vorher keinerlei Gespräche, aber das ist eh klar für mich. Das macht man auch nicht, wenn man den Trainern das Vertrauen und die Möglichkeit gibt, die Länderspielpause zu nutzen, um in die Spur zu kommen. Wir haben die Trainer bis zum Schluss zu 100 Prozent unterstützt und jetzt versuchen wir, die Dinge für die Zukunft so gut es geht anzugehen.

Aktuell liegt der SKN mit zwölf Punkten Rückstand auf den GAK auf Platz sieben. Ist in St. Pölten immer noch der Aufstieg das Ziel?

Realistisch jetzt vom Aufstieg zu sprechen, ist wirklich Quatsch, deswegen muss man da auch ehrlich sein. Trotzdem ist es jetzt auch nicht so, dass wir die Saison abschenken. Aber mit dem Programm jetzt - auswärts in Ried, dann Bundesligisten im Pokal, dann mit Dornbirn ein Heimspiel, dann zur Überraschungsmannschaft nach Bregenz - das ist jetzt nicht so, dass ich sage "Hurra, das läuft jetzt von alleine". Deswegen sage ich, wir schauen jetzt von Spiel zu Spiel, wir versuchen uns mental zu stabilisieren und unsere Leistung zu stabilisieren, zu zeigen, dass wir es besser können als in den letzten Spielen. Und dann schauen wir, wo wir im Winter stehen. Dann kann man sich neu sortieren und vielleicht schauen, was die Ziele sind. Dann wollen wir uns auch so gut wie möglich darauf einlassen, was der neue Trainer für Ideen hat, deshalb finde ich es auch wichtig, dass er im Winter dann vielleicht schon da ist. Dann hat er nämlich schon einmal ein halbes Jahr Vorlaufzeit und kann seine Ideen miteinfließen lassen. Wir werden jetzt nicht komplett von unserer Spielidee abgehen, aber es wird ein guter Vorlauf für den Trainer sein, um Dinge auszuprobieren und die Mannschaft besser kennenzulernen, um dann eine gute und stabile Rückrunde zu spielen, um dann auch im Sommer dafür gewappnet zu sein, wieder voll anzugreifen.

Wie ist die Stimmung in der Mannschaft beziehungsweise im Verein?

Im Verein ist sie natürlich angespannt, da braucht man nicht drum rumzureden, weil es natürlich so ist, dass es schwer zu erklären ist, wenn man aus den ersten sechs Spielen fünf gewinnt und man dann auf einmal aus fünf Spielen nur mehr einen Punkt holt. Zumal diese Liga, und das haben wir immer gesagt, extrem eng ist, es kann jedes Spiel in jede Richtung kippen, aber wir hatten das Gefühl, dass es in letzter Zeit nicht mehr in unsere Richtung gekippt ist. In der Mannschaft, und das spricht auch für den Charakter der Mannschaft, ist die Stimmung weiterhin gut. Es ist natürlich so, dass wir jetzt nicht vor Selbstvertrauen strotzen und dass jeder ein bisschen mit sich selbst beschäftigt ist und dass es jetzt an uns allen gemeinsam liegt, die Köpfe wieder ein Stück weit freizubekommen. Ansonsten ist es aber nicht so, dass ich das Gefühl habe, dass wir eine negative Stimmung in der Mannschaft haben. Das hatten wir aber auch davor nicht. Der Grund für die Trennung war sicher nicht, weil die Stimmung in der Mannschaft so schlecht war. Es war einfach so, dass wir nicht mehr die Überzeugung hatten, es in dieser Konstellation in unsere Richtung zu drehen.

Interview: Raphael Greiml