Bundesliga

Andreas Heraf: "Wer 1000 Pässe im Spiel sehen will, soll mich nicht anrufen"

Warum Heraf und Ried getrennte Wege gehen

Andreas Heraf: "Wer 1000 Pässe im Spiel sehen will, soll mich nicht anrufen"

Andreas Heraf ist nicht mehr Trainer der SV Ried.

Andreas Heraf ist nicht mehr Trainer der SV Ried. GEPA Pictures

Herr Heraf, das Wichtige zuerst: Wie geht es Ihnen gesundheitlich?

Gesundheitlich bin ich wieder topfit und eigentlich schon seit zwei Wochen wieder gesund geschrieben. Wir hatten nur den 8. November als den Termin meiner Rückkehr fixiert, weil das wegen der Länderspielpause ein günstiger Zeitpunkt gewesen wäre.

Bevor wir darüber reden, warum es nicht mehr zur Rückkehr gekommen ist: Was genau war jetzt das Problem mit den Stimmbändern?

Ich habe aufgrund einer Überanstrengung und einer Verkühlung eine Entzündung der Stimmbänder und im Kehlkopfbereich gehabt. Dazu kommt, dass ich in diesem Bereich, wie etwa zehn Prozent der Menschen, eine Zyste habe, die sich alle paar Jahre mit Flüssigkeit füllt. Nach einer Punktierung ist das wieder weg. Die Sorge war nur, dass die Sache chronisch wird. Deshalb musste ich ein Monat Pause einlegen.

Ich wäre wieder zu meinem Weg zurückgekehrt, weil ich einfach von meiner ergebnisorientierten Arbeit überzeugt bin.

Andreas Heraf.

Es heißt, Sie hätten der SV Ried schon damals Ihren Rücktritt angeboten?

Ich habe ihnen gesagt, dass ich diese Pause brauche und natürlich verstehen würde, wenn sie den Vertrag auflösen wollen. Das ist ja klar, wenn einem Verein plötzlich der Cheftrainer fehlt. Aber der Verein hat gemeint, das käme nicht infrage. Das war für mich dann natürlich auch eine feine Sache.

Aber dann hat man gesehen, dass es ohne Sie auch geht?

Dazu kann ich gar nicht viel sagen. Der Plan war, dass ich heute zurückkehre, aber Vorstand und Sportliche Leitung haben mich vergangene Woche zu einem Gespräch nach Ried gebeten, in dem sie mir vorsichtig erklärt haben, dass sie eigentlich einen neuen Weg gehen wollen. Ich hatte kein Problem mit der Ansage, weil ich da relativ schmerzfrei bin. Es hat ja keinen Sinn, auf eine Rückkehr zu pochen. Also ging es nur noch darum, eine Lösung zu finden. Denn ich wäre wieder zu meinem Weg zurückgekehrt, weil ich einfach von meiner ergebnisorientierten Arbeit überzeugt bin.

Die kicker-Elf des 14. Spieltags

Um es auf den Punkt zu bringen. Letztlich war Ihr nüchterner Spielstil nicht mehr erwünscht?

Sie haben gesagt, sie wollten auch eine Entwicklung sehen. Dazu muss ich Folgendes sagen: Als ich die Mannschaft im Frühjahr übernommen habe, hatte sie zehn Spiele in Serie nicht gewonnen. Ich habe aus 21 Spielen 35 Punkte geholt und dabei neun Siege gefeiert, den Klassenerhalt geschafft und die Mannschaft bei meiner Erkrankung auf dem vierten Platz übergeben. Obwohl wir mit Grüll und Boateng die zwei wichtigsten Spieler verloren hatten. Das ist für mich Entwicklung. Dann habe ich mit Seiwald, Stosic und Gragger drei Spielern zu ihren Debüts verholfen, die zu Stammspielern in der Bundesliga geworden sind. Das ist wieder Entwicklung! Aber okay, das kann jeder definieren, wie er will. Vor zehn Jahren wollte jeder spielen wie Guardiolas Barcelona oder heute wie Man City und Chelsea. Aber das geht halt nicht mit jeder Truppe.

Sie hätten aber nichts gegen Tiki-Taka, wenn Sie auch die Spieler dazu hätten?

Genau. Ich habe in meiner Abwesenheit natürlich auch viele Spiele geschaut und bin in meinem Credo eigentlich noch bestärkt worden: 50 Prozent aller Tore fallen heute aus Standards oder im Anschluss an Standards. 20 Prozent fallen aus Kontern. Da wäre ich doch ein Vollidiot, wenn ich mich als Trainer nicht danach richten würde! Natürlich kann man sagen, meine Mannschaften haben wenig Ballbesitz. Aber Ballbesitz gewinnt mir keine Spiele. Wenn ich wüsste, dass ich damit Spiele gewinne, würde ich mir auch das überlegen. Aber ich bin bisher nicht so schlecht gefahren mit meinem Fußball. Ich stehe für Ergebnis-Fußball. Leistungssport ist Ergebnissport! Wenn ein Klub 1.000 Pässe im Spiel sehen will, dann soll er mich nicht anrufen. Wenn man aber einen Trainer braucht, der Resultate bringt, dann wissen sie, wen sie anrufen sollen. Es ist ganz einfach. Wenn ich eine blonde Freundin suche, werde ich mir auch kein schwarzhaarige nehmen.

Ehrlich gesagt würde ich gerne einmal in Deutschland arbeiten.

Andreas Heraf.

Das heißt, Sie haben sich mit der SV Ried auf eine Vertragslösung geeinigt. Mit der Option auf eine neuerliche Rückkehr?

Wir haben den Vertrag beendet und das ist für mich in Ordnung. Ich schätze den Roland Daxl und ich glaube, er mich auch. Ich habe ihm im Schmäh gesagt: Roland, ich hoffe nicht, dass du mich in drei Monaten wieder anrufst, weil dann wird’s teuer. Aber selbst wenn er wirklich anruft und sagt, dass er mich braucht, bin ich da. Ich habe kein Problem damit. Ried war für mich eine schöne Station. Ich fahre morgen auch noch einmal hin, um mich von den Spielern zu verabschieden, weil sie heute trainingsfrei hatten. Dann bin ich offen für Neues.

Sie haben in einem früheren Interview erwähnt, wie schwer es war, nach Ihrer Rückkehr wieder im österreichischen Fußball Fuß zu fassen. Wird es jetzt einfacher?

Ich hoffe, dass es leichter wird. Im Moment bin ich arbeitslos, das fühlt sich nicht lustig an. Aber ich hoffe natürlich, dass meine Arbeit in Ried Anklang gefunden hat und ich in nächster Zeit wieder einen Verein finde, wo alles zusammenpasst.

Nach Neuseeland und Brasilien darf es auch wieder ein Abenteuer sein?

Ich bin für alle Abenteuer gut. Aber ehrlich gesagt würde ich gerne einmal in Deutschland arbeiten. Dass das in der Bundesliga schwer wird, weiß ich schon. Aber 3. Liga, sogar 4., wenn’s ein Verein mit Ambitionen ist, würde mir schon gefallen.

Interview: Horst Hötsch