Bayern

Timo Kern: Der Leitwolf der Bayern-Amateure

Leitwolf der U 23

Bayerns Kern: "Viele würden mit dem Fahrrad nach München kommen"

Timo Kern hat sich beim FC Bayern München II zum Leader entwickelt.

Timo Kern hat sich beim FC Bayern München II zum Leader entwickelt. IMAGO/Beautiful Sports

MEHR ZUR REGIONALLIGA BAYERN

Als Timo Kern im Sommer 2019 nach München wechselte, war er 29 Jahre alt und hatte bis dahin seine Heimat im Rhein-Neckar Kreis noch nie längerfristig verlassen. Nach seinen Ausbildungsjahren beim Karlsruher SC war der gebürtige Hockenheimer nach fünf Jahren bei Regionalligist FC-Astoria Walldorf erst 2018 zu Waldhof Mannheim gewechselt und dort mit herausragenden Leistungen der Scoutingabteilung des FC Bayern aufgefallen. Als er dann die Anfrage erhielt, ob er sich vorstellen könne, als einer von drei älteren Führungsspielern zur Zweitvertretung des Rekordmeisters zu stoßen, "kannst du nicht Nein sagen", wie er betont.

Überzeugungsarbeit allerdings musste er bei seiner Frau leisten. Schließlich sind beide in der Region verwurzelt, Kern hatte sich zudem längst ein zweites Standbein aufgebaut und arbeitete beim Software-Riesen SAP. Dass der Rekordmeister jedoch "mich ausgewählt hat", empfindet er noch heute "als große Ehre, viele würden mit dem Fahrrad nach München kommen".

Erst Meisterschaft, dann Abstieg

Was dann aber folgte, vermag der offensive Mittelfeldspieler bis heute noch nicht recht zu verstehen. Der Nachwuchs des Rekordmeisters war soeben nach acht Spielzeiten in der Regionalliga erst wieder in die 3. Liga zurückgekehrt. Das Saisonziel lautete deshalb Klassenverbleib. Und die Hinrunde verlief mit Platz 15 noch erwartungsgemäß. Im Frühjahr kam dann Corona - und nach Wiederaufnahme des Spielbetriebs starteten die "Bayern-Amateure" unter Trainer Sebastian Hoeneß unaufhaltsam durch bis zur Meisterschaft. "Als ich damals nach München kam", berichtet Leitwolf Kern, "hätte ich niemals gedacht, dass wir Meister werden können". Seine sportlichen Ziele nach dem Wechsel seien damit "vervielfacht worden, den Moment, als ich den Pokal in den Händen hielt, werde ich nie vergessen".

Dass es so nicht weitergehen könne, sei ihm zwar bewusst gewesen. Dass jedoch direkt in der nächsten Saison der Abstieg folgen sollte, war auch für Kern überraschend. Er selbst verpasste verletzt fast die gesamte Rückrunde. Nach Platz 2 in der Regionalligasaison 2021/22 verließen mit Maximilian Welzmüller und Nicolas Feldhahn auch noch die beiden anderen Routiniers das Team. Kern musste nun plötzlich "gefühlt allein die Verantwortung" schultern. Hilfe erhält er dabei von Angreifer Desiré Segbe Azankpo (29), der zwar fleißig Deutsch lernt, seinen Führungsanspruch aber ohnehin wie er selbst nicht über lautstarke Anweisungen definiert, sondern über "Leistung und Zweikampfführung. Es geht darum, den Jungs zu zeigen, wie Männerfußball funktioniert".

"Ein aktiver Vater"

Karrieredaten

  • Geboren am 16. Januar 1990 in Hockenheim
  • Er durchlief den Nachwuchs vom Karlsruher SC, ehe ihm in der Saison 2010/11 sein Zweitligadebüt für den KSC gegen den FSV Frankfurt (0:2, 24.9.2010) gelang - sein einziger Zweitligaeinsatz. Weitere 76 Spiele für den KSC und KSC II folgten - unter anderem 13 in der 3. Liga (2012-2013).
  • Über Astoria Walldorf (2013 - 2018, 126 Ligaeinsätze) und einem einjährigen Engagement beim SV Waldhof Mannheim (28 Einsätze in der Regionalliga Südwest) ging es 2019 zum FC Bayern München II, wo Kern bislang 92-mal für die Bayern-Amateure auflief (52 in Liga 3, 40 in der Regionalliga Bayern) und 2019/20 Drittligameister wurde.

Doch auch privat ist der Timo Kern von heute nicht mehr mit jenem Mann zu vergleichen, der 2019 "mal einen Schritt raus" wagte. Seit 14 Monaten ist der Blondschopf Vater einer Tochter, was er selbst als "das Größte und eine Lebensaufgabe" bezeichnet. Er sei "ein aktiver Vater", der mit seiner Frau nachts aufsteht, was selbstverständlich "eine große Umstellung” bedeute. Wohnhaft im Münchner Süden fühlen sich beide „pudelwohl hier, München ist eine schöne Stadt, und unsere Tochter wurde hier geboren”. Sein Vertrag läuft noch ein Jahr. Wenngleich er noch ein Abenteuer, auch im Ausland, nicht ausschließen möchte, kann er sich „vorstellen, bei Bayern zu bleiben", um nach der Karriere die nächsten Schritte zu gehen. Als Trainer sieht er sich nicht, eher soll es in Richtung Management gehen.

Noch aber möchte sich Kern damit nicht ausführlich befassen, er fühle sich fit, "weiß, was ich kann" und träumt von einer Rückkehr in Liga 3. In dieser Saison wird das zwar nichts mehr werden, mit Aufstiegstrainer Holger Seitz allerdings soll nun der Erfolg zurückkehren. Ohnehin mit sich selbst und seinem Leben derzeit vollkommen im Reinen, sieht auch Jungvater Kern der sportlichen Zukunft optimistisch entgegen. Seitz, so der 33-Jährige, finde "die richtige Ansprache", er sei "froh, dass er wieder zurück ist". Sein rechter Arm auf dem Platz ist trotz allen Talents und jugendlichen Drangs in seinem Team derzeit noch unverzichtbar. Mindestens für eine weitere Saison.

Mattias Horner

Die Trainer in der Regionalliga Bayern