Int. Fußball

Wie Sporting Lissabon Bruno Fernandes ersetzte und wieder Meister wurde

Leoes erstmals seit 2002 portugiesischer Meister

Beflügelt: Wie Sporting Bruno Fernandes ersetzte und sich neu erfand

Sporting - damals und heute: Cristiano Ronaldo, Ruben Amorim und Pedro Goncalves (v. li.).

Sporting - damals und heute: Cristiano Ronaldo, Ruben Amorim und Pedro Goncalves (v. li.). imago images (3)

Sportings letzte Meisterschaft ist bereits so lange her, dass ein gewisser Cristiano Ronaldo damals noch in der U 16 spielte. Und in der U 17, der U 18, der zweiten und der ersten Mannschaft der Leoes. Alles in einer Saison.

In Sportings Akademie, die als erste in Portugal ebenfalls 2002 eröffnet worden war, "verwenden wir ihn in jedem Raum als Vorbild. In den Sporthallen, den Klassenzimmern und den Umkleiden", erzählte Torwarttrainer Miguel Miranda 2018 dem "Guardian". "Er hat sich aufgeopfert, um dorthin zu kommen, wo er heute ist."

Oder etwa ins EM-Finale 2016, wo Portugal seinen ersten großen Titel gewann. In letzter Instanz zwar ohne den verletzt ausgeschiedenen CR7, außer dem Kapitän standen aber sieben weitere Spieler in der portugiesischen Startelf, die einst bei Sporting ausgebildet worden waren.

Ricardo Quaresma, Cristiano Ronaldo

Es war einmal: Die jungen Himmelsstürmer Ricardo Quaresma und Cristiano Ronaldo (re.). Getty Images

Kein Limit für Flügelstürmer

"Einsatz", "Hingabe", "Leidenschaft" und "Ehre" lauten die vier Wörter, an denen jeder vorbeikommt, der die Sporting-Akademie betritt und wieder verlässt. An dieser Wand könnte allerdings noch ein fünftes Wort stehen: "Flügelstürmer". Denn das ist, was sie hier produzieren.

"Den zentralen Spielern geben die Trainer eine begrenzte Zahl an Kontakten vor. Die Kontakte der Flügelspieler sind unbegrenzt, denn sie sollen die Chancen kreieren", erklärt Miranda, der hier schon viele große Namen gesehen hat, bevor sie zu großen Namen wurden. Luis Figo, Ricardo Quaresma, Nani und natürlich Cristiano Ronaldo. Klassische Flügelstürmer der Sporting-Schule.

2002 hatten die Leoes einen Abnehmer, der all die Flanken auch zu verwerten wusste: In 30 Ligaspielen traf Mario Jardel unglaubliche 42-mal. Sportings Prunkstück ist auch 19 Jahre später aber die Defensive. Trainiert von Ex-Nationalspieler Ruben Amorim, der nur neun Tage älter ist als Cristiano Ronaldo und zehn Millionen Euro Ablöse kostete, ist man in der Liga noch ungeschlagen, musste in 32 Partien gerade einmal 15 Gegentore hinnehmen. Es ist die perfekte Balance.

Amorim stellt um: Flügelspiel 2.0

Denn die großen Namen - die gerade erst dabei sind, solche zu werden - spielen weiterhin vorne. Also dort, wo Amorim Sportings traditionelles Flügelspiel neu erfunden hat. Mit ihm kam im März 2020 das 3-4-2-1 - und das Spiel über die Außen seither mehr aus der Tiefe.

Nuno Mendes

Gilt als eines der großen Talente des europäischen Fußballs: Nuno Mendes. imago images

Vorgetragen etwa von Nuno Mendes (18), der es über die linke Seite ankurbelt und bereits für die portugiesische A-Nationalmannschaft aufläuft. Gegenüber pflügt Pedro Porro (21) die Außenbahn entlang, im Sturmzentrum lauert Tiago Tomas (18), hinter dem die internationalen Topklubs ebenfalls her sein sollen.

Läuft es also nur wegen des Systems ausgerechnet jetzt, wo der größte Name der letzten Jahre Sporting in der Vorsaison verlassen hat? Bruno Fernandes verzückt inzwischen Manchester United. Doch zum einen floriert das "neu beflügelte" Team der Leoes weiter, weil es florieren darf.

Sie lassen dich einfach machen - und dadurch lernst du.

Sporting-Jugendspieler Eric Dier

"Sie waren nie wütend, wenn du einen Fehlpass gespielt hast, sondern nur, wenn du dich respektlos verhalten hast", erinnert sich der englische Nationalspieler Eric Dier, der alleine in der Jugend neun Jahre für Sporting spielte. "In England coachen die Trainer beinahe das ganze Spiel, in Portugal lassen sie dich einfach machen - und dadurch lernst du."

Ein Portugiese, den die Wolves nicht wollten

Zum anderen haben die Grün-Weißen längst ihren neuen Bruno Fernandes gefunden. Wie sein Vorgänger schießt der von den Wolverhampton Wanderers aussortierte Pedro "Pote" Goncalves (22) die meisten Tore seiner Mannschaft aus dem zentralen offensiven Mittelfeld.

Meisterschaft hin, Meisterschaft her - realistisch betrachtet wird Goncalves voraussichtlich der nächste große Export der Leoes werden. Auch wenn er, wie Fernandes, ursprünglich gar nicht aus ihrer Akademie kommt. Denn dann wäre er ja Flügelstürmer geworden.

Niklas Baumgart

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