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Premier League: Cantona und der Aufbruch in eine neue Zeit

Erste Premier-League-Meisterschaft 30 Jahre her

Cantona, Shearer und der Aufbruch in eine neue Zeit

Protagonisten, als die Premier League Fahrt aufnahm: Eric Cantona, Alan Shearer und Alex Ferguson (v. li.).

Protagonisten, als die Premier League Fahrt aufnahm: Eric Cantona, Alan Shearer und Alex Ferguson (v. li.). imago images (3)

Am 15. August 1992 wurde aus der First Division endgültig die Premier League, mit der heutigen Super-Liga hatte sie zu diesem Zeitpunkt aber noch wenig gemein. Gerade einmal 14 der 242 Startelf-Spieler des 1. Spieltags - verteilt auf damals noch 22 Teams - kamen nicht aus England, die sechs nicht-englischen Trainer waren allesamt Schotten. Die Insel unter sich.

In Zeiten vor dem Bosman-Urteil, das 1995 die Ausländerregelung aufhob, so weit erst einmal nicht ungewöhnlich. Tatsächlich aber war der Fußball in dessen Mutterland durchaus ein wenig abgehängt worden. Nach den Ausschreitungen rund um das Landesmeister-Finale 1985 im Heysel-Stadion zu Brüssel - 39 Menschen kamen nach von Liverpool-Fans ausgehenden Eskalationen ums Leben - waren englische Mannschaften für fünf Jahre von europäischen Wettbewerben ausgeschlossen worden. Der LFC sogar für sechs.

Eine Star-Liga nach Vorbild der Serie A

Kein Kontakt zur fußballerischen Außenwelt - das warf die Entwicklung unweigerlich zurück und schreckte auch potenzielle Neuzugänge aus dem Ausland ab. Oder trieb Stars des englischen Fußballs auf den Kontinent, wo sich allen voran die italienische Serie A zu einer echten Star-Liga entwickelte. So glamourös, dass sie selbst auf der Insel teilweise prominenter übertragen wurde als die First Division. Dort musste etwas passieren.

Mehr Scheinwerferlicht, mehr Kommerzialisierung, mehr Spektakel - vor 30 Jahren war es dann so weit. Das finanzielle Wetteifern um die Übertragungsrechte erreichte neue Sphären, die Entwicklung der Premier League zum gigantischen Umsatzprodukt fortan auch.

Das erste Tor der Premier-League-Geschichte schoss Sheffield Uniteds Brian Deane, ein Kopfball nach vier Minuten und 36 Sekunden gegen Manchester United. Die Red Devils, schon damals trainiert vom allerdings noch nicht übermäßig erfolgreichen Alex Ferguson, standen nach diesem ersten aller Premier-League-Spieltage auf einem Abstiegsplatz. Nach dem zweiten waren sie sogar Schlusslicht. Als sie einige Wochen später schließlich Tabellenachter waren, sollte sich alles verändern.

Er ließ sogar die Fans daran glauben, dass es die Saison werden würde.

Paul Parker über Eric Cantona

Für 1,2 Millionen Pfund warb United Ende November 1992 den genialen Fußballer - aber schwierigen Charakter - Eric Cantona vom letzten First-Division-Meister Leeds ab. Der Wendepunkt für einen Klub, der gleich vier der ersten fünf Premier-League-Titel einfahren sollte. "Dank Eric wurde auf einmal Individualtraining Teil unserer Kultur; die Bereitschaft, deine Fähigkeiten auch ohne das Beisein eines Trainers zu verbessern", verriet Torhüter Peter Schmeichel in seiner Biografie "One". "Sein größter Beitrag war es, vorzuleben, wie der Beruf eines Fußballers auszusehen hatte."

Eric Cantona trifft gegen Manchester City

Als Manchester noch rot war: Eric Cantona trifft gegen ManCity. imago sportfotodienst

Die Red Devils hatten auch schon vor Cantona über talentierte Fußballer verfügt, doch der vermeintlich ungemütliche Franzose hob sie auf ein anderes Level. "Das galt für jeden", bestätigte Verteidiger Paul Parker, "er ließ sogar die Fans daran glauben, dass es die Saison werden würde".

Nach dem letzten der damals noch 42 Spieltage - der heute vor exakt 30 Jahren zu Ende ging - stand Manchester United dann tatsächlich ganz oben, erstmals seit 1967. Der erste Meistertitel nach 26 Jahren - damals hatte noch George Best für die Red Devils gespielt, der zwar so schillernd war wie die nagelneue Premier League, aber nicht so professionell, wie sie schon bald werden sollte.

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Doch 1992/93, als auch die Champions League uraufgeführt wurde, war noch eine andere Zeit. An der Spitze, mit zehn Punkten Vorsprung, stand United am Ende vor Vizemeister Aston Villa, Norwich City, den Blackburn Rovers und den Queens Park Rangers. Erst dann kam Rekordmeister Liverpool.

Aus 3,6 Millionen wurden vier Jahre später 15

Auch Sheffield Wednesday, der FC Wimbledon, Coventry City, Ipswich Town, Oldham Athletic oder der FC Middlesbrough zählten zu den Teams der ersten Ausgabe der Premier League, von der sie sich heute teilweise ein ganzes Stück entfernt haben. Wie auch der englische Profifußball durch ihre Einführung von bis dato Bekanntem.

Schon zur Jungfernsaison hatte Blackburn für Goalgetter Alan Shearer der britischen Transferrekord - 3,6 Millionen Pfund - gebrochen. Vier Jahre später wechselte der Rekordtorschütze der Premier League (260 Tore in 441 Spielen) für bereits 15 Millionen weiter nach Newcastle. Der Stein war ins Rollen gekommen.

Niklas Baumgart

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