Bundesliga (D)

Heute vor 25 Jahren: Das Bosman-Urteil stellt den Fußball auf den Kopf

Am 15. Dezember 1995 fällt der EuGH ein wegweisendes Urteil

Heute vor 25 Jahren: Das Bosman-Urteil stellt den Fußball auf den Kopf

Weil der Belgier Jean-Marc Bosman klagte, explodierten im europäischen Vereinsfußball die Gehälter und Transfersummen.

Weil der Belgier Jean-Marc Bosman klagte, explodierten im europäischen Vereinsfußball die Gehälter und Transfersummen. imago images

Die durchschnittlichen Personalkosten der Bundesligisten für die Spielzeit 1994/95: 6,151 Millionen Euro. Die Transferausgaben: Die Einkäufe der 18 Klubs kosten im Schnitt 3,197 Millionen Euro, Verkäufe stehen mit 1,994 Millionen in den Bilanzen. Der "Wirtschaftsreport 2020" der DFL weist für 2018/19 im Schnitt 79,5 Millionen Euro pro Verein an Personalkosten aus. Durchschnittlich 46,8 Millionen Euro investieren die Bundesligavereine in Neuzugänge, im Schnitt 37,5 Millionen Euro erlösen sie.

Für diese Explosion der Gehälter und Transfersummen steht ein Name: Jean-Marc Bosman. Der heute 56-jährige Belgier bringt am 15. Dezember 1995 das bis dahin gut funktionierende Transfersystem im europäischen Fußball zum Einsturz. An diesem Tag setzt der Europäische Gerichtshof dieses System außer Kraft - es passt nicht zum Grundsatz der Freizügigkeit von Arbeitnehmern bei der Wahl ihres Arbeitsplatzes. Mit seiner Klage ebnet Bosman den heute horrenden Gehältern den Weg. Und wird selbst nicht glücklich, lebt heute finanziell in sehr bescheidenen Verhältnissen.

Die Zerschlagung des Transfersystems trifft die Klubs ins Mark, führt zu einer Explosion der Schulden. Bis zum 15. Dezember 1995 sind Transferzahlungen so geregelt: Der Mittelwert aus dem bisherigen Gehalt eines Spielers beim abgebenden Verein und dem künftigen Gehalt bei seinem neuen Arbeitgeber wird mit einem Faktor auf Basis der Wirtschaftskraft des aufnehmenden Vereins multipliziert. Seit Dezember 1995 gibt es keine Entschädigungen mehr beim Vereinswechsel eines Spielers nach Vertragsablauf.

Der Irrsinn nimmt seit 1995 seinen Lauf bis zur irrwitzigen Ablösesumme in Höhe von 222 Millionen Euro beim Neymar-Wechsel von Barcelona nach Paris. Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge bezeichnete das Urteil einst, als "die schlimmste Katastrophe, die der Klubfußball je erlebt hat". Seit jenem Tag stopfen sich neben absoluten Superstars inzwischen auch noch selbst mittelmäßige Spieler und ihre Berater Millionen und Abermillionen in die eigenen Taschen. Früher schoben sich die Klubs bei Transfers das Geld untereinander zu, heute geht das Geld vornehmlich vom Verein zum Spieler.

Darüber echauffiert sich heute auch die Politik, die 1995 das "Bosman-Urteil", das in vielen Ländern auch die Einschränkungen für EU-Ausländer aufhob, überwiegend mit Applaus bedacht hatte. Nur Bosman, Auslöser der Veränderung, schaute in die Röhre. "Alle profitieren von mir. Von meinem Kampf. Nur ich, ich habe nichts davon", sagt der Spieler, dessen Karriere nach 1995 faktisch beendet war: "Als hätte ich jemandem die richtigen Lottozahlen verraten, aber dann werde ich nicht am Gewinn beteiligt." Diese Erkenntnis hat Bosman gebrochen. Und deshalb bleibt ihm nur ein bitteres Fazit: "Ich würde nicht mehr vor Gericht ziehen."

Rainer Franzke/sid

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