Wie oft ist der FC Chelsea noch mal unter José Mourinho Meister geworden? Diese Frage beantwortete "The Special One" am Ende dieses wilden Samstagnachmittags an der Stamford Bridge höchstselbst - es war die letzte denkwürdige Szene des Premier-League-Topspiels zwischen Chelsea und Manchester United, das da gerade mit einem 2:2 zu Ende gegangen war.
Pogba schenkt Rüdiger das 1:0
Nach der ersten Hälfte deutete noch nichts auf dieses emotionale "Finish" hin: Chelsea dominierte dank Jorginho, Kovacic und Kanté das Mittelfeld und damit das Spiel, war viel beweglicher und aggressiver als die Gäste, die lange keine wirklich gute Offensivaktion zu verzeichnen hatten. Chelseas Führung war also verdient: Bei einer Ecke verlor Pogba Rüdiger, immerhin 1,90 Meter groß und 85 Kilogramm schwer, vollkommen aus den Augen, und der deutsche Nationalspieler, der Joachim Löw wegen Leistenproblemen abgesagt hatte, köpfte freistehend sein erstes Saisontor (21.).
Doch wie schon gegen Newcastle (3:2 nach 0:2) vor der Länderspielpause kam United wie verwandelt aus der Kabine: De Gea musste zwar zunächst gegen Morata das 0:2 verhindern (47.), doch ab da verlor Chelsea zunehmend den Zugriff. Beim 1:1 nutzte Martial das Chaos im Strafraum der Blues, in dem sich Alonso nach einem normalen Kopfballduell wälzte (55.), dann drehte der Franzose die Partie ganz: Juan Mata, den Mourinho gerade hatte auswechseln wollen, gewann auf der Außenbahn den entscheidenden Zweikampf gegen David Luiz (der sieben Minuten zuvor bei einem Freistoß knapp das 2:1 verpasst hatte), und wieder schloss Martial eiskalt ab (71.). Bei seiner Auswechslung applaudierten auch viele Heim-Fans Mata, der zwischen 2011 bis 2014 in Westlondon gespielt hatte.
Joker Barkley staubt ab - dann wird es wild
Chelsea schien geschlagen, United hatte deutlich Oberwasser, aber die sechsminütige Nachspielzeit wurde dem Rekordmeister zum Verhängnis: Im letzten Moment köpfte David Luiz an den Innenpfosten, Rüdiger scheiterte beim Abpraller an de Gea, der eingewechselte Barkley aber nicht mehr (90.+6) - Chelsea bleibt durch dessen 2:2 ohne Niederlage und gegen United zuhause seit 2012 ungeschlagen. Doch dann ging es erst richtig los.
Marco Ianni, zweiter Assistent von Chelsea-Trainer Maurizio Sarri, jubelte derart provokant vor Mourinho, dass dieser aufsprang und von mehreren Umstehenden davon abgehalten werden musste, dem Italiener in die Katakomben zu folgen, obwohl das Spiel noch gar nicht abgepfiffen war. "Er hat sich bei mir entschuldigt, ich habe es akzeptiert", sagte Mourinho später. Seine erste Reaktion war weniger souverän gewesen: Er applaudierte den Gäste-Fans, hielt vor Chelseas aber immer wieder seine drei Finger in die Luft - so oft hatte er mit ihnen den Meistertitel gewonnen.
Auch Sarri entschuldigt sich für seinen Assistenten
Dass Mourinho bei dieser Episode keine Schuld traf, betonte allerdings auch Sarri nach dem Spiel. "Wir haben einen Fehler gemacht. Wir waren im Unrecht", meinte der Chelsea-Coach, für den die Angelegenheit aber noch nicht erledigt ist: "Ich werde noch einmal mit ihm (Ianni, d.Red.) sprechen, weil ich sicher sein will, dass er in der Lage ist zu verstehen, dass das ein großer Fehler war."