3. Liga (D)

Der belgische Ruhestifter

Erfurt: Zuhause steht die Null

Der belgische Ruhestifter

Spielte mit seiner Mannschaft in allen bisherigen Heimspielen zu Null: Erfurts Abwehrchef Bernd Rauw.

Spielte mit seiner Mannschaft in allen bisherigen Heimspielen zu Null: Erfurts Abwehrchef Bernd Rauw. imago

Die rasche Eingewöhnung lag wohl vor allem daran, dass er in Erfurt viele alte Bekannte wiedertraf. Mit Olivier Caillas spielte er einst zusammen bei Alemannia Aachen. Rudi Zedi, Nils Pfingsten-Reddig, Marcel Reichwein und Marcus Rickert kennt der Belgier aus seiner Zeit bei Kickers Emden. Trainer war damals Stefan Emmerling, der seine ehemaligen Schützlinge nun auch in Erfurt um sich versammelt hat.

Auf den Coup mit Rauw ist der Ex-Bundesliga-Profi (249 Einsätze) besonders stolz. "Es ist nicht selbstverständlich, einen Spieler von seinem Format zu bekommen", sagt Emmerling und spielt auf die begrenzten finanziellen Möglichkeiten von Rot-Weiß an. Vor dieser Saison wurde der Jahresetat um fast eine halbe Million auf 2,15 Millionen Euro reduziert.

Spielersteckbrief Rauw
Rauw

Rauw Bernd

Aber das Geld, so der Verteidiger, habe bei seiner Entscheidung nicht die Hauptrolle gespielt. Bei dem einen oder anderen Verein wäre einiges mehr zu verdienen gewesen. "Ich wollte als 31-Jähriger nicht mehr zwischen Bank und Spielfeld pendeln, sondern wieder spüren, gebraucht zu werden", sagt Rauw.

Den "Abstieg" von der 2. in die 3. Liga empfindet er nicht als Rückschritt. Im Gegenteil. Dass Emmerling ihn schon in der Vorbereitung zum Abwehrchef ausrief, zeigte deutlich, welch tragende Rolle er übernehmen soll. Eine verbale Rückendeckung, die Rauw gar nicht so recht war: "Ich will keine Sonderbehandlung, sondern meine Leistung bringen."

Trotz seiner reichhaltigen Erfahrung - zweimaliger Bundesliga-Aufstieg mit Aachen und Arminia Bielefeld - ist der Innenverteidiger kein Lautsprecher. So abgeklärt, ja fast unterkühlt, wie er seine Abwehrarbeit verrichtet, so ruhig und ausgeglichen gibt er sich außerhalb des Platzes.

"Bernd kann aber auch anders", sagt Emmerling. "Nämlich dann, wenn nicht alle mitziehen. Er besitzt absolute Siegermentalität." Selbst im Training ist es passiert, dass dem Routinier ganz plötzlich der Kragen platzte. "Ungerechtigkeit bringt mich einfach auf die Palme", sagt er selbst.

Geholt wurde Rauw, um der Rot-Weiß-Deckung mehr Sicherheit zu verleihen. Die Schwächen in der Defensive (45 Gegentore) hatte Emmerling nach der vergangenen Saison als Hauptgrund für die knapp verpasste Aufstiegs-Relegation ausgemacht. In Sachen Antrittsschnelligkeit, Zweikampf-Cleverness und Ruhe am Ball sah er Steigerungsbedarf.

Eigenschaften, die Rauw mitbringt, die sich allerdings bislang erst in den Heimspielen auszahlten. Da stand gegen Carl Zeiss Jena (3:0), Werder Bremen II (1:0) und den VfL Osnabrück (0:0) jeweils die Null. Auswärts dagegen ging Rot-Weiß bislang zweimal leer aus, kassierte in Babelsberg (0:3) und beim VfB Stuttgart II (0:2) gleich fünf Gegentore.

Trotz dieser ärgerlichen Niederlagen ist der Mann, der im ostbelgischen Büllingen aufwuchs, überzeugt vom Potenzial der neu formierten Erfurter Mannschaft. "Wenn wir die Fehler minimieren und uns bald finden, können wir einiges erreichen", ist sich Rauw sicher.

Um aufzusteigen, sei allerdings "ein Lauf" ebenso vonnöten wie "Glück im richtigen Moment". Oder Teamgeist. Der hatte einst auch Emden ausgezeichnet - dank Rauw und seiner Weggefährten.

Marco Alles